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Argentinien zahlt Hedgefonds aus – die machen einen atemberaubenden Schnitt

FMW-Redaktion

Wie aus jüngsten Veröffentlichungen des argentinischen Finanzministeriums hervorgeht, will man in Kürze den jahrelangen Streit mit mehreren US-Hedgefonds beenden. Dafür greift man tief in die eigene leere Tasche, Hauptsache man bekommt wieder uneingeschränkten Zugang den den internationalen Kreditmärkten. Für die Hedgefonds hat sich das jahrelange Warten und die Streiterei vor Gericht gelohnt – sie machen einen atemberaubenden Schnitt…

Unter Vorbehalt, dass ein New Yorker Richter diesem Vorschlag zustimmt, wird Argentinien an die vier größten Hedgefonds, die nie einem Schuldenschnitt zustimmten, in Kürze 4,65 Milliarden Dollar zahlen. Effektiv spart Argentinien damit sogar Geld, denn der offizielle Anspruch aus Nominalwert + aufgelaufenen Zinsen lag bei 5,9 Milliarden Dollar. Aber jetzt bitte festhalten. Der Nominalwert der Forderung (Wert der Anleiheforderung an sich) belief sich auf nur 1,2 Milliarden Dollar, die restlichen 4,7 Milliarden Dollar sind Zinsansprüche.

Die Hedgefonds machen also ein sensationelles Geschäft, denn sie hatten die argentinischen Anleihen, die niemand haben wollte, für Cent-Beträge erworben. Für welchen Betrag genau, wissen nur sie selbst, von daher müsste man raten, welche astronomische Gewinnspanne sie jetzt bei diesem Geschäft erzielen. Der größte Posten: Der Hedgefonds NML Capital von Paul Singer kassiert 2,4 Milliarden Dollar für einen Nominalforderung von 617 Millionen Dollar. Für die wird er beim Kauf natürlich deutlich weniger als 617 Millionen Dollar gezahlt haben – also eine Rendite von vielleicht 370, 380, 400 oder noch mehr % auf den Einsatz? Vermutlich noch deutlich mehr. Aus Sicht eines Kapitalanlegers „Hut ab“ vor diesem Geschäft. Aber mal ehrlich, hätten sie als Anleger jahrelang die Nerven gehabt das durchzuhalten, die Unsicherheit ihr eingesetztes Geld nicht wiederzusehen? Die allermeisten stimmten halt dem Schuldenschnitt zu, diese Profi-Zocker eben nicht. Sie pokerten hoch, und gewinnen jetzt.

Und noch was: Die großen vier (NML, Blue Angel, Aurelius, Bracebridge) haben wohl einen Deal bekommen, der besser sein dürfte als das, was die restlichen noch verbleibenden Anleihegläubiger zu erwarten haben, die ebenfalls keinem Schuldenschnitt zugestimmt hatten. Sie müssen nun selbst sehen, welchen Deal sie mit Argentinien aushandeln können. Und wie man hört, dürfte der schlechter sein als das was die Hedgefonds bekommen. Für Argentinien dürfte wichtig sein: „Die großen Brocken haben wir endlich von der Backe“.

Trotz aller Erschrockenheit aus Sicht der argentinischen Bevölkerung und vor allem der Gläubiger, die vorher einem kräftigen Schuldenschnitt zugestimmt hatten: Wer dem Schuldenschnitt nicht zustimmte wie diese Hedgefonds, hatte nach wie vor einen Anspruch auf volle Rückzahlung + volle Nachzahlung aller aufgelaufener Zinsen. Für so was braucht man viel Geduld, Hartnäckigkeit und Luft zum Atmen. Diese Luft haben Hedgefonds, die auf solche „Geiergeschäfte“ spezialisiert sind. So nennt man das Aufkaufen von eigentlich wertlosen Anleihen, weil die Staaten pleite sind. Da kommt es auch schon mal vor, dass man sein Geld wirklich nie wiedersieht, aber Argentinien als Staat funktionierte nach der Pleite ja auch weiter. Nur wurde halt erst jetzt ein Präsident gewählt, der sich wieder dem Markt zuwendet.

Erst die Freigabe der Währung, jetzt die Rückkehr an den Kapitalmarkt, auch wenn man dafür diesen Preis zahlen muss. Internationale Anleihe-Investoren werden nur neue argentinische Anleihen kaufen, wenn sie sehen, dass das Land zu seinen alten Verpflichtungen steht. Den Hedgefonds kann man formal keinen Vorwurf machen, denn sie kauften „ja nur“ am freien Markt verfügbare Anleihen, die sonst niemand mehr haben wollte. Danach bestanden sie „nur“ auf die volle Rückzahlung ihrer Ansprüche. Die moralische Bewertung mag eine andere sein, weil die große Masse der Gläubiger einem Schuldenschnitt ja schon lange zugestimmt hatte.



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