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China: Verhaftungen, Schulden, harte Landung

Von Markus Fugmann

Man wird derzeit nicht wirklich schlau aus den Vorgängen innerhalb der chinesischen Machtelite. Zunächst läßt man es zu, dass die Aktienmärkte wieder stark fallen, um dann vor dem letzten Wochenende aufgrund der bevorstehenden Parade am 03.September doch zu intervenieren – nun aber sieht es wieder so aus, als wolle Peking zukünftig nicht mehr intervenieren. Das berichtet die „Financial Times“ unter Berufung auf Insider in der Regierung, die die jüngsten Interventionen als „Ausnahme“ bezeichnet haben.

Offenkundig sollen nun die Broker-Unternehmen den Aktienmarkt stabilisieren: am Samstag hatte der Chef der Aufsichtsbehörde China Securities Regulatory Commission 50 Broker-Häuser einbestellt – und sie aufgefordert, mehr Gelder zur Stützung der Aktienmärkte zur Verfügung zu stellen. Damit weitet Peking den Kreis der Broker aus, die zur Stabilisierung beitragen müssen – zu Beginn der Stützungsmaßnahmen hatte die Aufsichtsbehörde nur 21 Broker-Häuser um Gelder „gebeten“, nun sind es schon 50 Broker-Häuser. Die 21 Broker mußten 15% ihrer assets zur Verfügung stellen, mit dem Treffen am Samstag dürfte diese Zahl noch weiter steigen, was die Aktien der betroffenen Brokerhäuser weiter unter Druck bringen dürfte.

Unterdessen geht die Suche nach Sündenböcken für den Crash weiter. Neben der Verhaftung eines leitenden Mitarbeiters der Regulierungsbehörde wegen Insider-Handels hat das Ministerium für öffentliche Sicherheit eine Kampagne gestartet, die die Verbreitung „falscher Gerüchte“ unterbinden soll. Diese Gerüchte betreffen den Aktienmarkt, nun aber auch die Explosion im Hafen von Tianjin sowie die Parade am 03.September anlässlich des Sieges über Japan. Genaue Angaben über Verhaftungen liegen nicht vor, betroffen sind aber wohl mindestens vier Personen. Darunter ein Journalist des angesehenen Caijin Magazins, der inzwischen eingestanden hat, mittels Verbreitung falscher Informationen die Panik mit herbeigeführt zu haben. Man kann sich vorstellen, dass dieses Eingeständnis nicht ganz ohne Druck durch die Behörden erfolgt sein dürfte. Verhaftet wurden auch weitere vier Mitarbeiter des größten Wertpapierhändlers in China.

Gleichzeitig hat die Regierung am Wochenende eine Schuldenobergrenze von 16 Billionen Yuan (ca. 2,2 Billionen Euro) für die schwer verschuldeten Lokalverwaltungen erlassen, wie die Nachrichtenagentur Xinhua berichtet. Die Lokalverwaltungen dürfen in diesem Jahr nur noch 600 Milliarden Yuan an weiteren Schulden aufnehmen – eine Hiobsbotschaft auch für die Wirtschaft in den jeweiligen Gebieten: die Lokalverwaltungen waren maßgeblich für das auf Pump finanzierte Wachstum verantwortllich, wenn die weitere Schuldenaufnahme erschwert wird, dürfte sich das negativ auf das weitere Wachstum der Provinzen und damit Gesamt-Chinas auswirken. A props Wachstum: nach einer Analyse von Evercore beträgt das „Wachstum“ in China derzeit -1,1% – was realistisch sein dürfte und natürlich den Wunderzahlen eines von Peking angestrebten und behaupteten Wachstums von 7% widerspricht.

Eines wird immer klarer: China steht vor einer harten Landung, was die Nervosität und hektische Betriebsamkeit der Machthaber in Peking erklärt. Seit Beginn der Turbulenzen hat Peking hektisch und ohne Plan reagiert statt zu agieren, das Vertrauen in die Machthaber schwindet zunehmend.



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1 Kommentar

  1. Welch Dystopia: die haben den Abschwung erst später erfahren, aber greifen dafür in den Maßnahmen schon mal den unsrigen (zu erwartenden) Reaktionen voraus – wer verstößt denn auch bitte gegen die Doktrin des Ministeriums für Wahrheit?! – pöser Pursche.

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