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Aus dem Tagebuch eines einfachen Traders: Griechenland, Griechenland und immer wieder Griechenland.. (Satire)

Von Jürgen Sprenzinger

Meine Frau ist momentan ziemlich krätzig. Zuerst dachte ich mir, ich sei wieder mal schuld daran, denn eigentlich bin ich immer der Schuldige, aber diesmal macht sie eine Ausnahme – was mir gar nicht so recht ist, denn ich komme mir dann so überflüssig vor …

Vorgestern wollte ich die Sache doch einmal abklären und fragte sie unverblümt: „Na, mein Schatz, was ist dir denn über die Leber gelaufen?“

„Ach – ich hab die Schnauze sooo voll, das glaubt kein Mensch …“

„Willst du dich scheiden lassen?“, wollte ich wissen.

„Quatsch – von diesem ewigen Griechenland-Gesülze überall! Mir geht das schon langsam so auf den Wecker, dass ich allein das Wort ,Griechenland‘ nicht mehr hören kann!“

„Du weißt doch, wie die Presse ist – sie schlachtet alles aus – bis zum Erbrechen. Das war doch schon immer so. Erinnere dich doch nur mal an den 11.9.2001. Nach dem Anschlag hat die Presse noch einmal jeden Stein der Twin-Towers akribisch zerlegt. Damit muss man heutzutage leben, schließlich befinden wir uns im Informationszeitalter und Information ist alles – sonst würde der NSA ja pleite gehen! Außerdem: Wenn du eine Information nicht mindestens 100 Mal bekommen hast, kannst du sie doch gar nicht bis ins letzte Detail erfassen!“, entgegnete ich und grinste.

„Das ist doch nicht nur in der Presse so. Geh doch nur mal zum Einkaufen – überall das gleiche Thema! Oder lies nur mal in den Foren und Blogs im Internet! Jeder gibt seinen Senf ab und zerfleischt sich in Details, jeder glaubt, zu wissen, was zu tun oder nicht zu tun ist – man wird ja schön langsam wahnsinnig!“

„Tja, meine Gute“, meinte ich jovial, „wir leben nun mal in einer Demokratie – von allen schlechten Staatsformen immer noch die Beste – hat aber den Nachteil, dass ein paar hundert Leute da oben mitreden und das macht nach Adam Riese ungefähr 300 verschiedene Meinungen – ist halt so und meine vorsichtige Vermutung ist, dass wir damit leben müssen …“

„Andererseits könnte alles so einfach sein“, stellte meine Frau kopfschüttelnd fest.

„Wie bitte? Einfach?“ Jetzt lag es am mir, den Kopf zu schütteln. „Wer sagt das denn?“

„Martin Armstrong“.

„Ach – dieser ,Forecaster‘, der angeblich neun Jahre lang unschuldig im Knast saß?“

„Genau. Er saß zwar neun Jahre lang im Knast, ist aber ehrlicher als so mancher Politiker, der nicht neun Jahre lang im Knast saß … Ich finde jedenfalls, dass er recht hat, mit dem was er sagt. Und er saß nur deshalb im Knast, weil er zu viel wusste.“

„Sagt dir das jetzt dein Verstand oder dein Gefühl?“, wollte ich wissen.

„Beides.“

„Aha. Und der hat also die Lösung? Und wie sollte die aussehen?“

„Na ja – er meint, dass die in Brüssel mit der idiotischen Idee, dass der Euro Stabilität und Frieden bringen würde, absolut daneben gelegen sind. So wurde es den Menschen zumindest verkauft. Er meint, dass die politischen Entscheidungsträger die Geschichte fehlinterpretiert hätten – und das auf allen Ebenen.“
„So, so“, entgegnete ich geistreich.

„Ja …“, fuhr sie fort, „… und da Brüssel die Banken in Griechenland bereits abgeschnitten hat, wäre es doch kein Problem, sofort alle Konten elektronisch auf Drachmen umzustellen und Drachmen zu drucken oder zu prägen. Denn nur wenn die Nabelschnur zu Brüssel durchtrennt wird, kann Griechenland wieder auf eigenen Beinen stehen.“

„Hm – wohl eine schwere Geburt …“, konstatierte ich.

„Außerdem sollte der Tsipras gar nicht mehr mit Brüssel verhandeln, denn man verhandelt nicht mit Leuten, die überhaupt nicht willens und in der Lage sind, ihre Weltanschauung zu ändern und statt dessen ihre Perspektive aufgrund von Eigeninteressen vernebeln! Wenn sich das ändern sollte, dann bräuchte es mehr als nur einen Grexit! Die sind doch bloß daran interessiert, die Europa-Regierung weiter aufrecht zu erhalten und die wollen nur eine Wirtschaftsunion in eine politische Union verwandeln!“

„Sagt das Mr. Armstrong?“

„Jawoll!“

„Und was sagt der noch alles Schönes?“, fragte ich weiter.

„Dass Griechenland sofort alle ausländischen Schuldenzahlungen einstellen sollte und bei einer zukünftigen Schuldenlösung müssten die Schulden um 50 Prozent reduziert werden, um so der Überbewertung der Altschulden Rechnung zu tragen.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Und außerdem sollten alle bisher geleisteten Zinszahlungen von der Tilgungssumme abgezogen werden.“

„Ist ja toll“, entfuhr es mir. „Erzähl das mal deinem Bankmenschen … Der drückt sofort auf den roten Knopf unter dem Tresen und dann geht ganz schnell die Tür auf und die Jungs mit den weißen Turnschuhen stehen vor dir …“. Ich lachte.

Doch meine Frau ließ sich nicht beirren. „Alle Arten der Einkommenssteuer sollten abgeschafft werden – es dürfte nur noch indirekte Steuern geben.“

„Aber Schatzi – das haben die doch schon jahrelang so gehandhabt – deswegen sind die doch in Schwierigkeiten – zumindest teilweise!“ Grinsend schüttelte ich meine Kopf.

„Das Referendum wäre ja total für die Katz‘, wenn sich Griechenland jetzt Brüssel unterwirft, ist doch klar!“

„Vielleicht war es ja tatsächlich für die Katz‘, wie du es ausdrückst. Frei nach dem Motto: Heute ist schönes Wetter, da muss das Volk eh ins Freie, dann machen wir doch gleich mal ein Referendum, gell!“

Wenn ich ehrlich war, dann empfand ich diese Argumente – nun ja, vielleicht nicht ganz hirnrissig, aber doch etwas konfus … Oder war es mein Unvermögen, die Gedankengänge anderer nachzuvollziehen? Während ich noch versuchte, diese Frage zu ergründen, redete meine Frau bereits weiter:

„Irgendwann wird Russland Europa einnehmen – die Russen müssen nur Geduld haben, glaub mir, weil sich Europa nämlich selbst vernichtet und das nur deshalb, weil diese sogenannten Institutionen nicht in der Lage sind, ihre Denkweise zu ändern – denn sonst müssten die ja zugeben, dass sie von Anfang an alles total falsch gemacht haben!“

„Menno! – jetzt wirst du aber grausam!“, meinte ich und verzog den Mund zu einem schmerzhaften Grinsen.

„Das mag schon sein, aber das wird alles so kommen. Dem muss man eben ins Auge sehen!“, erwiderte sie.

„Weißt du was?“ Ich kratzte mich am kahlen Haupt und meinte dann: „Es gibt für die Rettung Griechenlands nur zwei Optionen. Aber da müssen wir aufgrund des Zeitdrucks jetzt ganz schnell handeln!“

Meine Frau sah mich mit großen Augen an. „Wir zwei?“

„Klar.“

„Und wie soll das gehen?“, fragte sie erstaunt.

„Du rufst jetzt sofort diesem Martin Armstrong an und versuchst, ihn als Berater für Tsipras zu gewinnen. Mach es aber wirklich dringend, denn der Tsipras sitzt vermutlich auf glühenden Kohlen! Ich sehe zu, dass ich den Tsipras ans Rohr bekomme und werde ihm all diese Vorschläge, die du mir gemacht hast, umgehend unterbreiten und ihm klar machen, dass er sofort die Druckmaschinen in Gang setzen, Drachmen drucken und die Telefonleitungen nach Brüssel kappen muss.“

„Ach du wieder!“, meinte meine Frau – und jetzt lächelte sie wieder.

Aber Spaß beiseite: Tsipras, Martin Armstrong, meine Frau und ich – wir tun wenigstens was für die Griechenland-Rettung und reden nicht nur!



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