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Brexit: Die Todesspirale beginnt – das „letzte Zucken der toten Katze“ ist vorbei!

Nun passiert das, was öknomisch folgerichtig ist: Das kurze Aufblühen der britischen Wirtschaft nach dem Brexit-Votum war das "letzte Zucken der toten Katze", oder wie es im englischen heißt: der dead cat bounce. Hauspreise fallen, die Stimmung von Unternehmen und Konsumenten ist so schlecht wie teilweise seit der Finanzkrise nicht mehr..

FMW-Redaktion

Heute beginnen bekanntlich die Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU, und eines scheint doch klar: es wird beim Brexit bleiben, trotz des schwachen Ergebnisses und der damit verbundenen Schwächung der May-Regierung.

Während Theresa May anfangs noch vor Selbstvertrauen strotze und wie viele Brexit-Befürworter (zu denen sie anfangs ja nicht gehörte) auf die starken Konjunkturdaten auf der Insel verweisen konnte, stehen die Dinge nun anders: im ersten Quartal diesen Jahres war die britische Wirtschaft so schwach wie keine andere in der EU mit einem BIP von +0,3%, und in der letzten Woche haben die Einzelhandelsumsätze in UK gezeigt, wo das Problem liegt: die Löhne steigern zwar, aber die Inflation steigt viel schneller. Die Briten haben nun weniger Geld in der Tasche als vorher, und das macht sich nun in „harten“ wie auch den „weichen“ Daten bemerkbar. In Großbritannien hat jetzt etwas eingesetzt, was man als ökonmische Todesspirale bezeichnen könnte!

Kommen wir zunächst zu den „weichen Daten“, also zu Konjunkturdaten, die Stimmungen wiedergeben. Die Stimmungen von heute, so könnte man formulieren, sind die Wirtschaftsdaten von morgen : haben Unternehmen und Verbraucher gute Stimmung, werden sie mehr investieren bzw. mehr konsumieren – oder wenn die Stimmung schlecht ist, weniger investieren und konsumieren.

Seitens der Unternehmen, das hat eine Umfrage des unternehmensnahen „Institut of Directors“ gezeigt, ist die Stimmung miserabel, auch und vor allem wegen der politischen Unsicherheit angesichts des „hung parliaments“ nach den Wahlen in UK. Man könne gar nicht überschätzen, wie desaströs die Folgen für die britische Wirtschaft seien, so das „Institut of Directors“ mit Blick auf die Zurückhaltung bei Investitionen:

“It is hard to overstate what a dramatic impact the current political uncertainty is having on business leaders, and the consequences could – if not addressed immediately – be disastrous for the UK economy..“.

Nun zeigen heute veröffentlichte Daten, wo die weitere Reise auch hingeht. Zum Beispiel bei den britischen Konsumenten. Deren Stimmung sackt immer weiter ab, wie heute IHS Markit mitteilte, der Household Finance Index (der die finanziellen Erwartungen britischer Konsumenten für die nächsten 12 Monate erfragt) fiel von 47,1 im Vormonat auf nun 45,8. Alle Werte unter 50 sind dabei als negativ zu werten. Der Wert von 45,8 ist so schlecht wie seit dem Jahr 2013 nicht mehr. Seit April 2016, also angesichts des bevorstehenden Brexit-Votums, fällt die Einschätzung der privaten finanziellen Entwicklung kontinuierlich, es hat sich ein klarer Abwärts-Trend ausgebildet.

Die Briten spüren, wie Tim Moore, Chefvolkswirt der Umfrage, formuliert, einen starken Anstieg der Lebenshaltungskosten, und berichten gleichzeitig, dass die Jobsicherheit stark abnehme. Und weil die Briten nun die Zukunft düsterer sehen, werden sie weniger konsumieren – und weniger Häuser kaufen.

Das zeigen die heute veröffentlichten „harten Daten“ am britischen Immobilienmarkt deutlich. So sind laut der britischen Immobilien-Seite „Rightmove“ die Immobilienpreise in UK im Juni um -0,4% gefallen. Dabei gilt der Juni mit als der stärkste Monat des Jahres am Immobilienmarkt, seit dem Jahr 2009 waren die Immobilienpreise in UK im Juni nie rückläufig gewesen. Nun aber schon, und das liegt laut „Rightmove“ an der stark gestiegenen Inflation, die die Kaufkraft der Briten schmälere. Anders ausgedrückt: man kann sich die astronomischen Preise schlicht nicht mehr leisten, vor allem in London nicht, wo laut „Rightmove“ der Rückgang besonders deutlich ausgefallen ist.

Fallen Immobilienpreise, sind die überwiegend Immobilien-besitzenden Briten weniger reich, bekommen von ihren Banken weniger Kredit, konsumieren weniger, werden von ihren zunehmend pessimistischen Firmen mit höherer Wahrscheinlichkeit entlassen bzw. bekommen so schnell keinen neuen Job.

Und damit hat nun eine „Todesspirale“ eingesetzt. Mit Verzögerung nach dem Brexit-Votum, weil das fallende Pfund für viele international tätige britische Unternehmen zunächst segensreich schien und der britische Aktienmarkt haussierte. Nun aber passiert das, was öknomisch folgerichtig ist: Das kurze Aufblühen der britischen Wirtschaft nach dem Brexit-Votum war das „letzte Zucken der toten Katze“, oder wie es im englischen heißt: der dead cat bounce..


Die Insel ist nun wieder sehr viel mehr Insel: Grobritannien
Foto: Gemeinfrei



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7 Kommentare

  1. Ob die Spirale wirklich in Gang gesetzt wurde, wird sich erst noch zeigen müssen. Mal abwarten.

    Ich weiß noch, wie hier vor ein paar Monaten vermutet wurde, dass die Türkei evtl schon am Abgrund stünde und so gut wie sicher abstürzen werde. Und jetzt boomt die dortige Wirtschaft wieder und der Aktienindex ist top.

  2. 2003 war der m2 Preis in der Großstadt fast auf dem Landpreis angekommen. Heute haben wir wieder den normalen 100%igem Aufpreis zwischen einer Innengrosstadtlage und einer 30km entfernt liegender Wohnung was bis 1997 vollkommen normal war.

  3. Großbritannien wurde immer unterschätzt.
    Typisches Beispiel war Adolf H.
    Warten wir mal ab, ich habe in FTSE 100 seit Jahren viel investiert

  4. Man könnte fast schon sagen, bei dieser Prognose handelt es sich um optimistische Miesmacherei. Das UK wird sich stärker in die Anglossphere eingliedern und dort Steuerkonkurrenz betreiben während es sich gleichzeitig damit Unternehmenssitze aus Europa holt.

    1. Und natürlich wird die EU tatenlos zusehen wie UK uns die Unternehmen klaut.

  5. Da heulen und weinen sie wieder aus Mitgefühl für die Engländer wegen vorhergesagten 2% oder ähnlich.
    Kann sich jemand vorstellen, dass es den Leuten, die permanent auf der falschen Strassenseite fahren, total egal ist wie jemand den Wert ihrer Häuser taxiert?
    Vielleicht vollen sie sich einfach nicht mehr von Gesinnungslumpen in Brüssel beleidigen lasse.

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