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Der Social Media-Krieg: Welche Aktien haben Zukunft? Wer geht unter?

Social Media ist eigentlich als "Markt" viel übersichtlicher als man denkt. Wie ist die aktuelle Lage? Wer kämpft ums Überleben, wer steht schon kurz vor dem Untergang, obwohl er gerade neu auf dem Markt ist, wer ist eh nur als Zombi...

Von Claudio Kummerfeld

Social Media ist eigentlich als „Markt“ viel übersichtlicher als man denkt. Wie ist die aktuelle Lage? Wer kämpft ums Überleben, wer steht schon kurz vor dem Untergang, obwohl er gerade neu auf dem Markt ist, wer ist eh nur als Zombi unterwegs? Welche Aktien könnten interessant sein, und um welche sollte man vielleicht einen großen Bogen machen? Hier ein Überblick.

Google+

Da wäre zunächst mal, um ganz einfach zu starten das soziale Netzwerk „Google+“, einst von Google als Konkurrent zu Facebook geschaffen. Das Netzwerk ist eigentlich nur ein Tool von vielen aus dem Google-Universum, und ist gut vergleichbar mit der Queen of England oder dem deutschen Bundespräsidenten. Irgendwie anwesend, aber niemand weiß so richtig, wofür er/sie gut ist. Google schaltet das System wohl nur aus Imagegründen nicht wieder ab, nutzen tut es eh fast niemand. Wer die Google-Aktie kaufen will, tut es ohnehin wegen der Kernfunktion von Google oder wegen YouTube.

Twitter

Dann wäre da Twitter. Die Firma steht auf der Kippe. Die gerade erst veröffentlichten Quartalszahlen zeigen, dass man zwar weiter wächst bei den Nutzerzahlen, aber eben in einem Mini-Zeitlupentempo, pro Quartal von 315 auf 317 auf 319 Millionen monatlich aktive Nutzer. Die Werbeeinnahmen schwächeln ebenfalls. Beides erstaunlich , wo doch Donald Trump seinen Wahlkampf quasi exklusiv über Twitter abgewickelt hat, mit jeder Menge Begleit-Traffic. Der Dienst ist bei seiner Kern-Fangemeinde äußerst beliebt, die dem Dienst die Treue hält. Wirklich vergleichbar ist Twitter nicht mit Facebook, weil man auch eh nie ein Konkurrent sein wollte, sondern eben eine Art News-Ticker-Funktion. Und in der Nische ist man auch äußerst schnell und erfolgreich, für alle, die es schnell und kurz lieben, übersichtlich, einfach und klar.

Aber ein soziales Netzwerk mit endlos langen Texten und unendlich vielen Sonderfunktionen ist Twitter eben nicht. Mit ein wenig Glück kriegt man noch die Kurve, überlebt, bleibt profitabel und wächst langsam weiter. Mit ein bisschen Pech geht es schief, und der Laden geht den Bach runter. Ein Indiz dafür könnte sein, dass man Ende vergangenen Jahres diverse Kaufinteressenten hatte, die Twitter schlucken wollten. Letztlich lehnten alle ab. Hier kann man fast sagen, dass die Chancen 50:50 stehen. Wer die Aktie kauft, muss eben voll ins Risiko gehen und auch ein Stück weit an das Konzept der Firma glauben.

Facebook

Dann gäbe es da noch Facebook, Instagram und Whatsapp. Alle kann man unter dem Markendach Facebook zusammenfassen, da Facebook die beiden für verdammt viel Geld aufgekauft hatte. Bei Instagram ging es Mark Zuckerberg wohl hauptsächlich darum Konkurrenz zu schlucken, bevor sie ihm gefährlich werden kann. Jetzt ist Instagram gut mit Facebook vernetzt, und beide profitieren von einander. Whatsapp als Chat-Tool dienst wohl lediglich als Lieferant neuer Userdaten. Facebook selbst als Konzern liefert Quartal für Quartal überzeugende Daten zu Umsatz und Gewinn. Die Analystengemeinde wird stets glücklich gemacht. Das ist jedes Mal um so erstaunlicher, da Facebook schon so gigantisch groß ist.

Je größer die Firma, desto schwieriger wird es noch ordentliches prozentuales Wachstum zu liefern. Aber Zuckerberg liefert. Ob Facebook so ein super-tolles Tool mit genialer Benutzeroberfläche ist, darüber kann man wohl streiten. Aber man hatte wohl schlicht und einfach Glück, dass man das erste richtige Soziale Netzwerk war. Somit sammelte man als erster Anbieter massenweise User. Und die meisten sind wohl schlichtweg zu faul selbst und zusammen mit dem Freundeskreis zu Konkurrenzangeboten zu wechseln. Und da wären wir schon beim nächsten Plus für Facebook. Eine vergleichbare ernsthafte Konkurrenz, die ein so umfassendes Angebot hat, gibt es gar nicht. Erster gewesen zu sein, und quasi der einzige Voll-Anbieter zu sein, das mögen wohl die Pluspunkte für Facebook sein.

Wenn nicht irgendwoher ein Milliarden-Privatier oder Milliarden-Konzern eine gigantische Summe investiert, um einen echten Konkurrenten zu etablieren, scheint Facebook erst einmal gesetzt zu sein mit seinem Platz an der Sonne. Aber eine ewige Garantie gibt es darauf natürlich nicht.


Facebook-Chef Mark Zuckerberg im Jahr 2005. Foto: Elaine Chan and Priscilla Chan (CC BY 2.5)

Snapchat

Und damit kommen wir zur heißen und brandaktuellen Teil-Konkurrenz für Facebook. Snapchat als Chat- und Video-Netzwerk ist ein schnelllebiges Tool, das vor allem für junge Nutzer zum „Schnellkonsum“ gedacht ist. Eine echte Konkurrenz für Facebook ist es nicht, wohl aber für Teile der Facebook-Funktionen. Weil Mark Zuckerberg das wohl erkannt hat, und bemüht ist jegliche Konkurrenz im Keim zu ersticken, hatte er Snapchat-Chef Evan Spiegel mehrmals in seine Facebook-Zentrale ins Silicon Valley eingeladen. Abgelehnt. Milliardenschwere Kaufangebote für Snapchat durch Facebook: Bisher immer abgelehnt. Jetzt geht Snapchat in Kürze an die Börse, und ist nach Graumarktkursen schon um die 27 Milliarden Dollar wert.

Der nächste Highflyer am US-Aktienmarkt, der nächste Hype? Vorsicht, verdammt noch mal Vorsicht ist geboten in diesem Fall. Denn Snapchat könnte kurz vor dem Untergang stehen, obwohl man noch relativ frisch am Markt ist. Wo Facebook nicht in der Lage war wie bei Instagram und Whatsapp die Gründer mit Geld zuzuschütten, versucht man jetzt den Laden zu zerstören – so drastisch hört man es aus dem Silicon Valley. Ein offenes Geheimnis ist, dass Facebook und Instagram schamlos die Funktionen von Snapchat kopieren, um die User für sich zu gewinnen. Das scheint momentan gut zu funktionieren. Denn das User-Wachstum von Snapchat ist jüngst fast zum Erliegen gekommen mit nur noch +3,2%. Ein Desaster, gerade jetzt so kurz vor dem Börsengang. So warnte Snapchat (Snap Inc) im Emissionsprospekt auch ohne Umschweife die potenziellen Investoren, dass es möglich sei, dass Snap Inc auch in Zukunft nur Verluste produziere.

Wenn Snap in wenigen Tagen an die Börse geht, steigt der Druck auf Evan Spiegel um so mehr. Aber halt. Der gute Mann ist auch nicht dumm. Snap ist das erste Unternehmen in den USA überhaupt, das nur Vorzugsaktien ausgibt. Die über den Börsengang mit an Bord geholten Aktionäre werden in der Hauptversammlung somit kein Stimmrecht haben, und Spiegel sowie seine bisherigen Altaktionäre können auch in Zukunft schalten und walten wie bisher. Das macht das Investment noch riskanter als ohnehin schon. Snap Inc könnte als Aktieninvestment dem Untergang geweiht sein, wenn Mark Zuckerberg mit seinen finanziell fast unbegrenzten Möglichkeiten alles daran setzt dem neuen Konkurrenten die User und Werbekunden wegzunehmen.

Achtung: Nichts, was Sie hier gelesen haben, soll Sie zum Kauf oder Verkauf von Aktien verleiten. Da müssen Sie sich schon komplett Ihr eigene Meinung bilden!



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1 Kommentar

  1. Ach so wichtig sind sie doch, die sozialen Medien. Der Planet würde sich nicht mehr drehen ohne Facebook, Twitter, Google &Co.
    Oder doch? Sind vielleicht mindestens 99% sinnloses Geposte, Energieverschwendung, Ressourcenvergeudung, Entmenschlichung, Ablenkung von der Realität?
    Erst gestern wurde im TV (das ist ein soziales Medium aus dem letzten Jahrtausend) auf diversen Kanälen verkündet, dass in einer eigentlich recht begrenzten afrikanischen Region derzeit etwa 13 Millionen Menschen unter akuter Hungersnot leiden.
    Ein winzig kleiner Bruchteil der Summen, die diese ach so wichtigen sozialen Medien angeblich wert sind, würde dieses Problem aus der Welt schaffen.
    Natürlich wäre es schrecklich, wenn wir nicht mehr auf Minitastaturen unsere Sehnen überlasten, wenn wir nicht mehr in Freak- oder Geek-Sprache unsere Sprache ad absurdum führen könnten, wenn wir uns wieder von Mensch zu Mensch zu Mensch unterhalten müssten. Wenn wir das Klopapier, das wir gerade benutzen, nicht mehr live per Webcam dieser Welt zur Verfügung stellen könnten.
    Aber (selbst ein einzelnes) verhungerndes Kind sollte uns mehr berühren und bedeuten als der Aktienkurs eines verpickelten, schüchternen und verklemmten Stalkers, dessen einzige grundlegende Firmenidee die Bewertung von Kommilitoninnen in einer geschlossenen Gruppe ohne deren Wissen war.

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