Anleihen

Die seltsame Informationspolitik der EZB

Von Markus Fugmann

Die EZB will Reden ihrer Ratsmitglieder zukünftig nicht mehr vorab mit Sperrfrist an Journalisten weitergeben. Wie ein Sprecher der EZB sagte, sei ein solcher Schritt schon länger diskutiert worden und werde nun umgesetzt. Als Begründung verwies der Sprecher auf die zunehmenden Probleme, welchen Journalisten die Reden vorab zugänglich gemacht werden sollten.

Dass dieser Schritt aussgerechnet jetzt erfolgt, hat jedoch ein „Geschmäckle“: am Montag Abend hatte EZB-Mitglied Coeure auf einer nicht-öffentlichen Veranstaltung für Hedgefonmanager und Banker den Anwesenden mitgeteilt, was der Öffentlichkeit erst am Folgetag bekannt wurde: dass die EZB das Volumen ihrer Anleihekäufe im Mai und Juni erhöhen werde, da in den Sommermonaten weniger Liquidität an den Märkten vorhanden sei. Dieses Vorhaben der EZB hatte am Dienstag den Dax und andere europäische Indizes stark beflügelt, ebenso die Anleihemärkte, während der Euro stark unter Druck geriet. Die Anwesenden auf der Konferenz in London hatten also vorab Kenntnis von einer Nachricht, die erhebliche Kursrelevanz hatte. Laut EZB-Sprecher hätte die Rede von Coeure eigentlich zum Zeitpunkt ihres Haltens veröffentlich werden sollen. Fehler bei der internen Abstimmung hätten aber dazu geführt, dass dies erst am nächsten Morgen passiert sei.

Dass die EZB ausgerechnet jetzt ihre bisherige Praxis beendet, Journalisten Redetexte vorab zugänglich zu machen, ist daher mehr als unglücklich. Schon die Begründung mutet seltsam an: die Frage, welchen Journalisten solche Vorabinformationen mit Sperrfrist vorab mitgeteilt werden, stellt sich immer – warum das nun schwieriger geworden sei, erschließt sich nicht recht. Offenkundig fürchtet die europäische Notenbank „leaks“, nachdem in letzter Zeit häufiger sensible Informationen durchgestochen worden waren.



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