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Aus dem Tagebuch eines einfachen Traders: Finanzkomödienstadel (Satire)

Von Jürgen Sprenzinger

Gestern war ich in München. Ich wollte wieder mal meinen alten Freund Schorsch besuchen, den ich schon längere Zeit nicht mehr gesehen hatte. Da das Wetter wunderschön war, beschlossen wir, in seinen Stammbiergarten zu gehen. Wir nahmen am Stammtisch unter alten Kastanienbäumen Platz und bestellten uns eine „Mass“. Es dauerte keine halbe Stunde, dann war der Stammtisch voll besetzt mit etlichen Urbayern.

Nun ist es ja eine bekannte Tatsache, dass Stammtischgespräche nicht immer hochintelligent verlaufen, es wird viel politisiert, noch mehr polemisiert und man kann sicherlich nicht jedes Argument ernst nehmen. Andererseits aber gibt es den Begriff „Volksweisheit“, was ja nichts anderes bedeutet, als „Weisheit des Volkes“ – angegeblich weiß das Volk ja immer, was richtig oder falsch ist – manchmal zumindest oder sollte man sagen: immer? Was Genaues weiß man nicht …

Mein Freund Schorsch fragte mich: „Sag mal, wos haltst‘n du von Griechenland?“ – womit er vermutlich die aktuelle Situation des Landes ansprach.

Bevor ich antworten konnte, mischte sich Ludwig ins Gespräch: „Dia hamm vollkommen recht ghabt!“

„Wia moanst du des jetzt, ha?“, versuchte sich der Sepp am Gespräch zu beteiligen.

„So, wia i dös sag! Dia ham recht, dass in dem Referendum „na“ gsagt ham. Die ham‘s dene Dreckluggis von der EU scho zeigt! (Übersetzung für die norddeutsche Bevölkerung: „Dreckluggi“ = schmutziger Bube) Dat‘n do a ganz Land ausbluadn, bloß wegs dem sch …. Geld do!“, erwiderte Ludwig.

„Na ja, ganz so einfach sollte man das nicht sehen“, versuchte ich einen Einwand.

„Freilig ist dös ganz einfach! Jetzt muaß ma bloß no schaug‘n, wia ma die ganze EU möglichst schnell wieder auflöst – weil nämlich weder die EU noch die EZB gar nie nicht eine Zukunft nicht haben! Dia san dem Untergang geweiht!“

„Ja, wia moanst‘n du dös jetzt, ha?“, fragte Sepp noch einmal.

„Sepp, du bist a Depp, weil du nämlich überhaut gar nix kapierst, verstehst? Aber i sag dir‘s: Es gibt im Leb‘n no mehr als bloß Geld. Es gibt a Menschen. S‘ Vertrauen is weg, verstehst!?

„Was denn für a Vertrau‘n?“, wollte Sepp wissen und starrte den Ludwig verständnislos an.

„Dös hoaßt, dass dös Vertrauen zwischen Brüssel und Griechenland weg is. Und dös Gleiche gilt a für Italien und Spanien und a für Frankreich. Und Inselaffen wolln ja scho lang aus der EU.“

„Inselaffen?“, fragte Sepp.

„Ja mei – Engländer halt!“

„Ach so.“

„Genau“, nahm Ludwig das Gespräch wieder auf, „und i sag eich jetzt bloß oans: Die Griechen sind die Vorreiter – dia ham an Mumm in dia Knochn! Weil dia nämlich als leuchtendes Beispiel vorangehn und der Welt zoagn, was a Demokratie is! Und der Tsipras is a ganz raffinierter Hund, des sag i eich! Dös is a mal a Politiker, der net dia Liat anlügt wie dia Politker, dia mir im Bundestag ham! Und i sag eich a: Dös gibt net bloß an Grexit, dös gibt a an Brexit, dös gibt an Frexit, an Italexit, an Spexit und an Pexit. Dös könnt‘s ihr aber sauber abwartn, dös sag i eich! Weil lang dauert dös nämlich nimmer. Und dann können dia mit ihrem Euro s‘ Wohnzimmer tapeziern, aber des kann ich eich singa!“

„Stimmt“, warf nun Schorsch ein, „den Euro hätt‘n mir net braucht. Nie und nimmer! Und gfragt hot uns überhaupts kein Schwein nicht, ob mir den hamm woll‘n! A Markl war a Markl!“ Er stieß mich an und fragte: „Oder – hot di oa Sau gfragt, ob du an Euro ham wuist?“

„Nicht so direkt“, antwortete ich und grinste.

„Siehgst des – sag i‘s doch“, meinte Schorsch und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Masskrug. Ich tat es ihm nach – als Bestätigung sozusagen.

„Ja – und überhaupts, gell“, ereiferte sich Ludwig weiter, „schaut‘s eich doch bloß a mal an, was für Schiaßbudenfigurn do in Brüssel hock‘n – die g‘hörn aufs Oktoberfest: Der Juncker – der hot doch des ganze Chaos erst a mal inszeniert – desderwegen is der ja Präsident von dr EU-Kommission wor‘n. Als Belohnung sozusagen. Und der Donald Tusk hot sein Post‘n a bloß, weil er geg‘n Putin is! Dr Dijsselbloem kannt sich eigentlich ganz schleichen, weil der is ja genau gnommen ein Agrarökonom, des hoaßt, a studierter Bauer. Den kannst fragn, wo ma günstige Erdbeer‘n im Winter herkriagt, aber sonst scho glei gar nix! Ja – und der Mario! Der kommt von Goldman Sachs. Mehr muaßt gar net über den wissn! Dem sei oanziger Verdienst is, dass er die Druckerpresse wieder entdeckt hat – mit der der jetzt die Wirtschaft kaputt macht! So is dös! Und der Martin Schulz hot über Jahre hinweg gschleimt und buckelt und dann ham‘s halt zum Präsident vom EU-Parlament gmacht. Wisst‘s ihr, was dös is? Ein Finanzkomödienstadl is dös – lauter Deppen, jawoll!

„Aber oft geben die Deppen den Narren die Möglichkeit, die Wahrheit zu sagen“, warf ich ein.

„Du brauchst mir jetzt gar net philosophisch z‘ kemma. Bist du überhaupts a Münchner?“

„Nein, Augsburger.“

„Dann bist eh a Schwob und halber Preiß, woaßt eigentlich gar net, wo d‘ hinghörst und darfst do gar net mitred‘n“, rügte mich Ludwig.

„Luggi – du bist a gscherter Hamml“, verteidigte mich mein Freund Schorsch. (Übersetzung: „gscherter Hamml“ = ungehobelter Mensch)

Ich hob meinen Masskrug und grinste etwas verlegen, denn dagegen hatte ich nun wirklich kein schlagkräftiges Argument. Er hatte genau genommen recht, auch wenn es gegen die Regeln der von ihm gepriesenen Demokratie verstieß. Dennoch wagte ich noch einen Versuch, auch um das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken und meinte: „Alle schauen momentan nur auf Griechenland und übersehen dabei, was in China passiert.“

„Mir san in Bayern, liaber Freind – und do interessieren die Chinesen überhaupts keine Sau nicht! Dia Schlitzaug‘n brauch‘n mir bloß, damit mir Schloss Neuschwanstein verhalt‘n können, verstehst? Zum Gedenk‘n an unsern König Ludwig, denn ma heit wieder brauch‘n täten! Dann wär die Welt wieder in Ordnung! Aber d‘ Chinesen? Dia hamm auf unsere Politik überhaupts gar keinen Einfluss nicht! Ja dös wär ja noch schöner!“

„Aber die Chinesen sollt‘ ma net unterschätz‘n“, meinte Sepp.

„So – und warum nicht?“

„Weil – weil dia könnt‘n uns eines Tag‘s einfach überrollen“, antwortete Sepp und fügte hinzu: „Und außerdem hamm dia a Bombe, die ganz München kaputt machen könnt.“

„Woaßt was?“, entgegnete Ludwig streitlustig, „und i, i hab so an kloana Hintern“ – damit deutete er mit den Händen eine Fläche von etwa 30 auf 30 Zentimenter an, was aber eher leicht untertrieben war – und ergänzte: „damit sch…. i auf ganz China!“

Nun ja – mich beschlich das untrügliche Gefühl, dass die gesamte Unterhaltung auf dem besten Weg war, langsam aus dem Ruder zu laufen – analog zum Bierkonsum. Deshalb bat ich meinen Freund Schorsch: „Lass uns gehen, ich habe zu Hause noch einiges zu erledigen und die Rückfahrt dauert auch …“

Dennoch: Die Bayern sind trotz allem ein liebes Volk, weltoffen, tolerant, mit hohem internationalen Verständnis und geschlossen hinter Griechenland stehend …



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