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Diese Meldung aus der Schweiz zeigt, wohin künstliche Marktverzerrungen führen können

FMW-Redaktion

Die Schweizer Nationalbank fror den Schweizer Franken gegenüber dem Euro mehrere Jahre ein, damit er nicht weiter aufwertet. Der Grund: Durch einen teureren Franken werden Urlaube und Einkäufe für Ausländer in der Schweiz immer teurer, Schweizer Industrieprodukte werden für Unternehmen aus dem Euroraum auch immer teurer. Da dachte man es gäbe die perfekte Lösung. Einfach brutal dagegenhalten, jahrelang gigantische Berge an Notenbank-Franken aus dem nichts erschaffen und auf den Markt schmeißen um den Franken bei der 1,20 für einen Euro zu halten.

Aber irgendwann gab die Schweizer Nationalbank (SNB) nach. Am 15. Januar 2015 war es dann so weit, und ohne Vorwarnung hob man die 1,20-Barriere auf, in dem man nicht weiter am Devisenmarkt intervenierte. Innerhalb weniger Sekunden rauschte das Währungspaar Euro vs. Schweizer Franken (EURCHF) von 1,20 runter auf 0,85. Im Laufe der letzten 12 Monate stieg man dann im Schneckentempo wieder an auf jetzt 1,09, aber immer noch handelt es sich um eine kräftige Aufwertung des Schweizer Franken.

EURCHF
Der Kurs vom Euro vs. Schweizer Franken seit 2013. Am 15.01.2015 der massive Einbruch nur Sekunden nach dem Aufheben der 1,20 Schwelle durch die Schweizer Nationalbank.

Die befürchteten Folgen traten ein, Waren und Urlaube in der Schweiz wurden für Ausländer auf einen Schlag deutlich teurer, die Hotel-Buchungen gingen zurück. Schweizer stürmten Elektronikmärkte in Deutschland direkt hinter der Grenze um jetzt mit ihrer deutlich wertvolleren Franken schön billig in der EU einzukaufen. Auch dadurch gingen der Schweizer Volkswirtschaft Umsätze verloren. Aber am aller deutlichsten zeigt sich die Auswirkung dieser jahrelangen künstlichen Verzerrung des Franken beim Kurzarbeitergeld. Dies wird ähnlich wie in Deutschland Unternehmen als Lohn-Subvention gezahlt, damit sie ihre Arbeitnehmer weiter im Betrieb halten, auch wenn die Einnahmen des Betriebs das nicht mehr zulassen.

Dieses Schweizer Kurzarbeitergeld läuft aber bisher nur 12 Monate, und uppps siehe da, wir haben jetzt fast auf den Tag genau 1 Jahr nach der EURCHF-Debakel. Natürlich brach die Wirtschaft in der Schweiz nicht gleich am 16. Januar 2015 brutal ein, aber in den folgenden Wochen wurden die Auswirkungen schnell sichtbar. Heute nun hat das Schweizer Wirtschaftsministerium verkündet das bisher 12 Monate gültige Kurarbeitergeld um 6 Monate auf insg. 18 Monate zu verlängern. Man beruft sich in der Headline der Mitteilung sogar explizit auf die „Frankenstärke“.

Hätte die SNB keine jahrelange künstliche Verzerrung eingebaut, hätte sich die Schweizer Wirtschaft im Lauf der letzten drei Jahre in Eigenregie auf einen nach und nach langsam steigenden Franken einstellen können. Aber so auf einen Schlag ging viel kaputt, und es blieb kaum Zeit für die Unternehmen sich anzupassen, z.B. neue Märkte zu suchen oder die Produktivität zu erhöhen. In einem unbeeinflussten Markt hätte man sich nicht auf einer Garantie der Notenbank ausruhen können – jetzt müssen die Folgen dieser Verzerrung mit staatlicher Unterstützung abgefedert werden. Staatliche Einflussnahme mag in einigen Bereichen der freien Wirtschaft sehr sinnvoll sein, aber die jahrelange Verzerrung der eigenen Währung war kein sinnvoller Eingriff „in den freien Markt“.


Hier die Originalmeldung aus der Schweiz:

Frankenstärke: Verlängerung der Bezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung

Bern, 13.01.2016 – Der Bundesrat hat am 13. Januar 2016 die Höchstbezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung von zwölf auf achtzehn Monate verlängert. Gleichzeitig wird die Karenzzeit auf einen Tag pro Abrechnungsperiode reduziert. Diese Verordnungsänderung tritt am 1. Februar 2016 in Kraft und gilt bis am 31. Juli 2017. Die vom starken Schweizer Franken betroffenen Unternehmen haben dadurch mehr Zeit, um sich an die neue Marktlage anzupassen.

Bis Ende Januar 2016 konnten Unternehmen während maximal zwölf Monaten innerhalb von zwei Jahren Kurzarbeitsentschädigung geltend machen. Durch die Verlängerung dieser Höchstbezugsdauer auf achtzehn Monate per 1. Februar 2016 haben die betroffenen Unternehmen mehr Zeit, um sich an die neue Ausgangslage anzupassen und allenfalls neue Absatzmärkte zu erschliessen. Von der Möglichkeit profitieren sowohl die Beschäftigten als auch die Unternehmen. Die Beschäftigten bleiben im Betrieb und sind versichert. Den Unternehmen bleibt das Know-how der Mitarbeitenden erhalten.

Im Jahr 2016 wird mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,6 Prozent gerechnet, was spürbar über dem langfristig erwarteten schweizerischen Mittelwert liegt. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist Kurzarbeit ein wirksames Mittel, um voreilige Entlassungen zu verhindern. Um einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, hat der Bundesrat deshalb die Verlängerung der Bezugsdauer von Kurzarbeitsentschädigung und die Reduktion der Karenzzeit beschlossen. Die Karenzzeit wurde von zwei beziehungsweise drei Tagen auf einen Tag reduziert.

Die Schweizerische Nationalbank hatte am 15. Januar 2015 bekannt gegeben, dass sie den Mindestwechselkurs von 1.20 Schweizer Franken pro Euro nicht mehr halten werde. Daraufhin hat der Schweizer Franken gegenüber dem Euro stark an Wert gewonnen. Insbesondere die exportorientierten Unternehmen und deren Zulieferbetriebe leiden seither unter Arbeits- und Ertragsausfällen. Mit Weisung vom 27. Januar 2015 hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) bekannt gegeben, dass diese Währungsschwankung als ausserordentlich erachtet werde und deshalb als Begründung zum Bezug von Kurzarbeitsentschädigung anerkannt werde.




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3 Kommentare

  1. Herr Fugmann, wie ist ihre Einschätzung zu:

    Werden die Notenbanken einem weiteren Kursverfall gegensteuern?

    1. Wird die FED den Zinserhöhungszyklus stoppen?
    2. Wird die EZB eine Schippe drauflegen?
    3. Wird die japan. Notenbank „all in“ gehen?

    1. @V,

      das ist ein großes Thema. Ich versuche, darüber in den nächsten Tagen einen Ausblick zu geben..

      Viele Grüsse!

      1. Super, danke.

        Irgendwie kann es ja nicht im Interesse der Notenbanken sein, wenn die Aktienmärkte crashen. Der mühsam aufgebaute „Vermögenseffekt“ den die Notenbanken durch Aufblasen der Aktienblase erreicht haben wäre binnen Kurzem dahin und wir hätten die Finanzkrise 2.0.

        Bezüglich FED wäre es zudem heikel, wenn im Präsidentschaftswahljahr die Kurse einbrechen und diese Kurseinbrüche in Folge sogar die Wirtschaft trifft, die ja eh nicht gut läuft.

        Und die EZB und Japan könnten durch den Rohstoffpreisverfall drohen in die Deflation abzudriften… ein Albtraum für jeden Notenbänker und DAS dejavu aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.

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