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Die Sparkassen mit deftiger und klarer Kritik zur aktuellen EZB-Politik

FMW-Redaktion

Gerade die kleinen Banken und Sparkassen leiden aufgrund der kaum noch vorhandenen Zinsmarge unter der Nullzins-Politik der EZB. Zwei Tage vor der Verkündung von wahrscheinlich noch tieferen Negativzinsen durch die EZB veröffentlicht der Dachverband „Deutscher Sparkassen- und Giroverband“ (DSGV) nun ein von diversen Volkswirten einzelner Sparkassen erstelltes Positionspapier, in dem man ganz direkt sagt „Geldpolitik wirkungslos, Geldpolitik weitgehend ohne realwirtschaftliche Effekte“, so die Headline einer der Hauptkritikpunkte an der EZB.

Der DSGV sieht „seine“ Kleinsparer durch die EZB genötigt von praktisch zinslosen Anlagen auf risikoreiche hochverzinsliche Anlagen oder Aktien auszuweichen. Und in der Tat, so ist es. Will der Kleinsparer nicht Jahr für Jahr de facto enteignet werden, muss er ins Risiko gehen. Nötigung, Erpressung? Das Ziel der EZB ist es ja eigentlich die wirtschaftliche Aktivität anzuregen, und hierfür sollen Unternehmen und Konsumenten aufhören zu sparen und lieber konsumieren. Der DSGV hierzu Zitat:

„Die EZB hofft, mit einer Kombination aus weiteren Zinssenkungen und dem Aufkauf von risikoärmeren Wertpapieren private Haushalte, Kreditwirtschaft, Finanzmärkte und Unternehmen zu mehr Investitionen im realwirtschaftlichen Bereich zu veranlassen. Da die Wertpapierkäufe den risikolosen Zins nach unten ziehen, sollten sich Investoren gezwungen sehen, auf alternative risikoreichere Anlagen wie Aktien oder Immobilienvermögen auszuweichen, deren Preise in der Folge steigen. Dies sollte private Anleger genauso wie institutionelle Investoren betreffen. Dass durch den Anstieg des Reinvermögens für Haushalte und institutionelle Investoren sowie die Aussicht auf zukünftige Kursgewinne an den Finanzmärkten günstige Effekte auf die realen Größen wie Investitionen und Konsum folgen, ist jedoch in der gegenwärtigen Wirtschaftslage angesichts des fehlenden Vertrauens nicht schlüssig. Zwar hat es mit Blick auf die Strukturreformen bspw. in Spanien durchaus auch durch die Geldpolitik unterstützende Wirkungen gegeben. Dennoch bleiben die Wirkungen insgesamt gering. Und ohnehin entwickelt sich der Konsum in wichtigen Volkswirtschaften wie zum Beispiel in Deutschland angesichts der guten Arbeitsmarktlage, steigender Verfügbarer Einkommen und geringer Preissteigerungen sowie auch durch den schwachen Eurokurs bereits jetzt sehr gut. Von daher bleiben die Auswirkungen über diesen Wirkungskanal eng begrenzt.“

Wir hatten vorhin in unserem heutigen EZB-Artikel u.a. darauf hingewiesen, dass die Kreditvergabe in der Eurozone trotz aller Anstrengungen der EZB nicht anzieht. Dies bestätigt der DSGV heute sozusagen aus erster Hand mit dem Hinweis, dass man zwar genug Kredite anbiete, aber anscheinend auf der Nachfrageseite nichts passiert, Zitat:

„Und auch von Bankenseite wird aktuell in den meisten Ländern genügend Kredit angeboten. Dies wird auch an den verbesserten Konditionen im Bank Lending Survey deutlich, den die EZB selbst bereitstellt. Danach sind im Euroraum insgesamt spürbare Erleichterungen festzustellen, die in Ländern wie Deutschland und Spanien schon länger bestehen. Es kommt aber nicht zu dem notwendigen stärkeren Investitionsschub. Nach wie vor fehlt das Vertrauen des Mittelstands in eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung. Insofern bleibt die konjunkturelle Wirkung zusätzlicher Zinssenkungen gerade aus Sicht des Mittelstands begrenzt. Und im Übrigen besteht hier auch ein Widerspruch zur erhöhten Belastung der Banken durch immer neue und aufwändige Regulierungen. Solche Überregulierungen gefährden die Kreditversorgung des Mittelstands viel eher als umgekehrt das ohnehin schon sehr niedrige Zinsniveau sie stimulieren könnte.“

Auch weist das DSGV-Papier auf den Umstand hin, dass die Lockerung und die damit verbundene Schwächung des Euro nur dann etwas bringt, wenn sonst keiner mitzieht. Aber andere Notenbanken würden nachziehen und ebenfalls ihre Währungen abwerten. Und wozu führt das? Richtig, ein Nullsummenspiel. Verlierer gibt es trotzdem, die kleinen Banken und die Sparer! Der DSGV weist mit ganz klaren Worten auf einen Umstand hin, vor dem bereits seit Monaten immer mehr Marktbeobachter warnen. Nullzinsen und jetzt vor allem die ansteigenden Negativzinsen gefährden die Finanzmarktstabilität, genauer gesagt die Stabilität kleiner Banken und Sparkassen, weil ihre Zinsmarge entfällt und sie somit ihre Kosten immer schwieriger decken können. Das Resultat: Sie müssen mit anderen Sparkassen fusionieren, Filialen schließen, Mitarbeiter entlassen, Gebühren erhöhen uvm. Auf diesen Umstand geht das Papier nicht direkt ein, sondern umschifft es eher indirekt, Zitat:

„Das Ziel der Preisniveaustabilität gerät mehr und mehr in Konflikt mit dem Ziel der Finanzmarktstabilität. Eine Ausweitung der Strafzinsen auf Einlagen würde u.a. das Bankensystem im Euroraum weiter destabilisieren. Die Gefahr der Entstehung von Vermögenspreisblasen nimmt schon mit der Dauer der gegenwärtig ausgesprochen laxen Geldpolitik zu. Die damit verbundenen negativen Verteilungseffekte sind ebenfalls nicht zu unterschätzen.“

Dass der niedrige Ölpreis die Inflation drückt, wird von den Experten der Sparkassen eher positiv bewertet. Sie betrachten den Ölpreis-Verfall für sich genommen und kommen zur selben Einschätzung wie einige andere Marktbeobachter auch (u.a. Stefan Riße):

„Die sehr niedrigen europäischen Teuerungsraten des letzten Jahres sind hauptsächlich auf die stark gesunkenen Rohölpreise zurückzuführen. Für sich genommen stellt dieser Angebotsschock ein willkommenes Konjunkturprogramm für den Euroraum dar, dem allerdings eine schwächere Exportnachfrage aus den ölexportierenden Ländern gegenübersteht, die aktuell zudem ungewöhnlich schnell und auch intensiv zur Geltung kommt. In der Summe dürfte für den Euroraum aufgrund der höheren realen Kaufkraft der Konsumenten und den niedrigeren Energiekosten für die Unternehmen dennoch ein erfreulicher Wachstumsbeitrag verbleiben.“

Was sind die Schlussfolgerungen der Sparkassen-Experten bzgl. der aktuellen EZB-Politik:

Die EZB soll sich vorübergehend von ihrem 2% Inflationsziel verabschieden.

Die EZB soll sich nicht von den Erwartungen des Marktes auf noch mehr Stimulus treiben lassen.

Die Staaten der Eurozone sollen endlich „ihren“ Job machen und die EZB entlasten (das fassen wir mal so zusammen).

„Auch stellt sich die Frage, ob nicht in der besonderen Wirtschaftslage, wie sie aktuell im Euroraum und weltweit vorherrscht, eine Abweichung vom Zwei-Prozent-Ziel für eine gewisse Zeit hinnehmbar erscheint. Zwar sollte grundsätzlich an dem Ziel „unter aber nahe 2 Prozent“ festgehalten werden, aber in der Übergangszeit bis zu einer Normalisierung von Investitionen und Wirtschaft bleibt dieses Ziel kurzfristig schwer erreichbar.“

„Insgesamt betrachtet, setzt die EZB nach wie vor offensichtlich vor allem auch auf die von Zinssenkungen und weiteren Wertpapierkäufen ausgehenden Signalwirkungen. Diese sind so jedoch in der Realität schon seit Längerem nicht mehr zu beobachten. Mitunter wird vielmehr schon von einer erschöpften Notenbank gesprochen. Die Entscheidung für weitere expansive geldpolitische Maßnahmen wäre daher kritisch. Einerseits bleibt unklar, ob es der EZB damit gelingt, tatsächlich die Inflationserwartungen zu erhöhen und die Realzinssätze zu senken. Vor allem aber leistet die EZB mit übereilten geldpolitischen Maßnahmen einer Krisenstimmung und damit einem weiteren Vertrauensverlust im Euroraum Vorschub. Eine weitere geldpolitische Expansion kann damit sogar kontraproduktiv wirken.“


Hier finden Sie das gesamte Positionspapier.



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1 Kommentar

  1. Dann sollten diese Sparkassen und Banken doch für einen Tag mal alle ihre Mitarbeiter landesweit zum Demonstrieren für die Sache auf die Straße schicken. Nur so gewinnt man die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und damit vielleicht eine größere Unterstützung gegen diese sinnlose und falsche Geldpolitik. Mit Schreiben ist doch überhaupt nichts mehr zu bezwecken. Das ist wie dem Ochs ins Horn gepetzt!

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