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Deutscher Arbeitsmarkt: Rosige Gesamtzahl mit bitterem Beigeschmack setzt sich fort!

Ja, die Nörgler von finanzmarktwelt.de sind wieder da. Der deutsche Arbeitsmarkt ist und bleibt in einer tollen Gesamtverfassung, wenn man die Gesamtzahl selbst sieht, und vor allem wenn man sie in...

FMW-Redaktion

Ja, die Nörgler von finanzmarktwelt.de sind wieder da. Der deutsche Arbeitsmarkt ist und bleibt in einer tollen Gesamtverfassung, wenn man die Gesamtzahl selbst sieht, und vor allem wenn man sie in Relation zu anderen Ländern in Europa setzt! Das ist ein Fakt. Laut heutiger Meldung der Bundesagentur für Arbeit waren im Dezember 2,56 Millionen Menschen arbeitslos (5,8%). Das sind 36.000 mehr als in November, aber 113.000 weniger als im Dezember 2015. Von daher ist das auf Jahresbasis (deutlich wichtiger als die Monatsbasis) eine gute Entwicklung! Sogar die Zahl der beim Amt (wichtig: beim Amt!) gemeldeten offenen Stellen geht erneut zurück von 681.113 im November auf 658.435 im Dezember. Erst gestern verwiesen wir mal wieder auf das „große Mysterium“, dass viele Medien leider immer noch die Begriffe Erwerbslosenquote (4%) und Arbeitslosenquote (5,8%) verwechseln. Die genaue Erklärung dazu finden Sie hier.

Wie jeden Monat verweisen wir darauf, dass die offizielle Arbeitslosenquote von aktuell 5,8% so geschönt wird, dass sie realistisch um die 30% höher liegt. Die Details dazu finden Sie hier, da die Schummelei jeden Monat gleich stattfindet. Aber von der Grundtendenz her ist die Gesamtlage in Deutschland wirklich rosig – mag man meinen! Die Entwicklung ist aber, wie wir auch letzten Monat für die September-Zahlen schon schrieben (Amtliche Verzögerung bei Detaildaten von zwei Monaten), ähnlich bedenklich wie in Großbritannien, und vor allem wie in den USA.

Industriearbeitsplätze (Bombardier uvm) verschwinden, und werden volkswirtschaftlich gesehen durch deutlich schlechter bezahlte Dienstleistungsjobs ersetzt, was die Arbeitnehmer ganz sicher zu Freudensprüngen veranlasst. Es ist letztlich das selbe Phänomen wie in den angelsächsischen Ländern. Die Regierung lehnt sich zufrieden zurück und berichtet von glanzvoller quasi Vollbeschäftigung, während die Realität verdammt bitter aussieht. Die folgende aktuellste Grafik für Oktober (aktueller geht es laut Behörde leider nicht) ähnelt fast 1:1 der Entwicklung aus September, und wird wohl auch für die Folgemonate gleich aussehen. Stetiger Aufbau bei Dienstleistungen, stetiger Abbau in der Produktion.

Der einzige Dienstleistungssektor, der konstant abbaut, ist der Finanzsektor mit Banken und Versicherungen, wo die Automatisierung gerade ganze Abteilungen und Büroetagen leerfegt. Alleine im Monat Oktober gingen in dem Sektor satte 32.000 Arbeitsplätze verloren. Aber schau an, die Bankkaufleute ohne Job finden derzeit locker neue Jobs im Wachschutz, bei der Flüchtlingsbetreuung, in Pflegeheimen, Zeitarbeit, Logistik, Gastronomie uvm. Wie wir schon mehrmals betonen: Alles ehrbare Berufe, doch eben drastisch schlechter bezahlt als Jobs in einer Bank oder Versicherung! Genau so ist es bei der Industrie, die alleine im Oktober 21.000 Jobs verloren hat.

Die vorher genannten schlecht bezahlten Dienstleistungsjobs dagegen legen ständig kräftig zu. Alleine Pflege & Soziales schaffte im Oktober 88.000 neue Stellen – alle anderen vorher genannten Bereiche (siehe Grafik) schaffen auch jeweils mehr als 20.000 Jobs im Oktober. Da kann man grob sagen: Industriearbeiter und Bankkaufleute, die zum Beispiel aufgrund verloren gegangener Produktion jetzt in den Wachschutz oder in die Gastronomie wechseln dürfen, halbieren mal eben locker ihr Monatseinkommen. Das ist natürlich nur eine grobe Schätzung, aber im Großen und Ganzen wird das hinkommen. Aber nein, die Gesamtlage ist rosig, wir freuen uns alle…

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Grafik: Bundesagentur für Arbeit



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6 Kommentare

  1. … und dies insbesondere an den realitätsnahen Finanzmärkten

  2. wer die bittere wahrheit und den mut der „richtigstellung“ besitzt, der ist, wenn überhaupt, niemals ein nörgler !
    ein nörgler vieleicht für die leute die diese verlogenheit beauftragen mit ehrlich erschufteten steuergeld und sich parasität daran bereichern. für diese wirklichen „populisten“ sind wahrheiten rechts oder mindestens ein realitätsfernes nörgeln… nein vielen dank und weiter solche bitteren wahrheiten, in einem unerträglichen täuschland. aber immer mehr bürger verschließen nicht mehr ihre perfide, medial zugedrückten michelaugen. gut so !

  3. Auch in der Demokratischsten aller Republiken gab es Vollbeschäftigung…
    Weshalb soll das in der DDR 2.0 anders sein?

  4. Wahrheitsliebender

    Vielen Dank für den erhellenden Beitrag, der die Arbeitsmarktsituation hervorragend auf den Punkt bringt. Leider interessieren sich die „Nicht-Betroffenen“ nicht wirklich für das Thema. Und wenn ein von Arbeitslosigkeit Betroffener im Bekanntenkreis tatsächlich zu den Glücklichen zählt, die wie so treffend beschrieben zum halben Gehalt mit einem der wunderbaren Dienstleistungsjobs bedacht werden, dann ist die Welt doch wieder in Ordnung. Das Glas ist halb voll und alles wird gut….;-)

  5. In Deutschland gibt es immer mehr „working poor“, deren Lohn noch nicht einmal für den einfachen Lebensunterhalt reicht. Grund sind die unglaublich hohen Steuer- und Abgabenlasten auf die Löhne sowie die staatliche Subventionierung von Hungerlohnjobs (sei es direkt zu Gunsten von Unternehmen oder indirekt über „Aufstockung“).

    Der natürliche Regulationsmechanismus der freien Marktwirtschaft wirkt erst dann wieder, wenn die Regierung einfach mal ihre Griffel aus der Wirtschaft hält. Also weg mit Steuern und Abgaben auf Löhne, weg mit Subventionen für Hungerlöhnjobs und auch weg mit der Möglichkeit der „Aufstockung“.

  6. Sinnvoller wäre demnach ja das monatliche Aufkommen an Löhnen direkt zu vergleichen. Keinen Ahnung, ob es solche Zahlen gibt, evtl über das Finanzministerium.
    Hier würde man dann sehen, dass die Löhne aller Beschäftigten fallen, auch wenn es mehr Beschäftigte gibt.

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