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Der tägliche Wahnsinn an Chinas Rohstoffmarkt

FMW-Redaktion

Chinesen, das ist bekannt, haben einen gewissen Hang zur Zockerei. Ob im Spielcasino in Macao, ob an den Aktienmärkten bis zum Crash im Sommer letzten Jahres – stets reizt der Kitzel des Spiels. Nun aber haben die Chinesen seit einiger Zeit ein neues Spielfeld entdeckt: die Rohstoffmärkte. Und hier ganz besonders den Markt für Eisenerz (iron ore), das für China ein extrem wichtiger Rohstoff ist.

Dieser Spieltrieb kam im Dezember des Vorjahres richtig in Fahrt: damals notierten die in Shanghai und Zhengzhou gehandelten Futures auf Eisenerz für den chinesischen Markt bei 38,30 Dollar pro Tonne. Seitdem aber hat sich der Preis verdoppelt, am gestrigen 25.April erreichte Eisenerz sein bisheriges Hoch bei 77 Dollar pro Tonne. Ein Großteil dieses Anstieges fand seit Anfang April statt, also in einem sehr kurzen Zeitraum. Dabei wurden in den letzten Tagen extrem hohe Volumina gehandelt – so überbot an zwei einzelnen Handelstagen das gehandelte Volumen den gesamten Jahresimport Chinas im Jahr 2015 – nicht gerade ein Beleg für Normalität an diesen Future-Märkten!

Und so wurde auch den Börsenbetreibern das Treiben etwas zu bunt: man erhöhte die Margins für den Handel von Eisenerz-Futures und verdoppelte die Handelsgebühren – mit bislang mäßigem Erfolg. Immerhin fiel der Preis heute Nacht nach einer irren Rally wieder auf den Bereich von 70 Dollar pro Tonne (ein Minus von 4,4% zum Vortagesschluß). Aber von Normaität nach wie vor keine Spur.

Das zeigt sich auch an der sogenannten „Backwardation“, sprich der Preis für den nächstliegenden Future-Handelsmonat liegt über dem Preis etwa für die Monate Juni oder Juli. Normalerweise bedeutet das, wie Wikipedia definiert:

„Erhöhte akute Nachfrage ist ein wichtiger Grund für Backwardation. Die aktuell vorhandene Nachfrage im physischen Markt ist größer als die Nachfrage in der Zukunft, oder anders gesagt, eine signifikante Anzahl an Käufern benötigt den Rohstoff sofort und nicht erst in Wochen oder Monaten“.

Nur braucht den Rohstoff eigentlich niemand sofort, vielmehr ist diese backwardation Ausdruck eines wilden Spekulationsfiebers, da die Käufer der Futures nicht auf die Lieferung des Rohstoffs bestehen, sondern die Kontrakte durchschnittlich nur vier Stunden halten – beim Brent-Öl sind es durchschnittlich 40 Stunden. Sprich: wilde Zockerei in Reinkultur!

Die wilde Party hat inzwischen auch auf andere Rohstoff-Futures Einfluß: so bei Coaking Cole oder Stahl. Und so mehren sich die Stimmen, die vor diesem Exzess warnen: so erwartet etwa Goldman Sachs, dass der Preis für Eisenerz wieder dahin zurück laufen wird, wo er im Dezember war: auf etwa 35 Dollar pro Tonne.

Faktisch wiederholt sich derzeit ein irrationaler Überschwang, wie wir ihn zuvor an Chinas Aktienmärkten gesehen haben – bis zum Crash. Dass es bei den Rohstoff-Märkten besser ausgehen wird als bei den Aktienmärkten, ist ziemlich unwahrscheinlich..



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