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Die OPEC zwingt den Ölpreis in die Knie – Fracking-Industrie chancenlos

Von Claudio Kummerefeld

Der gestern veröffentlichte „OPEC Monthly Oil Market Report“ zeigt eindeutig: die OPEC zwingt den Ölpreis in die Knie. Dagegen ist die Fracking-Industrie chancenlos – ein Einblick.

Ölpreis Angebot und Nachfrage
Angebot leicht über der Nachfrage. Grafik: OPEC

Der Ölpreis und das zu hohe Angebot

Der Ölpreis fällt, und warum? Weil weltweit tatsächlich mehr Öl angeboten als nachgefragt wird. Was für eine Erkenntnis. Diese oben aufgeführten Daten zeigen: Im 2. Quartal 2015 lag die weltweite Nachfrage nach Öl bei 91,8 Mio barrel pro Tag. Auf der Angebotsseite war man bei 94,6 Mio barrel. Diese Tendenz dürfte sich in Zukunft nur wenig ändern. Oder anders gesagt: Sollten die Fracking-Unternehmen in den USA in ein paar Monaten immer noch nicht pleite sein und die reale Ölnachfrage global anziehen, kann die OPEC die Fördermenge locker aufdrehen.

Drei große Vorteile der OPEC gegenüber USA

Die OPEC fördert gut drei Mal so viel Öl wie die USA, hat also vom Volumen her mehr Marktmacht. Noch wichtiger: In den meisten OPEC-Ländern wie Saudi-Arabien muss man das Öl quasi nur unterm Wüstensand freischaufeln (vereinfachte Darstellung) um es fördern zu können, während in den USA zum Großteil die teure Fracking-Technologie benutzt werden muss, die den Produktionspreis pro barrel um ein Vielfaches teurer macht. Drittens: Staaten wie Saudi-Arabien, Iran, Abu Dhabi, Katar usw haben i.d.R. einen komplett staatlichen Ölsektor, d.h. die Ölproduktion liegt in staatlicher Hand. Somit kann die Regierung die Fördermenge zentral steuern, so wie sie es gerade braucht. Sind sich die OPEC-Mitglieder einig die Fördermenge auszuweiten, wird dies auch strukturiert umgesetzt.

In den USA ist das genau andersrum. Die Ölproduktion ist komplett in privater Hand. Das erweist sich gerade jetzt als Nachteil (auf den Ölpreis bezogen), denn trotz ständig sinkendem Ölpreis gibt es zahlreiche Fracking-Unternehmen, die meinen sie müssten derzeit ihre Produktion ausweiten, was letztlich zu noch weiter sinkenden Ölpreisen führt, und diese Firmen noch stärker im Verlust produzieren lässt. In diesem Fall hätte ein zu 100% staatlich betriebener Ölsektor von oben verordnet die Fördermenge gesenkt, um dem Ölpreis zu helfen. Natürlich soll das nicht heißen, dass Staatswirtschaft besser ist, aber wenn es um die Regulierung der Fördermenge geht, ist eine zentrale staatliche Instanz dazu besser in der Lage als hunderte Privatbetriebe, die alle nach gut Dünken erhöhen oder reduzieren.

OPEC Juli-Bericht drückt Ölpreis

Die Öl-Fördermenge der OPEC im Juli lag bei 31,5 Mio barrel pro Tag – das war das höchste Niveau seit drei Jahren. Dementsprechend fiel der Ölpreis (WTI) gestern weiter unter die 43 Dollar-Marke. Jetzt ist er nur noch 1 Dollar vom März-Tief entfernt.

Es ist paradox. Die Amerikaner beschweren sich (hinter vorgehaltener Hand) über die Überschwemmung des Weltmarkts durch die OPEC, aber schaut man sich nur mal die Anzahl der Bohrlöcher an, die weltweit aktiv betrieben werden (rig counts), stellt man fest, dass die OPEC-Länder mit 553 auf dem niedrigsten Stand seit 2012 sind. Man hat hier die bestehenden Felder stärker ausgebeutet, um auf eine höhere Fördermenge zu kommen. Gerade die USA und Kanada, wo Produzenten dringend einen höheren Ölpreis brauchen, haben jüngst die Anzahl der Bohrlöcher wieder erhöht, besonders Kanada hat von Juni auf Juli um 55 Stück erhöht. Hier haben wir wieder das Thema „zentrale Steuerung“, die gut tun würde, wenn man einen höheren Ölpreis am Markt haben will.

OPEC rig counts Ölpreis
rig counts für Öl und Gas. Grafik: OPEC

Jetzt kommt noch der Iran dazu

Der Iran hat mit 2,86 Mio barrel im Juli so viel Öl produziert wie seit 2012 nicht mehr. Nur ein kleiner Vorgeschmack auf die tatsächliche Aufhebung der Sanktionen. Viele Experten meinen die aus dem Iran anstehende Ölschwemme sei gar nicht so groß und bereits im Ölpreis bereits berücksichtigt. Das sehen wir anders. Die Tanker vor der iranischen Küste sind randvoll, liegen dort auf Reede und warten nur darauf endlich unbegrenzt ausliefern zu können.

US Ölexportverbot muss weg… aus US-Sicht

Aus amerikanischer Sicht ist es sehr wichtig, dass das eigene Exportverbot für Öl endlich aufgehoben werden muss: Das in den USA produzierte Öl muss bisher fast komplett im Inland verbleiben. Das Überangebot drückt den Ölpreis (WTI) stärker runter als den Preis für Brent-Öl (Nordseeöl), das für Europa, den nahen Osten, Russland etc als Barometer angesehen wird. Brent notiert 5 Dollar höher, und das schon seit geraumer Zeit. Würden die USA exportieren können, würden sich die Preise tendenziell angleichen, d.h. WTI würde steigen.

Der durchschnittliche Öl-Verkaufspreis aller OPEC-Staaten lag im Juli bei 54,19 US-Dollar, also noch leicht unter dem Durchschnitt des Brent-Preises im Juli. Da fuhr man am US-Ölmarkt schon deutlich schlechter. US-Produzenten sahen sich heimischen WTI-Preisen (im Future) von um die 50 Dollar ausgesetzt (aktuell 43 Dollar). Fast eine Ironie der Geschichte, wie man so schön sagt: die OPEC-Länder produzieren i.d.R. deutlich günstiger als die US-Produzenten, und erzielen dank des Exportverbots der US-Regierung auch noch höhere Preise für ihr Öl als die US-Produzenten.

Fazit

Gegen die OPEC-Staaten können die Fracking-Unternehmen in den USA nicht mithalten. Die Saudis und ihre Verbündeten müssen selbst entscheiden, wie lange sie den Ölpreis so tief oder noch tiefer halten wollen. Entscheidend ist wohl, wie lange die Fracking-Industrie in Nordamerika noch durchhalten kann. Findet man Anschlussfinanzierungen auf dem Junk Bond-Markt? Reicht das Hedging am Future-Markt aus, um die Verluste auszugleichen?


Hier finden Sie den Monthly Oil Report der OPEC.



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3 Kommentare

  1. Ist die Welt „Short“ auf Amerika?

  2. Wenn die USA 9 Mio b/d importieren und davon 5 Mio. b/d verarbeitet exportieren, sind sie Nettoimporteure von 4 Mio b/d. Wie lange die Reserven der OPEC wirklich reichen ist unklar. Es ist auf keinen Fall verkehrt, wenn die USA dem Frieden mit den tiefen Ölpreisen nicht trauen. Nebenbei kommt ein beträchtlicher Teil des Öls aus politisch instabilen Regionen. Als „Westen“ würde ich einem Scheich soweit trauen, wie ich ihn werfen könnte…. Erfahrungen gab es genug. Tiefere Ölpreise kann man nur prima finden. Solange jemand zu dem Preis liefern kann, prima!

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