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Amerikaner mit fetten Gewinnen, Europäer nur solide: Warum man dennoch Europa kaufen sollte

Die Amerikaner sind einfach profitabler als die Europäer. Das mag grundsätzlich an der Kultur des Gewinnstrebens liegen, und an den deutlich mehr dem Aktionärswohl ausgerichteten...

FMW-Redaktion

Die Amerikaner sind einfach profitabler als die Europäer. Das mag grundsätzlich an der Kultur des Gewinnstrebens liegen, und an den deutlich mehr dem Aktionärswohl ausgerichteten Unternehmen. Für 2016 sagt die Unternehmensberatung EY in ihrer aktuellen Studie Zitat:

Im Durchschnitt bleiben bei US-Konzernen 30 Prozent mehr Gewinn hängen als bei ihren europäischen Wettbewerbern. Die US-Konzerne profitieren dabei nach Meyers Einschätzung von dem größeren Heimatmarkt und einem günstigeren Branchenmix – insbesondere mit ihrer stärkeren Ausrichtung auf Technologie und Dienstleistungen. Auf der anderen Seite bremsen nach wie vor strukturelle Probleme die europäischen Unternehmen – eine hohe Arbeitslosigkeit, die hohe Staatsverschuldung und die zu schwach ausgeprägte Innovations- und Unternehmerkultur.


Die New Yorker Börse. Foto: Hundsgemeini/Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Unsere Meinung: Naja… ob es so toll ist auf Dienstleistungen zu setzen, volkswirtschaftlich gesehen? Das mag den einzelnen Börsianer freuen, aber auf die ganz lange Sicht gesehen zieht man damit alles runter. Giganten wie Apple mit ihren fetten Gewinnen verzerren das Gesamtbild. Alleine Apple mit seinen 60 Milliarden US-Dollar operativem Gewinn macht so viel Gewinn wie die fünf gewinnstärksten europäischen Unternehmen zusammen.

Laut EY dominieren Konzerne aus dem Bereich Automobil, Rohstoffe und Energie das Ranking der umsatzstärksten europäischen Unternehmen – in den USA spielen hingegen Technologie- und Gesundheitskonzerne eine führende Rolle. In den USA schaffen es sechs Technologiekonzerne, Kabelnetz- und Internetanbieter unter die Top 10, in Europa nur die Deutsche Telekom. EY betont, dass die Bereiche Internet und IT deutlich höhere Gewinnspannen in ihren Geschäftsfeldern erwirtschaften, was wohl den Vorsprung der Amerikaner in der derzeitigen Gewinnträchtigkeit begründen mag.

Und da haben wir noch eine Idee. Wir erwähnten vor Kurzem in einem Artikel, dass die Giganten der Internet-Szene wie Amazon, Google und Facebook als die Nr. 1 Marktplätze in ihren Branchen zum festen Platzhirsch geworden sind. Über sie läuft alles, und daher können sie auch fett absahnen, um es mal ganz vereinfacht auszudrücken. Und während die Amerikaner viel stärker auf Internet und IT setzen (so sagt es auch EY), bleibt Europa tendenziell noch stark verhaftet in der „Old Economy“, was nach unserer Meinung ein fälschlicherweise negativ behafteter Begriff ist.

Die alte Industrie wie Autos vor allem in Deutschland bringt gute und solide Gewinne, ist aber nicht so sexy wie die Internet-Giganten in den USA. Andererseits bringen sie dramatisch mehr Menschen gut bezahlte Arbeitsplätze als beispielsweise Google, wo man nicht hunterttausende gut bezahlte Fließbandmitarbeiter benötigt. So sieht man im EY-Ranking für Europa die „alte Industrie“ unter den größten Konzernen, Zitat:

Unter den zehn umsatzstärksten Unternehmen Europas finden sich mit Volkswagen (1. Platz), Daimler (4.), BMW (8.) und Siemens (10.) vier deutsche Unternehmen wieder. Im Ranking der zehn gewinnstärksten Unternehmen Europas können sich ebenfalls vier deutsche Konzerne platzieren: Daimler belegt fast gleichauf mit dem Schweizer Pharmakonzern Roche den zweiten Platz, BMW und die Deutsche Telekom liegen auf dem fünften und sechsten Platz, Siemens auf Rang neun.

Auch die Pharmabranche ist extrem profiabel, und auch hier sind die Amerikaner weit vorne (extrem hohe Medikamentenpreise in den USA). Zitat EY:

Auf beiden Kontinenten erzielte im vergangenen Jahr die Pharmabranche die höchsten Margen, wobei diese in den USA mit durchschnittlich 30,5 Prozent erheblich höher ausfielen als in Europa, wo die Marge im Durchschnitt bei 18,2 Prozent lag. Die niedrigsten Margen weist sowohl in Europa als auch den USA mit 3,3 bzw. 3,5 Prozent der Lebensmittelhandel auf.

Warum man dennoch auf Europa setzen sollte, begründet EY folgendermaßen:

Ausblick: Europäische Unternehmen werden 2017 vom schwachen Euro profitieren – und vom Wirtschaftsaufschwung

Im laufenden Jahr könnte sich das Blatt zugunsten der europäischen Unternehmen wenden, so Meyer: „Der niedrige Eurokurs wird den Unternehmen im Euroraum in diesem Jahr einen Wachstumsschub geben – das sehen wir schon bei den Unternehmen, die ihre Zahlen für das erste Quartal vorgelegt haben. Vor allem die stark internationalisierten Firmen, die einen erheblichen Anteil ihres Umsatzes im außereuropäischen Ausland erwirtschaften, werden von positiven Währungseffekten profitieren. Bleibt zu hoffen, dass sie diese günstigen Rahmenbedingungen nutzen, um an ihrer Profitabilität zu arbeiten.“

Noch wichtiger sei aber die fortschreitende wirtschaftliche Erholung in Europa, so Meyer: „Europa kommt wirtschaftlich langsam wieder auf die Beine. Die Arbeitslosigkeit sinkt, das Verbrauchervertrauen und inzwischen auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen steigen. Zudem sorgt die Niedrigzinspolitik der EZB weiter für eine hohe Liquidität und günstige Konditionen für die Finanzierung von Investitionen.

Andererseits bleiben die politischen Risiken hoch: In den größten drei – mit Italien möglicherweise vier – EU-Ländern stehen bis Herbst nationale Wahlen an.



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1 Kommentar

  1. Wenn ich in der USA bin, fällt mir immer auf, wie monoton das Ganze dort ist. Dorf nach Dorf, Stadt nach Stadt, alle haben dieselbe Farben, Struktur, Bauart, Fastfood, Shopping, Autohäuser, usw. Bis auf das Klima und der Landschaft, kommt mir das ganze Kontinent überall gleich vor. Das ist in Europa weit nicht der Fall, weswegen ich lieber hier bin. Kann es deswegen sein, dass die viele kleine erfolgreiche Firmen hier, im Summe wieder besser sind, als die Konzerne dort?
    Ist deswegen vielleicht der USA ein Importland? Weil die in ihre Monotonie nur noch Durchschnitt produzieren, bis auf diesen Paar Konzerne die fast monopolistisch sind?
    Das sieht man in so eine Untersuchung bestimmt nicht, ist allerdings auch nur meine Mutmaßung.

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