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Bertelsmann Stiftung: Deutscher Arbeitsmarkt robust und flexibel

FMW-Redaktion

Die Bertelsmann Stiftung hat heute eine von ihr in Auftrag gegebene Studie veröffentlicht mit der Überschrift „Deutscher Arbeitsmarkt robust und flexibel“. Darin wird betont, dass der lange als unflexibel geltende deutsche Arbeitsmarkt inzwischen zu den dynamischsten in Europa gehöre. Auch deshalb sei er ohne große Beschäftigungsverluste durch die Wirtschaftskrise gekommen, und sei für künftige Strukturwandel gut gerüstet. Zitat Bertelsmann-Stiftung:

„Höhere Dynamik als Deutschland attestiert die Studie lediglich den skandinavischen und baltischen Ländern, während Frankreich, Italien und viele osteuropäische Länder als besonders unflexibel eingestuft werden. Vor allem in den als unflexibel eingestuften Ländern sieht die Studie einen hohen Bedarf an weiteren Reformen auf dem Arbeitsmarkt. Denn auch das gesamtwirtschaftliche Umfeld und viele Einzelfaktoren können die Entwicklung einer Volkswirtschaft bestimmen. Wie etwa Kündigungsschutz, Arbeitslosenversicherung und Qualifizierungsmaßnahmen gestaltet sind, hat großen Einfluss auf die Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft. Darüber hinaus hängen auch die Perspektiven von Arbeitnehmern und Erwerbssuchenden entscheidend von der Durchlässigkeit des nationalen Arbeitsmarkts ab.“

Vergleich mit Frankreich:

„Während aber in Frankreich hoher Mindestlohn und starre Lohnsetzung hinzukommen, begleitet Deutschland den Kündigungsschutz mit flexibilisierenden Maßnahmen auf betrieblicher Ebene – was die Aufstiegschancen der befristet Beschäftigten in Deutschland erheblich erhöht. 36,3 Prozent der Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag gelingt in Deutschland innerhalb eines Jahres der Sprung in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis. In Frankreich schaffen das lediglich 10,6 Prozent – der geringste Wert im EU-Vergleich. In Deutschland ist zudem die berufliche Mobilität der Arbeitnehmer deutlich größer als in der Mehrzahl der EU-Staaten. 8,4 Prozent von ihnen wechseln jährlich die Stelle, die Wahrscheinlichkeit eines Berufswechsels liegt bei knapp 4 Prozent. In Frankreich liegen die Wechselquoten nicht einmal halb so hoch.“

Vor allem Flexibilität sei wichtig, so betont es die Studie:

„Je flexibler, desto besser ist eine zu einfache Formel. Es kommt auf eine gesunde Balance an zwischen Sicherheit und Flexibilität. Eine gute Beschäftigungspolitik ist immer ein Gesamtkunstwerk“, sagte De Geus. Auswirkungen einer über lange Zeit verfehlten Arbeitsmarktpolitik, so die Studie, sind selten kurzfristig rückgängig zu machen. So haben etwa Spanien und Polen bis weit ins vergangene Jahrzehnt versucht, ihren Arbeitsmarkt vorwiegend durch eine Erleichterung befristeter Arbeitsverhältnisse zu flexibilisieren. Gleichzeitig ist jedoch der hohe Kündigungsschutz unangetatstet geblieben. Auch wenn die Politik bereits seit 2008 umsteuert, liegen Polen und Spanien mit 28,3 und 24 Prozent Anteil befristeter Beschäftigung nach wie vor weit über dem EU-Durchschnitt (14,6 Prozent im Jahr 2014). Zugleich gelingt nur vergleichsweise wenigen befristet Angestellten in Spanien und Polen der Sprung in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis. Diese Kombination aus hohen Befristungsanteilen und geringen Aufstiegschancen macht es Ländern besonders schwer, in einer Phase des Aufschwungs dauerhaft stabile neue Jobs zu schaffen.“

Wir möchten betonen: Das kann man immer so oder so sehen. Einerseits gesellen sich zu den offiziell in Deutschland vorhandenen Arbeitslosen mindestens 30% Arbeitslose hinzu, die von der Bundesagentur für Arbeit mit dubiosen Methoden aus der Statistik herausgerechnet wurden. Fakt bleibt aber, dass sie arbeitslos sind, egal mit welchem Argument sie nicht offiziell als arbeitslos dargestellt werden. Und dann wären da ja noch Zeit, Leih- und Werksarbeiter sowie Scheinselbständige, die die Lohnkosten für Arbeitgeber in Deutschland niedrig halten.

Andererseits beruht die Studie auf einem Vergleich zum Rest Europas. Und von dieser Sichtweise aus gesehen kann man in der Tat sagen bei uns ist der Arbeitsmarkt robust. Immer noch besser 8-9% Arbeitslosigkeit in Deutschland als realistisch gesehen ca. 15% in Frankreich, oder 20-30% in den Mittelmeerländern Europas. Alles eine Frage der Sichtweise. Würde man nur Deutschland isoliert betrachten, würde man feststellen, so unsere Meinung, dass es trotz hunderttausender offener Stellen gleichzeitig Millionen von Arbeitslosen gibt. Und trotz enormer Nachfrage nach Geringqualifizierten (Wachschutz in Flüchtlingsheimen laut Arbeitsagentur) verbleibt die große Masse der Langzeitarbeitslosen in ihrem Zustand. Das wäre auch mal eine tiefgreifende Studie wert, wo hier der Grund für diese Diskrepanz liegt.



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6 Kommentare

  1. Spätestens seitdem unser Justizminister Aufgaben der Staatsanwaltschaft an eine Bertelmann-Tochter ausgelagert hat, bekomme ich, wenn ich den Namen Bertelsmann höre, so einen eigenartigen Hautausschlag.

  2. Der aufgabenverteilende Justizminister befindet sich in guter Gesellschaft:
    Landsmannschaftlich ist er wie Honecker, Lafontaine auch Saarländer;
    als „Polizeiminister“ hatte er nach dem WK1 einen Parteifreund ebenfalls als
    Innenministrer, der für die Polizei verantwortlich war, der sozialdemokrat Herr Noske (der lt. Geschichtsunterricht) auf streikende Arbeiter schießen lies.
    MfrGr. Petermax

  3. diese „staatsnahen und gefütterten institute sind weder neutral noch ehrlich. es sind windige im auftrag einer entfesselten, lügenpolitik agierende diener. ja klaro, der lemming muß doch beruhigt werden. immerhin muss dieses volk vom neu invasiven, zuzug der hochqualifizierten, wirtschaft und altersarmut fördern…oh sry verhindernden und rettenden fachkräftelawiene, integrativ „überzeugt“, polemisiert werden. also erfolg kennt keine kritik. weiter so….warum soll ehrlichkeit den satnd haben , den sie nie hatte ;-) ausser in der politik. upps….

  4. Joa der Arbeitsmarkt ist robust .
    Robust stellt er sich gegen die Eingliederung von Älteren und Langzeitarbeitslossen .

    Interessant wäre noch wer die Studie letztlich für Bertelsmann gemacht hat .
    Ach halt ….nein doch nicht .

    Etwas seriöses kann es nicht gewesen sein .
    Nur ein weitere Steuerfressende NGO.

  5. Die Studie kann ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrung nur bestätigen, zeigt man sich besonders flexibel bei der Arbeitszeit, Urlaub, Einsatzbereich ist es kein Problem eine Beschäftigung zu finden. Das hat aber auch Schattenseiten: Mein Konsumverhalten hat sich verändert und zwar drastisch. Es bleibt halt kein Spielraum mehr für unnütze Ausgaben. ;-)

  6. Um oben gesagtes mal in Zahlen zu verdeutlichen: Vor fünf Jahren habe ich von jedem Euro ca. 0,60€ für ungeplante/spontane Ausgaben zu Verfügung gehabt, jetzt sind es gerade mal 0,10€- 0,20€ und das obwohl das Nettoeinkommen gestiegen(!) ist. Kein Wunder also das trotz Wirtschaftsbooms überall kleine und mittelständische Geschäfte sterben/schließen. Es bleibt halt keine Zeit für eine Zeitung, `n Brötchen oder `n Kaffee. Wie die an die Arbeitslosenzahlen kommen ist mir ein Rätsel… ;-)

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