Aktien

China blockiert US-Hedgefonds-Riesen Citadel

Von Claudio Kummerfeld

Die chinesische Börsenaufsichtsbehörde „China Securities Regulatory Commission“ hat u.a. ein Konto des US-Hedgefonds Citadel gesperrt. Grund dafür sind die seit Wochen anhaltenden Kursverluste an den chinesischen Börsen. Um sein Gesicht zu wahren, sucht der chinesische Staat einen Schuldigen für dieses Debakel – man ist auf der Jagd nach Zitat „bösartigen Verkäufern“. Dass auf einem freien Aktienmarkt nach dem Entstehen einer Blase das Platzen einer Blase folgt, darf natürlich nicht erwähnt werden.

So hat man jetzt endlich Schuldige gefunden. Citadel wie auch andere Hedgefonds leben u.a. davon „Short“ zu gehen, also Leeverkäufe zu tätigen. Das bedeutet man verkauft Aktien, die man gar nicht besitzt. Wenn sie dann hoffentlich fallen, kauft man sie zu niedrigeren Preisen zurück, hat einen Gewinn erzielt und ist im Konto wieder glatt. Und in der Tat kann genau dieses Leerverkaufen einen Abwärtstrend beschleunigen. Da der Name „Hedgefonds“ auch im „freien Westen“ längst zu einem Unwort mutiert ist und das Leeverkaufen tatsächlich den Crash verstärkt haben könnte, ist es gut nachvollziehbar, dass man die Hedgefonds an den Pranger stellt.

Citadel ließ nur inhaltslos verlautbaren, dass man „schon seit 15 Jahren auf dem chinesischen Markt aktiv sei und nicht wisse, warum das Konto eingefroren wurde“. Prekär gerade für Citadel: Gerade diese Gesellschaft ist in der Branche als „Leverage No1“ bekannt, also als diejenige, die mit den höchsten Hebeln arbeitet. Das könnte zu einem echten Problem werden. Ist Citadel derzeit wirklich short im chinesischen Aktienmarkt investiert über das blockierte Konto, und der Aktienmarkt dreht in den nächsten Tagen nach oben, kann Citadel sehr viel Geld verlieren, weil man dann teurer zurückkaufen muss, als man vorher leerverkauft hat. Und der Verlust wird durch mögliche Hebeleffekte vervielfacht.

Wie zu erfahren war, versucht die Aufsichtsbehörde derzeit fieberhaft auch bei ausländischen Brokern u.a. in Singapur zu erfahren, welche an den chinesischen Börsen platzierten Tradingpositionen tatsächlich reale Shortpositionen waren (unabhängig von Citadel). Bei der Sperrung der Konten geht es um die Fragen, in wie weit Hedgefonds für die Abstürze direkt verantwortlich sind, wie stark die Volatilität durch ihr Zutun stieg, und in welchem Umfang sie automatische Handelsprogramme (ALGOS) laufen lassen – denn diese, wie man in den USA schon öfters „bewundern“ konnte, können selbst Hauptindizes wie den Dow Jones-Index mal eben 1.000 Punkte fallen lassen, und das in nur wenigen Augenblicken. Auch gibt es die bei Betrügern weit verbreitete Praxis (wenn man fallende Kurse benötigt), große Verkaufsorders mit einem Limit in den Markt zu legen und diese im letzten Augenblick vor der Ausführung wieder zu löschen. So kann man andere Marktteilnehmer dazu bringen schon vor Erreichen des Limits selbst short zu gehen in der Hoffnung die große Order wird den Markt noch stärker runterrutschen lassen. Aber das sind derzeit noch alles Mutmaßungen, die offen im Raum stehen.

Es ist mehr als fraglich, ob die chinesische Aufsichtsbehörde technisch überhaupt dafür ausgerüstet ist die gigantischen Handelsmengen zu analysieren, wenn nicht mal die US-Börsenaufsicht bei sich zu Hause dazu in der Lage ist. Man muss sich wohl entscheiden. Drückt man den Hedgefonds einfach so eine Strafe oder ein Verbot auf, ohne Beweise, dann hat man für seine einheimischen Anleger einen bösen amerikanischen Schuldigen präsentiert. Der Haken an der Sache wäre, dass die KP in Peking damit die Verlässlichkeit des chinesischen Kapitalmarkts verspielt (was ja bereits geschieht). Denn man war in den letzten Jahren fleißig dabei seine Börsen und seine Währung weltweit zu etablieren als seriöse und verlässliche Alternative zu den westlichen Märkten.



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