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Deutsche Börse startet „Scale“: Kein „Neuer Markt“, keine StartUps, keine Euphorie

Die Deutsche Börse hat heute ihr "neues" Marktsegment namens Scale gestartet. Dabei ist Scale nicht wirklich etwas sensationell Neues, sondern lediglich eine Art Auffrischung mit neuem Namen und etwas...

FMW-Redaktion

Die Deutsche Börse hat heute ihr „neues“ Marktsegment namens Scale gestartet. Dabei ist Scale nicht wirklich etwas sensationell Neues, sondern lediglich eine Art Auffrischung mit neuem Namen und etwas Euphorie… auch wenn diese Euphorie nirgendwo anzukommen scheint, nicht mal bei der Deutschen Börse selbst, wenn man ihre heutige Mitteilung liest. Die schreibt selbst, dass Scale den bisherigen sogenannten „Entry Standard“ ersetzt, in dem bisher schon Aktien und Unternehmensanleihen gehandelt wurden. Der Versuch eine Art Aufbruchstimmung für etwas tolles Neues zu schaffen, ist nicht besonders gut gelungen, so zumindest unsere Meinung.

Deutsche Börse AG – Bildpool Börse Frankfurt – Parkett IHK Frankfurt – Oktober 2014

Blick auf Monitore im Saal der Deutschen Börse. Foto: Deutsche Börse AG

So schreibt die Deutsche Börse Zitat:

„Mit Scale leisten wir einen weiteren Beitrag, um insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen über den Finanzplatz Frankfurt einen attraktiven Zugang zum Kapitalmarkt zu bieten.“

Keine Rede vom schnellen einfachem Geldbeschaffungs-Segment für ganz junge dynamische frische StartUps, die sofort Cash brauchen um weiter wachsen zu können. Nein, ganz im Gegenteil wirkt Scale noch mehr als der Entry Standard wie ein Segment für Unternehmen, die eh schon alles haben, was sie benötigen. Zitat Deutsche Börse:

„Zur Zielgruppe von Scale gehören Unternehmen mit erprobten Geschäftsmodellen, die sich auch bei Investoren bereits bewährt haben. Um in das neue Segment aufgenommen zu werden, sind unter anderem Mindestgrößen hinsichtlich definierter Unternehmenskennzahlen zu erfüllen sowie die Zusammenarbeit mit einem der aktuell 34 Deutsche Börse Capital Market Partner vorzuweisen, der die Eignung für das Segment prüft und die Unternehmen auch nach dem Börsengang betreut. Ebenfalls verpflichtend sind die von der Deutschen Börse beauftragten und bezahlten Research-Reports, die von Edison Investment Research und Morningstar erstellt werden.“

Wozu also überhaupt dieses neue „Scale“? Eine gute Frage. Was hieran genau den mittelständischen Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt erleichtern soll, oder für einen neuen Push sorgen soll, bleibt rätselhaft. Deutsche Börse-Chef Kengeter sagte heute dazu, dass es für Scale auch einen eigenen Index geben werde (Scale-Dax?). Dieser Index solle ein wichtiger wirtschaftlicher Indikator werden. Fazit unsererseits: Man darf nicht wirklich erwarten, dass demnächst im Segment „Scale“ Storys von aufregenden Börsengängen oder tollen Investment-Ideen die Runde machen werden. Ganz im Gegenteil, die Deutsche Börse will hier etablierte Firmen sehen.

Kengeter

Carsten Kengeter, der wie seine Vorgänger nun zu scheitern scheint beim Versuch irgendwas oder irgendwen in den USA oder in Großbritannien zu kaufen oder zu fusionieren, kann nach dem jüngsten Schock schon mal so was Schönes brauchen wie die Scale-Einführung, auch wenn sie eher eine kosmetische Auffrischung ist, und eben nicht mehr! Im Rahmen der heutigen Scale-Einführung sagte Kengeter, dass man versuchen müsse (nach der wohl gescheiterten Fusion mit London) die Deutsche Börse „wieder“ in die internationale Spitzengruppe zurückzuführen. Daraus soll man also schließen, dass die Deutsche Börse derzeit nicht zu den Spitzenbörsen weltweit gehört? Die Deutsche Börse ist also momentan kein bedeutender internationaler Börsenbetreiber? Die Deutsche Börse ist also nicht hochmodern?

Da redet sich der Herr Kengeter aber um Kopf und Kragen. Es wirkt fast so, als sei er sauer, dass er zukünftig doch nicht „Tag ein Tag aus“ sein Leben in London leben kann, wo er sich sowieso eher zuhause zu fühlen scheint. Ganz gegensätzlich sagte er dann aber auch, dass die Deutsche Börse als Unternehmen für die Zukunft sehr gut gerüstet sei. Mit der eigenen Strategie und geplanten Innovationen sei man hervorragend aufgestellt. Also was denn jetzt Herr Kengeter? Ist man nun super aufgestellt, oder ist man international nicht in der Spitzengruppe, wie Sie es heute auch sagten? Naja…

Kengeter scheint mit der Fusion mit London bereits abgeschlossen zu haben, nachdem man Anfang dieser Woche in London gesagt hatte man werde auf Bedingungen der EU-Kommission für die Zustimmung zur Fusion nicht eingehen. Laut Kengeter sei es müßig über die Gründe zu spekulieren, warum London sich so verhält. Er gehe davon aus, dass ein Abschluss der Transaktion nun unwahrscheinlicher werde. Man bedaure die Entscheidung der London Stock Exchange. Und Kengeter selbst? Eine gescheiterte Fusion, Insider-Vorwürfe. Die Fusion war sein großes Projekt!

All die Bedenken und auch Vorhaltungen der Öffentlichkeit, dass die Deutsche Börse bewertungstechnisch viel zu schlecht wegkommt bei der Fusion – alles ignorierte Kengeter, oder wischte alles bei Seite. Vor allem schien ihn das Hauptbedenken des Standortverlusts für Deutschland gar nicht wirklich zu interessieren. Eher krampfhaft versuchte er alle Bedenken bei Seite zu schieben. Die Fusion mit London stellte er stets so dar, dass die Deutsche Börse ohne Fusion fast schon untergehen würde – so hatte man in den letzten Monaten jedenfalls oft den Eindruck. Dann müsste Kengeter nach einem endgültigen offiziellen Scheitern der Fusion eigentlich seinen Hut nehmen.



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