FMW-Redaktion
Ja, was da beschlossen wurde, ist ein regelrechtes Embargo. Die einzige Landgrenze von Katar nach Saudi-Arabien ist blockiert. Flugzeuge von und nach Katar dürfen die Lufträume von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emirate etc nicht mehr überfliegen, und der Schiffsverkehr ist auch eingestellt. Damit muss das winzige letztlich völlig von Warenimporten abhängige Katar (soll die Bevölkerung nicht verhungern) nun zügig Lebensmittel aus dem Iran importieren. Oder man baut seine Verkehrsflieger von Qatar Airways mal so richtig zügig zu einer Transportflotte um, die in einem großen Bogen über den Iran fliegt und beispielsweise Lebensmittel des alltäglichen Bedarfs per Luftfracht aus Europa importiert.
So sieht es ganz aktuell aus. Hält das Embargo länger an, kann das eine wahnsinnig teure Angelegenheit werden, ein ganzes Volk quasi per Luftfracht zu ernähren. Oder wenn der Iran über den Golf Lebensmittel anliefert, dürfte der auch gute Preisaufschläge verlangen. So oder so, Katar hat ein echtes Problem. Die Situation ist dazu noch mehr als paradox. Donald Trump hat mit seinem Besuch in Saudi-Arabien bekräftigt, dass die Saudis der Partner Nummer 1 in der Region sind.
Ironischerweise aber unterhalten die USA in Katar ihren größten Luftwaffenstützpunkt in der Region. Von dort aus fliegt man auch Angriffe in Syrien. Und dieses Land soll gleichzeitig Unterstützer von Terroristen sein? Mag sein, mag auch nicht sein. Da wollen wir uns inhaltlich an dieser Stelle nicht einmischen. Fakt ist jedenfalls, dass die winzige Halbinsel mit ihren mehr als 2 Millionen Einwohnern, die genau in der Mitte der Golfregion liegt, ziemlich isoliert ist, politisch und vor allem wirtschaftlich. Die Lebensmittel-Situation dürfte zügig ein echtes Problem werden.
In Sachen Luftraum ist Katar jetzt de facto auf den Iran angewiesen, wie diese Illustration gut zeigt. Die zweite Grafik zeigt die aktuelle Nachverfolgung von Qatar Airways-Flügen. Wie man sieht: Ohne den iranischen Luftraum wäre das Land völlig isoliert!
One map shows how much trouble #Qatar Airways may be in https://t.co/NrB0lxGxAS via @BIfrance
— Air-Collect (@AirCollect_FR) June 6, 2017
#AirspaceBan on #Qatar begins as #GulfCrisis grows. Flights depart to the north and below FL250 to remain outside Bahrain FIR. #GulfCrisis pic.twitter.com/gCxGOPutCL
— Abdulla ✈️ Al-Ali🇶🇦 (@AlAli_Abdulla8) June 6, 2017
Angeblich soll es jetzt schon zu Hamsterkäufen im reichsten Land der Welt kommen. Was für eine merkwürdige Situation. Die Regale sehen teilweise schon leer aus, wie diese aktuellen Beispiele zeigen.
Supermarket shelves empty out in #Qatar as residents panic over diplomatic fallout in the GCC. pic.twitter.com/8RQdMlJEOV
— Rudaw English (@RudawEnglish) June 6, 2017
https://twitter.com/c83photo/status/871975788979130369
Le #Qatar frappé au portefeuille après sa mise au ban par les pays voisins https://t.co/BqNsoV4riM vía @Figaro_Inter
— Angel Lourido (@alourido) June 6, 2017
Beim Export von verflüssigtem Erdgas hat Katar einen Weltmarktanteil von 31%. Mit 13% hat man die drittgrößten Erdgasreserven. Bei der weltweiten Ölförderung liegt der Anteil Katars unter 2%. Warum aber ist der Iran offensichtlich so wichtig oder interessant für Katar? Nun, das gigantische Gasfeld, dass dem Land seinen Reichtum bringt, liegt im Golf – und man teilt es sich mit dem Iran. Daher ist man natürlich bestrebt gute Beziehungen zu pflegen.
In den „guten alten Zeiten“ reichte schon ein verbaler Konflikt, sei er auch noch so harmlos, irgendwo in der Golfregion. Und zack, der Ölpreis machte einen Sprung nach oben. Denn jeglicher Konflikt in der Region bedeutete Unsicherheit in Sachen Ölexport auf den Weltmarkt. Und heute am Tag nach dem Start des Katar-Embargos? Der Preis im Terminkontrakt „Natural Gas“ in den USA ist von gestern bis jetzt sogar leicht gefallen von 3,03 auf 2,98 Dollar. Und der Ölpreis? Wie der Chart gut zeigt, stieg der Preis für das amerikanische WTI-Öl gestern früh von 47,95 auf 48,38 Dollar (roter Kreis).
Aber das hielt nur ganz kurz an. Danach verlor man in wenigen Stunden bis unter 47 Dollar, und pendelt jetzt um die 47,50 Dollar herum. Damit liegt man also deutlich unter dem Ölpreis, wie er vor der Blockade-Veröffentlichung war. Das zeigt die derzeitige strukturelle Schwäche des Ölpreises. Wenn nicht mal so eine Nachricht der Destabilisierung der Region den Ölpreis pushen kann, was dann? Die OPEC hatte ja bei ihrer neunmonatigen Verlängerung der Fördermengenkürzung gesagt, dass man regelmäßig überprüfen werde, wie die Dinge verlaufen. Kommt man bald zu einer Neubewertung mit einen steigenden Kürzungsmenge? Das Szenario ist natürlich immer möglich, dass die Saudis in Eigenregie nochmal kräftig eine zusätzliche Kürzungsmenge drauf packen!
Der WTI-Ölpreis seit Freitag Mittag.
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