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Bundesbank mit Zahlen für 2016: Der drastisch geringere Gewinn ist eine elegant deftige Kritik an der EZB!

Wie kann ein Jahresgewinn als Kritik verstanden werden? Das ist bei der Bundesbank sehr interessant. Sie hat heute ganz frisch ihren Abschluss für das Jahr 2016 präsentiert...

FMW-Redaktion

Jetzt fragen Sie sich: Wie ist das denn zu verstehen? Wie kann ein Jahresgewinn als Kritik verstanden werden? Das ist bei der Bundesbank sehr interessant. Sie hat heute ganz frisch ihren Abschluss für das Jahr 2016 präsentiert. Nach 3,2 Milliarden Euro Gewinn in 2015 lag er in 2016 nur noch bei 1 Milliarde Euro. Interessant ist der Grund für diesen geringeren Gewinn. Dazu äußert sich die Bundesbank wie folgt:

Der Jahresüberschuss ist geringer ausgefallen als im Vorjahr, weil die Bundesbank ihre Risikovorsorge erhöht hat“, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Donnerstag auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Bundesbank. Für die Risikovorsorge stockte die Bundesbank ihre Wagnisrückstellung um 1,8 Mrd € auf 15,4 Mrd € auf. Die Aufstockung sei vor allem auf Zinsänderungsrisiken zurückzuführen, die sich aus den wachsenden Wertpapierbeständen im Rahmen der verschiedenen geldpolitischen Ankaufprogramme ergäben und im zurückliegenden Geschäftsjahr erstmals berücksichtigt worden seien, erläuterte Weidmann. Die Zinsänderungsrisiken entstehen durch ein steigendes bilanzielles Ungleichgewicht zwischen langfristigen Aktiva und kurzfristigen Passiva. Die Bundesbank erhält für viele Jahre aus den langfristigen Wertpapieren der Ankaufprogramme und aus längerfristigen Refinanzierungsprogrammen nur eine sehr geringe Verzinsung, während sie die Einlagen der Kreditinstitute in Zukunft möglicherweise höher verzinsen muss.


Bundesbank-Chef Jens Weidmann. Foto: Deutsche Bundesbank/Gaby Gerster.

So eine indirekte, aber dennoch gut erkennbare Kritik von Bundesbank-Chef Jens Weidmann Richtung EZB war von vielen Beobachtern erwartet worden. Das massive Anleihekaufprogramm der EZB ist vor allem Weidmann ein Dorn im Auge. Die Bundesbank verringert also aus freien Stücken ihren Jahresgewinn, und packt 1,8 Milliarden Euro in die Reserve für das zukünftig wohl anstehende Problem, was sie selbst im obigen Originaltext in wenigen Worten gut nachvollziehbar erklärt hat. Aber wird sich Mario Draghi und seine satte Mehrheit im EZB-Rat davon beeindrucken lassen? Weidmann kann nur laut schreien und sich aufregen – wirklich ändern kann er an der unabhängigen Entscheidung der EZB-Mehrheit nichts. Denn die Mehrheit der Euro-Mitgliedsstaaten profitiert nur all zu gut von dem massenhaften Aufkaufen von Staatsanleihen durch die EZB (man nenne da Italien nur als ein Beispiel). Stand heute treten die von der Bundesbank erwähnten möglichen Zukunftsprobleme noch nicht auf. Ebenfalls ein heutiger Originalwortlaut der Bundesbank für das Jahr 2016:

Die wichtigste Quelle für den Jahresüberschuss der Bundesbank waren die Zinserträge, die sich auf 3,7 Mrd € (Vorjahr: 3,3 Mrd €) beliefen. Der Anstieg der Zinserträge resultierte vor allem aus der Negativverzinsung der stark gewachsenen Einlagen. Die Zinsaufwendungen hingegen gingen um 0,6 Mrd € auf 0,4 Mrd € zurück. Durch diese beiden Effekte vergrößerte sich der Nettozinsertrag deutlich von 2,3 Mrd € auf 3,3 Mrd €.

Hier die ganz direkte und unverkennbare Kritik Weidmanns an der EZB, als Zitat aus seiner heutigen Rede:

Die Tatsache, dass die Inflationsrate bereits zu Jahresbeginn über den Prognosen lag – und auch noch eine Weile darüber liegen dürfte –, zeigt aus meiner Sicht jedoch eindeutig: Wir sind von einer Deflationsgefahr, also einer gefährlichen Abwärtsspirale aus sinkenden Löhnen und Preisen, wie sie ja einige gerade zur Rechtfertigung der Anleihekäufe herangezogen hatten, weit entfernt. Mit dieser Sicht stehe ich im Übrigen nicht alleine da. Auch die Finanzmarktteilnehmer sehen das offenbar ganz ähnlich: Die aus Inflationsoptionen abgeleitete Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Inflationsrate in den nächsten fünf Jahren negativ wird, war zuletzt so niedrig wie seit dem Sommer 2011 nicht mehr.

Auch geht Weidmann in seiner Rede nochmal auf die erhöhte Vorsorge ein, die wir weiter oben im Text schon thematisiert hatten:

Bei der aktuellen offenen Zinsposition von rund 300 Mrd € führt ein Anstieg der Leitzinsen um einen Prozentpunkt zu jährlichen finanziellen Belastungen in einer Größenordnung von etwa 3 Mrd €.Das ist für uns eine neue Situation. Denn solange die Geldpolitik nur die kurzfristigen Zinsen am Geldmarkt steuerte, war die Bilanz der Bundesbank faktisch nicht mit Zinsänderungsrisiken belastet: Der Löwenanteil der zinstragenden Aktiva war kurzfristiger Natur – ganz überwiegend Wertpapierpensionsgeschäfte mit Banken – und stand dem unverzinslichen Banknotenumlauf gegenüber. Die Überschussliquidität und damit im Wesentlichen die Einlagen der Banken bei uns hatte damals allenfalls ein sehr geringes Volumen. Unsere geldpolitischen Operationen warfen daher einen sicheren Gewinnbeitrag ab. Vor allem wegen dieses Zinsänderungsrisikos haben wir uns entschieden, die Risikovorsorge um 1,75 Mrd € zu erhöhen. Wichtig ist mir vorher aber noch der Hinweis, dass die geldpolitischen Entscheidungen nicht am Notenbankgewinn gemessen werden dürfen, sondern einzig und allein am Ziel der Preisstabilität.

Auch gibt es von der Bundesbank heute interessante Aussagen zu den Zuwächsen in der Bundesbank-Bilanz, die aus dem Anleihekaufprogramm der EZB resultieren, sowie zu den Target2-Salden:

Im Zuge der geld- und währungspolitischen Geschäfte erhöhte sich die Bilanzsumme weiter und stieg kräftig um 400 Mrd € auf 1.400 Mrd €. „Damit hat die Bilanzsumme die Grenze von 1.000 Mrd € nun deutlich überschritten“, sagte Carl-Ludwig Thiele, Mitglied des Vorstands und zuständig für Rechnungswesen und Controlling. „Seit dem Jahr 2006 hat sich die Bilanzsumme der Bundesbank mehr als verdreifacht“, erklärte er weiter. Auf der Aktivseite entfiel laut Thiele ein großer Teil der Bilanzausweitung auf den Anstieg des Bestandes der Wertpapiere für geldpolitische Zwecke um 185,4 Mrd € auf 357,7 Mrd €. Allein aus dem Ankauf deutscher Staatsanleihen im Rahmen des PSPP ergab sich ein Zuwachs von 165,4 Mrd €. Zudem schlugen sich die Liquiditätszuflüsse aus dem europäischen Ausland in einer Zunahme der TARGET2-Forderung gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB) um 170,1 Mrd € auf 754,3 Mrd € nieder. Auf der Passivseite habe die durch die Ankaufprogramme geschaffene und aus dem Ausland zugeflossene Liquidität zur Bilanzausweitung beigetragen, führte Thiele weiter aus. Die Einlagen von Kreditinstituten bei der Bundesbank hätten sich um 202,6 Mrd € auf 411,3 Mrd € erhöht, zugleich seien die Euro-Guthaben der in- und ausländischen Einleger um 123,8 Mrd € auf 222,8 Mrd € gestiegen.



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2 Kommentare

  1. Da liest man mal wieder FMW! :-)
    Und stellt fest:
    Das Team Fugmann hält sich mittlerweile mit Text-Exegese bei Laune (Tsunami-Crash-Ende der Trump Rally fällt ja leider permanent aus…)
    Das ist ja wie in der UdSSR damals!
    Da schrieben kritische Wissenschaftler „Der Bär tanz so lange auf der Wolke bis er fällt.“
    Und dann wurde gedeutet: Meinten sie damit den wirtschaftspolitischen Kurs des Politbüros?
    Oder war es Kritik an kulturpolitischen Beschlüssen der „Partei“?
    Oder der Hinweis auf einen kalten Winter mit Mangel an Brennstoffen?

    Um einen Draghi in Rage zu bringen braucht es schon mehr als ein leises Alibi-Hüsteln…

    Herr Fugmann, wollen Sie – oder können Sie nicht verstehen?
    Oder dürfen Sie es nicht verstehen können?

    Was ist so schwer an dieser Binsenweisheit:
    Diese Leute spielen ihre Rolle, um ihren JOB zu behalten:
    Weidmann – der freundliche Kritiker, aber hält brav die Füße still
    Yellen – die freundliche Skeptikerin, aber hält brav die Füße still
    Bitte, gerne, danke, küssdiehand, ich möchte doch noch bis 2018ff bleiben!
    Ich erinnere mich an Zeiten, da nahmen Journalisten einen Alibi-Kritiker auseinander.
    In FMW war auch nur ein freundliches Interview mit Sabine Lautenschläger zu lesen.
    Da durfte die Dame verzapfen, was auch Weidmann denkt: In Wahrheit ist der Draghi-Kurs schon ok; wir werden schon noch den letzten deutschen Sparer zum Konsum zwingen!

    Also, wir halten fest: alles Show, powered by Gebrüder Grimm.
    Die FMW als Bühne?

    1. Das ist halt wie im richtigen Leben.
      Was der Alibi-Weidmann für die Euro-Finanzwelt, sind Seehofer und Bosbach für die Unionsparteien.
      Und die SPD hat jetzt mit ihrem Schulz auch noch einen aus dem Hut gezaubert, der den Bürgern zwecks Ablenkung nach dem Mund plappert.
      Fehlt noch jemand? Bestimmt, fällt mir jetzt bloß nicht ein.
      Alles Alibifiguren um die Bevölkerung hinzuhalten, auf dass alles so schlecht bleibt wie es ist, bzw Hoffnung zu verbreiten, auf dass auch auch eine weitere Verschlechterung wie im medizinischen Bereich nur als „Erstverschlimmerung“ wahrgenommen wird.

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