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Achtung CETA-Gegner: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben – Stichtag 27. Oktober!

Die Freude war gestern Abend groß bei den Gegnern des CETA-Abkommens zwischen Kanada und der EU...

Von Claudio Kummerfeld

Die Freude war gestern Abend groß bei den Gegnern des CETA-Abkommens zwischen Kanada und der EU. Eigentlich wollten die für die EU zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten (für uns Sigmar Gabriel) schon mal alle die Hand heben für ihr OK. Damit sollte schon mal der Teil des Abkommens in Kraft treten können, der unter „EU-Hoheit“ fällt. Die nationalen Parlamente müssen dann noch später zustimmen für das komplette CETA-Abkommen – aber gestern dachte man eigentlich, dieser erste Teil würde locker durchgehen. Doch die Walonie, der französischsprachige Teil Belgiens, spuckt der belgischen Regierung voll in die Suppe und stellt sich quer – man verweigerte seine Zustimmung zu CETA, womit Belgien als Gesamtstaat auch nicht zustimmen konnte.

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EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Foto: EU-Kommission

Für die „Staatsraison Europas“ wäre das verheerend, dass so ein kleiner Teil des Kontinents alles lahmlegt. So war gestern auch der Tenor wichtiger Politiker. Doch wollten die Damen und Herren nicht in den letzten Monaten eigentlich gelernt haben, dass es um Inhalte geht, und nicht um Befindlichkeiten? Die für die Verhandlungen wichtigste Person in Europa, EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, tut aktuell das was sie immer tut, wenn nicht alles so läuft wie geplant. Alles weglächeln, so tun als sei alles in Ordnung, und weiter kraftvoll Richtung Ziel marschieren – auf dem Weg dorthin verschwindeln die „Nörgler“ schon wieder in ihren Löchern, so die Idee hinter dieser Taktik? Jedenfalls erkennt man in ihrem persönlichen Twitter-Account keine Spur von Problemen oder Verzögerungen.

Morgen und übermorgen sei laut Malmström die letzte Chance gegeben, dass Europa endlich zu einer Einigung komme. Denn schon am 27. Oktober steht die gemeinsame Ratifizierung von CETA mit Kanada an. Die „feierliche gemeinsame Unterzeichnung“ des CETA-Abkommens am nächsten Donnerstag war eigentlich nur noch eine Formalie. Auch wenn Malmström von spätestens Freitag als Termin spricht: Wenn die Wallonen nächsten Mittwoch noch zustimmen, sollte das auch allen recht sein. Entscheidend ist, dass die Kanadier am Donnerstag nächster Woche etwas unterschreiben können, was die EU-Kommission auch unterschreiben darf. Es scheint hier also um eine Art Selbstzweck zu gehen, und nicht darum ob die Wallonen noch irgendwelche inhaltlichen Bedenken haben.

Auch in Belgien selbst steigt der Druck jetzt enorm. Im wallonischen Regionalparlament müssen sich die
Sozialisten inzwischen anhören die Wallonie sei zum Kuba Europas verkommen, weil man mit der Blockade ganz Europa in Geiselhaft nehme. Aus dem anderen belgischen Landesteil Flamen hört man inzwischen schon Zitate wie „Sowjetrepublik Wallonie“, weil man die wirtschaftlichen Interessen Flanderns gefährde. Ist es nur Wichtigtuerei, oder inhaltliches Pokern, oder eine wirkliche Blockade von CETA aufgrund inhaltlicher Differenzen? Trifft Letzteres zu, würde CETA dann erst einmal an der Wallonie scheitern.

Aber wahrscheinlicher ist, dass man dort dem drum herum aufgebauten Druck nachgibt, und doch noch kleinlaut zustimmt. Die CETA-Gegner sollten sich also nicht zu früh freuen. Denn wie man aus politischen Kreisen in Brüssel hört, versuchen Malmström und Co möglicherweise die Sozialisten in der Wallonie zu ködern mit eine Art „Vertragsanhang“ zu CETA, wodurch eventuell der umstrittene Investitionsschutz erstmal ausgenommen wäre – Hauptsache man paukt den Rest erstmal durch. All das ist nicht bestätigt, aber der Wind weht aus der Richtung „egal wie, durchdrücken bis zum 27. Oktober, wenn die Kanadier in Brüssel einschweben“.

Unterdessen hat sich heute das deutsche Bundeskabinett einstimmig für CETA ausgesprochen, und es für Deutschland damit abgesegnet. Man beachte, dass das Bundesverfassungsgericht letzte Woche nur die vorläufige Genehmigung von CETA zugelassen hat – ob das Abkommen letztlich endgültig verfassungswidrig ist, entscheidet Karlsruhe wohl erst in zwei oder drei Jahren! Aber Deutschland ist schon mal komplett an Bord. So sagte Sigmar Gabriel denn auch heute CETA sei ein gutes und modernes Abkommen. Das Ziel ist der nächste Donnerstag 27. Oktober. Auch wenn Kanada + EU den EU-Teil des Abkommens dann schon mal unterschreiben: Die CETA-Gegner können, wenn sie weiter voll dagegenhalten, mit der Aufrechterhaltung ihres Drucks auch weiterhin viel bewirken, in dem Sinne, dass das Abkommen weiter verfeinert wird in Richtung Verbraucherfreundlichkeit und tatsächlicher politischer Mitbestimmung der nationalen Regierungen.

Je mehr Druck jetzt bei CETA aufgebaut wird, desto besser ist das für die TTIP-Verhandlungen mit den USA. Denn Gabriel, Malmström und Co wüssten dann, dass sie TTIP auch nicht mal eben so durchwinken können. Sie müssten in Erwartung noch deutlich massiverer Proteste als bei CETA versuchen für die EU noch mehr aus dem Abkommen rauszuholen. Und je mehr Druck jetzt schon gemacht wird, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die EU den USA nicht nachgibt in Sachen „Private Schiedsgerichte sind doch etwas Gutes“.



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6 Kommentare

  1. Schickes Bild von dieser „Cecilia Malmström“!
    ATER SCHWEDE!

  2. Die sieht aus wie eine die kleine Kinder frißt ;-)

    1. @Einzahler
      … und zwar mit Teddybär!

  3. Eines hat dieser EU-Ideologie immer gemein: Überheblichkeit, Ignoranz und Gleichgültigkeit gegenüber der/den Bevölkerung/en – das hat was von 1933 – 1945.

    1. @Joah, der Vergleich hinkt doch etwas! Denn die NS-Regierung hat zwischen 1933 und 1945 penibel die Stimmung der Bevölkerung erfasst durch Berichte der Gestapo, die bis ins kleinste Detail dem „Volks auf´s Maul“ geschaut hatten. Gelegentlich wurden dann Themen, die, wie aus diesen Berichten hervorging, der Bevölkerung ein Anliegen waren, schnell auf die Agenda genommen. Denn den Nazis war eines klar: die Stimmung der Bevölkerung muß gut sein, das war für sie die Lehre aus dem 1.Weltkrieg, den man angeblich ja verloren hatte, weil die Stimmung an der „Heimatfront“ so schlecht gewesen sei. Daher hat die NS-Regierung auch alles versucht, die Versorgungslage während des Krieges hoch zu halten – und dafür die Gebiete, in die man eingefallen war, systematisch ausgebeutet zum Wohle des deutschen Volkes (und auf Kosten der besetzten Gebiete, in denen viele dann verhungerten)..

      1. Wird heutzutage dem Volk etwa nicht bis ins kleinste Detail „auf’s Maul“ geschaut?
        Wird heutzutage nicht auch versucht, die Versorgungslage hochzuhalten? (fett, satt, zufrieden + Spiele aller Art)
        Werden die Bevölkerungen heutzutage nicht auch durch Währungssystematiken ausgebeutet?

        Ich denke nicht, das ich hier zu falsch liege, nur die Methodiken haben sich geändert, denn mit Frieden hat dies hier alles überhaupt nichts gemein. Mit dieser Beobachtung stehe ich nicht allein da.

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