Allgemein

18,5 Milliarden Überschuss in 6 Monaten – wohin damit? Verschiedene Ideen von Ökonomen und Politikern

Das hat gestern doch für freudige Erregung gesorgt. In nur sechs Monaten erwirtschaftet Deutschland (Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen) einen Überschuss von 18,5 Milliarden...

FMW-Redaktion

Das hat gestern doch für freudige Erregung gesorgt. In nur sechs Monaten erwirtschaftet Deutschland (Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen) einen Überschuss von 18,5 Milliarden Euro. Sie haben also mehr eingenommen als ausgegeben. Das ist mal eine Leistung. Gut, die wird auch ordentlich befeuert durch die hohe Steuerlast, niedrige Arbeitslosigkeit, und vor allen durch eine traumhafte EZB-Politik, bei der Wolfgang Schäuble sogar Geld bekommt für das Schuldenmachen (Bundesanleihen mit Negativrendite). Aber was anstellen mit dem Überschuss?

Da wäre zum Beispiel der CSU-Mann Reiner Meier, der diesen Überschuss als Ersatz für den Solidaritätszuschlag nutzen will. Der Soli soll dafür entfallen. In einer ersten Stufe solle der Soli halbiert werden. CDU und CSU haben sich nämlich bereits darauf geeinigt, dass der Soli bis 2029 abgeschafft werden soll. Tja, aber eben bisher nur die beiden, nicht die SPD. Und auch so manche Bundesländer dürften wenig begeistert sein über die Idee die Soli-Abschaffung anzugehen, und dann auch noch zu beschleunigen.

Dann wäre da generell die Idee aufgrund der Überschuss-Situation die Steuern zu senken. Dafür plädiert Bayerns Finanzminister Markus Söder. Ihm geht es um eine maßvolle Senkung der Steuern für kleine und mittlere Einkommen. Etwas genereller an das Thema herangehen tut der noch relativ neue Chef des ifo-Instituts Clemens Fuest. Er möchte, dass generell die hohe deutsche Steuerlast abgesenkt wird. Laut Handelsblatt sagte er vorübergehende, konjunkturbedingte Schwankungen in den Staatsfinanzen sollten zwar kein Grund sein Ausgaben zu steigern oder Steuern zu senken. Deutschland habe allerdings seit längerer Zeit eine steigende Steuerquote.

Es sei grundsätzlich eine Frage der politischen Wertung, ob es höhere Steuern mit höheren Staatsausgaben oder niedrigere Steuern mit niedrigeren Ausgaben geben solle. Fuest sagte auch wenn die Politik die Rolle des Staates nicht ausdehnen wolle, dann sollten sie Steuern sinken. Gegenüber zwei Stuttgarter Zeitungen sagte der CDU-Politiker Carsten Linnemann es könne keinen besseren Beleg geben für die Notwendigkeit von Entlastungen als diese aktuellen Zahlen (Überschuss). Steuersenkungen seien bitter nötig. 1/3 seiner Überschüsse solle der Staat seinen Bürgern zurückgeben. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Weil (SPD) rief laut NOZ seine Partei dazu auf sich dem Thema „zu stellen“. Die Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen fordert jetzt plötzlich auch der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag Thomas Oppermann.

Die Gegenrede kommt unter anderem vom Fraktionsvize der CDU Ralph Brinkhaus, der sich laut Handelsblatt gegen „neue Begehrlichkeiten“ ausspricht. Denn die Kosten für die Integration von Flüchtlingen sowie für Innere und Äußere Sicherheit würden ja weiter steigen. Der SPD-Haushaltsstratege Johannes Kahrs bezeichnet Steuersenkungsforderungen als Schnellschüsse. Vorrang hat für ihn die Entlastung für Familien und Arbeitnehmern über geringere Sozialbeiträge. Schaut man sich das Lager der Sozialdemokraten im Großen und Ganzen an, kann man zusammenfassend sagen: Hier überwiegt immer noch die Meinung der Staat solle so viel behalten wie möglich, und stattdessen bisher eingeschränkte staatliche Dienstleistungen wieder hochfahren.

Wenn man jetzt mal alles entwirrt, ein paar Schritte zurücktritt, und versucht sich das ganze Bild zu betrachten, kann man feststellen: All die Jahre gab es keine Überschüsse, sondern stetig einen wachsenden Schuldenberg. Jetzt endlich, ein zwei oder drei Jahre vor Beginn eines neuen Abschwungs, hat Wolfgang Schäuble die Möglichkeit den Schuldenberg ganz real ein klein wenig abzubauen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Gut, einen kleinen Teil könnte man verteilen an notleidende Resorts im Bundeshaushalt, oder auch ein klein wenig für Steuersenkungen ausgeben.

Aber man sollte Wolfgang Schäuble schon die Chance geben diese historische Chance auch mal zu ergreifen, und doch tatsächlich die Schuldenlast ganz real etwas zu senken! Aber abgesehen davon: Dass ein großer Investitionsstau vorherrscht, steht außer Frage. Aber wie lange dauert so eine Phase des Haushaltsüberschuss an? Zwei, drei Jahre vielleicht? Durch den Konjunkturzyklus kommt der nächste Wirtschaftsabschwung gewiss. Also, wie viel könnte als Überschuss anfallen in mehreren Jahren, vielleicht 40 oder 50 Milliarden Euro? Um den Investitionsstau in allen Bereichen von Staat und Volkswirtschaft so richtig zu beseitigen, reicht so ein Betrag eh nicht aus.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

2 Kommentare

  1. Jeder vernünftige Mensch würde genau so denken und handeln. Insbesondere weil sich die Zinsentlastung (ältere Anleihen) auf Dauer ja deutlich bemerkbar macht. Aber wir reden hier ja von Politikern. Es ist nicht ihr Geld. Ich habe sehr wenig Hoffnung :-((

  2. Steuerentlastung wird es nicht geben, nicht in diesem Land ! Alles Geschwätz von Politikern. Außerdem hat sich seit letztem Jahr im Spätsommer die Lage fundamental geändert, so das klar sein dürfte wo das Geld in Zukunft „gebraucht“ wird.

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage