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Carl Icahn: Der Wall Street-Spekulant schlechthin im Frontalangriff zur Aufspaltung von AIG

FMW-Redaktion

Wenn Carl Icahn angreift, zittern selbst Firmenbosse wie Apple-Chef Tim Cook. Seit mehreren Monaten hat sich Icahn, der als der Brutalo-Spekulant der Wall Street bekannt ist und sich selbst als Aktivist für Aktionäre betrachtet, auf den ehemaligen Versicherungsgiganten American International Group (AIG) eingeschossen. Bereits im Oktober 2015 verkündete er öffentlich es wäre besser für die Aktionäre von AIG die Firma in drei Teile aufzuspalten – das würde insgesamt einen Mehrwert bringen. AIG hat derzeit einen Firmenwert von 70 Milliarden Dollar.

Heute geht Carl Icahn zum Frontalangriff über und veröffentlicht auf seiner Webseite einen offenen Brief Richtung AIG-Aufsichtsrat. Nicht ohne Grund spricht er direkt den Aufsichtsrat an, denn der AIG-Vorstand hatte Icahn´s Forderung nach Aufspaltung der Firma schon klar zurückgewiesen. Icahn beschreibt, dass die Einzelteile der heutigen AIG für sich genommen von der US-Regierung nicht mehr als „systemrelevante Finanzinstitutionen“ wahrgenommen würden, und daher geringere regulatorische Anforderungen erfüllen müssten als der Gesamtkonzern AIG heute. Der Aufsichtsrat hätte Icahn mitgeteilt, dass wenn die Wünsche der Aktionäre nicht mit dem Handeln des Vorstands übereinstimmen sollten, dass man sich diese Wünsche der Aktionäre dann anhöre. Denn die Glaubwürdigkeit des Vorstands sei endgültig nicht mehr vorhanden, so Icahn. Zitat:

„… it is abundantly clear to me there is only one sensible path for AIG to follow: become a smaller, simpler company with a path to de-SIFI. I recently had a discussion with Chairman Douglas Steenland regarding the upcoming investor presentation and he agreed that if shareholders’ wishes go against those of the CEO, the board would definitely listen, take notice, and pay attention to what shareholders want. I was happy to hear this open mindedness because I believe management’s credibility with shareholders is all but gone.“

Nachdem er jetzt zwei Monate auf eine Antwort von AIG gewartet habe so Icahn, gehe er davon aus dass der Vorstand von AIG am 26. Januar ein „strategisches Update“ präsentieren werde, welches keinen dramatischen Rundumschlag enthalten werde wie er es sich vorstellt. Es werde wohl nur unbedeutende Änderungen bei AIG geben wie Verkäufe von kleineren Teilbereichen und Kostensenkungen. Wenn das passiere, gehe auch der letzte kleine Rest an Glaubwürdigkeit des Vorstands verloren. Er hoffe, dass der Aufsichtsrat nach einer enttäuschenden Leistung des Vorstands in den letzten Jahren dann eigenständig Maßnahmen ergreifen werde. Icahn verlangt von AIG klipp und klar harte Rationalisierungen sowie den Verkauf oder den Spin-Off von allen nicht wichtigen Unternehmensteilen, damit man u.a. nicht mehr als systemrelevant gilt und frei agieren kann. Es geht im Grundsatz um die klassische Aufspaltung einer Firma – dadurch sollen die Werte der einzelnen Teile besser zur Geltung kommen, und in Summe alles zusammen gerechnet mehr wert sein. Icahn weiß was er tut – aus reiner Aktionärssicht mag das nachvollziehbar sein, aber langfristige Unternehmensziele, Arbeitsplätze? Hier die Forderungen im Original:

1.Commit to streamline operations and focus on transforming the company into a competitive, pure play P&C insurer by committing to sell, spin, or otherwise separate non-core operations to de-conglomerate and apply to de-SIFI.
2.Commit to fixing the P&C franchise so that it can generate competitive, double digit return on equity (ROE) through improved underwriting and cost reductions, even if it means bringing in outside talent.
3.Commit to providing additional disclosure so all stakeholders can measure progress along the path outlined above over the next several quarters.
4.Abandon credit default spreads levels as a metric in the long-term incentive plan (we believe this incentive is one reason management is resisting a de-conglomeration as it may negatively impact their bonuses) and instead adopt ROE.

Zum Ende seines Briefes betont Icahn nochmal, dass nur der Verkauf von ein paar Vermögenswerten ohne eine Gesamtstrategie zum Komplettumbau der Firma eine Enttäuschung wäre und Werte zerstören würde. Zuerst denkt man sich „was soll so ein einfacher Brief schon bringen?“. In den USA lösen solche Briefe, vor allem von Hedgefonds-Managern und Großzockern wie Icahn öffentlichkeitswirksam platziert, oft Lawinen aus. Unzufriedene Fondsmanager, sonstige große Aktionäre und viele kleine Privatanleger sehen darin oft die Möglichkeit schnell zu einem höheren Aktienkurs zu kommen und schwenken auf die Linie solcher Forderungen ein – so passiert es zumindest oft, aber nicht immer. Und das scheint auch in diesem Fall ganz klar die Linie von Carl Icahn zu sein. Der Vorstand will nicht wie er will – der möchte lieber AIG so weiter am Leben erhalten anstatt es zerstückeln – auch den Aufsichtsrat von AIG hält Icahn für wenig kooperativ, so darf man es zwischen den Zeilen lesen. Jetzt geht es ihm wohl darum möglichst viele Stimmrechte auf seine Seite zu ziehen und dann den Aufsichtsrat vor vollendete Tatsachen zu stellen. Entweder er schwenkt auf Icahn´s Linie ein oder er wird in einer Sonder-HV durch neue Aufsichtsräte ersetzt, die im Sinne der Aufspaltung agieren – also den Vorstand feuern. So könnte das Szenario laufen. Die Aktie von AIG notiert heute mit einem Plus von gut 1% – die Aktie könnte aber in den nächsten Wochen deutlich interessanter werden, je nachdem ob Icahn genug Aktionäre auf seine Linie einschwören kann.




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