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Bankenrettung in Italien: Auch Matteo Renzi hat wohl nichts verstanden…

Italiens Ministerpräsident hat wohl nichts verstanden. Ja, so klar darf man es wohl sagen. Nach übereinstimmenden Medienberichten geht es derzeit darum, ob die italienische Regierung...

FMW-Redaktion

Italiens Ministerpräsident hat wohl nichts verstanden. Ja, so klar darf man es wohl sagen. Nach übereinstimmenden Medienberichten geht es derzeit darum, ob die italienische Regierung (nicht die Notenbank) zur Stärkung der Kapitalbasis 30-40 Milliarden Euro in die heimischen Banken pumpt. Das an sich ist nichts Außergewöhnliches. Wie aber aktuelle Medienberichte aus Italien zeigen, möchte die Regierung Renzi diese Rettungsgelder in die Banken pumpen unter Umgehung der neuen EU-Regularien, die nach der Finanzkrise genau für solche Fälle eingeführt wurden.

Italien Matteo Renzi
Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi. Foto: Gobierno de Chile / Wikipedia (CC BY 2.0)

Denn die besagen: Kommt der Staat einer Bank zur Hilfe, müssen erst einmal die Aktionäre und/oder die Anleiheeigentümer der Bank ihren Beitrag zur Gesundung der Bank leisten. Im Klartext: Bevor Rom Milliarden in Unicredit und Co pumpen kann, müsste man zunächst einmal beispielsweise einzelne Anleihen bestimmter Banken für wertlos erklären und so zur Entschuldung der Bank beitragen. Nicht exakt vergleichbar, aber ungefähr so geschah es schon in Portugal. Einige Anleihekäufer der Banken, was gerade in Italien oft inländische Privatanleger sind, würden somit ihre Geldanlagen in Bankenanleihen, die sie bisher als bombensicher und staatlich gestützt ansahen, verlieren.

Und genau diese Beteiligung der Bankaktionäre/Gläubiger an der Bankenrettung will Matteo Renzi anscheinend verhindern, so meldet es z.B. die „La Repubblica“. Vermutlich will er damit erreichen, dass Investoren auch in Zukunft den italienischen Finanzsektor als sicher erachten. Er soll wohl derzeit in Brüssel darum pfeilschen, dass Italien von der EU-Regularie eine sechsmonatige Ausnahme erhält. Dann könnte man die Milliarden in die Banken pumpen, und Aktionäre wie Anleihebesitzer würden ihre Geldanlagen unbeschadet behalten können – zahlen müsse alleinig der Steuerzahler. Gerüchteweise hört man heute, dass gerade Angela Merkel dieser Rettung ohne vorheriger Beteiligung von Aktionären/Gläubigern eindeutig widerspricht. Eine sechsmonatige Aussetzung dieser EU-Regularie ist beim Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ möglich – zieht Renzi jetzt die Brexit-Karte aus so einen außergewöhnlichen Umstand?

Aber lieber Herr Renzi, genau für solch eine Bankenrettung bzw. Rekapitalisierung durch Steuergelder hatten sich doch die EU-Mitglieder nach der Finanzkrise darauf verständigt, dass vorher die Eigentümer und die Gläubiger der Bank bluten müssen. Und jetzt, wo der Fall ein Mal auftritt in großem Umfang in Italien, soll sofort eine Ausnahme her? Wozu braucht man dann diese Regel überhaupt? Genau so eine Ausnahme wäre wieder mal ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler, die man ja seitens der Politik nach der Finanzkrise besänftigen wollte.

Jean-Claude Juncker sagte zwar, man werde alles tun um einen Bank Run für Italien zu verhindern. Aber da der Widerstand von Merkel + EU gegen diese Ausnahme wohl Bestand haben dürfte, stehen die Charts von italienischen Bankaktien just in diesem Moment auf der Kippe. Nehmen wir mal Unicredit als Leitaktie im italienischen Bankensektor. Die Aktie steht jetzt genau am Tiefpunkt seit der Brexit-Abstimmung, und damit gleichzeitig auf deinem Allzeittief. Jetzt noch ein Tick, und man könnte charttechnisch gesehen kräftig runterrauschen.

Unicredit
Die Unicredit-Aktie seit letzten Donnerstag.



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9 Kommentare

  1. Problem ist nur, wenn Italiens Banken crashen, crasht die EU. Ob das im Sinne von Angela Merkel ist?

  2. Und warum will Renzi diesen Weg gehen? Weil die Halter dieser Bank-Anleihen ganz überwiegend italienische Privatpersonen sind. Die gängige Praxis in Italien war: eine Bank gibt einem Kunden Kredit. Und der Kunde kauft im Gegenzug dafür Anleihen der kreditgebenden Bank. Daher droht in Italien ein Aufstand, wenn die Anleihehalter enteignet würden – das will Renzi nicht riskieren, lieber den einzelnen Steuerzahler etwas bluten lassen, als die Anleihehalter vollends zu ruinieren..

    1. Da wären die Italiener aber nur die Ersten in der gesamten Kette, welche durch Sozialisierung versuchen allen zu schaden. Im Fußballterminus würde man dies „Faulspiel“ und „Unsportlichkeit“ nennen. Sozialismus (im Kleinen wie im Großen) hat noch nie funktioniert, hatte dadurch glücklicherweise auch ein definiertes Ende – mögen die aktuellen Versuche den vorangegangenen Beispielen schnell folgen.

  3. Italiens Bankensystem ist in einem sensiblen Moment, wie jetzt, too big to fail, denke ich.
    Wenn sich herumspricht, dass da irgendwer zypernmässig enteignet werden soll, dann
    tun sich Abgründe auf, in die so einiges hineinfallen könnte, auch beispielsweise
    deutsche Bank/en. Italien ist einfach zu gross für solche Scherze.

  4. Eine Kapitalinjektion löst aber nicht die Probleme der italienischen Banken. Der Europäische Bankensektor müsste generell reformiert werden und sog. Zombiebanken müssen vom Markt verschwinden. So wie das die USA im Rahmen der Finanzkrise praktiziert haben. Hier liegt der Ball wieder Bei der Bankenaufsicht bzw. der EZB!

    Allein bei italienischen Banken gibt es faule Kredite von mehr als 300 Mrd. Euro. Die spanischen Institute müssten ebenso dringend faule Kredite loswerden. An die damals errechneten 40 Mrd. Euro glaube ich bis heute nicht, das dies alles war. Österreichs Banken müssen dringend ihr Osteuropaportfolio bereinigen was in Jahren zügelloser Expansion aufgebaut wurde.

    Viel zu tun gibt es schon, so ist es ja nicht.

  5. 360 Milliarden faule Kredite werden mit 40 Milliarden neutralisiert???? Habe ich mein Einmaleins verlernt?

    1. Die 40 Mrd. Euro beziehen sich auf Spanien. Hatte ich vergessen zu erwähnen. Italien versucht die Neutralisierung mit 5 Mrd. Euro und dem Rettungsfonds Atlante.

  6. So wird das nichts mehr mit dieser EU. Es werden Beschlüsse gefasst und Regularien erstellt. Dann macht aber jeder was er will und biegt sich sein Recht so hin wie er es braucht. Mit der ganzen Schulden-Südländerschiene Portugal, Spanien, Frankreich, Italien und Griechenland, um nur die wichtigsten zu nennen, geht diese EU den Bach runter. Leider!

  7. Von Island lernen, heißt siegen lernen. Nicht nur beim Fußball…

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