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EU-Investitionen in Infrastruktur: Häfen bauen, die kein Schiff anläuft, phantastisch!

Verschwendung von Steuergeldern durch völlig sinnfreie "Infrastrukturprojekte" gibt es auch auf nationaler Ebene reichlich. Aber einen Hafen zu bauen, den kein Schiff anläuft, weil erstens kein Bedarf vorhanden ist, und zweitens...

FMW-Redaktion

Verschwendung von Steuergeldern durch völlig sinnfreie „Infrastrukturprojekte“ gibt es auch auf nationaler Ebene reichlich. Aber einen Hafen zu bauen, den kein Schiff anläuft, weil erstens kein Bedarf vorhanden ist, und zweitens direkt nebenan bereits ein Hafen existiert: Das ist dann ein optisch sehr schöner Hingucker für das völlige Versagen oder die völlige Inkompetenz von Entscheidern.

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Beispielfoto: Containerterminals in Hamburg. Foto: Michael Movchin (CC BY-SA 3.0)

Hier einige Ausschnitte aus einem heute veröffentlichten Report des Europäischen Rechnungshofes zum Thema EU-Investitionen in Häfen und Hafenanlagen für den Zeitraum 2000-2013:

„Mit jedem dritten Euro, der für die untersuchten Projekte ausgegeben wurde (194 Millionen Euro), wurden Anlagen finanziert, die bereits an anderer Stelle in der Nähe vorhanden waren. 97 Millionen Euro wurden in Infrastruktur investiert, die mehr als drei Jahre nach ihrer Fertigstellung entweder gar nicht oder nur völlig unzureichend genutzt wurde.“

„Insgesamt waren im Zeitraum 2000-2013 Finanzhilfen und Darlehen in Höhe von 17 Milliarden Euro bereitgestellt worden. Im Zuge der Prüfung besuchten die Prüfer 19 Seehäfen in fünf EU-Ländern – Deutschland, Italien, Polen, Spanien und Schweden. Sie stellten fest, dass die vorhandenen langfristigen Strategien keine solide Basis für die Hafenkapazitätsplanung bildeten. Weder die EU noch die Mitgliedstaaten hatten einen strategischen Überblick darüber, in welchen Häfen Fördermittel benötigt wurden und mit welchem Ziel. Vor diesem Hintergrund führte die Finanzierung ähnlicher Arten von Infrastruktur in benachbarten Häfen zu unwirksamen und nicht nachhaltigen Investitionen.“

„Die jeweiligen Hafenbereiche in vier Häfen wurden nach wie vor entweder gar nicht oder nur sehr wenig genutzt. Im fünften Hafen fand überhaupt kein Betrieb statt.“

„Die Bedarfsbewertungen sind unzulänglich, und es besteht ein hohes Risiko, dass die investierten Mittel verschwendet wurden. Insgesamt gilt dies für untersuchte Investitionen in Höhe von fast 400 Millionen Euro.“

„Überdies fand in Bezug auf die Finanzierung von Hafeninfrastrukturen keine sachgerechte Koordinierung zwischen der Kommission und der EIB statt: Dadurch, dass die EIB benachbarten Häfen außerhalb der EU (z. B. in Marokko) Darlehen gewährte, war die Wirksamkeit der EU-Investitionen in EU-Häfen beeinträchtigt.“

„In 14 untersuchten Häfen fehlten außerdem zahlreiche Straßen- und Schienenverbindungen mit dem Hinterland (oder die Verbindungen waren unzureichend). Hierfür werden noch weitere öffentliche Mittel eingesetzt werden müssen, damit die ursprünglichen Investitionen in die Häfen die beabsichtigte Wirkung entfalten.“

Man könnte es auch im Klartext formulieren: Es wurden einfach so Häfen gebaut, um kurzfristig Jobs auf dem Bau zu schaffen, und „dem Volk“ zu zeigen, dass die Politik aktiv ist, etwas macht, investiert… super, toll, schaut her, wir machen was für euch, hier entstehen Arbeitsplätze… ? Dilettantisch, traurig, peinlich, und vielleicht auch kriminell was hier gemacht wurde? Unfassbar meinen wir! Über Elbphilharmonie und BER kann man ja wenigstens streiten, ob das sinnvolle Projekte sind, aber einen Hafen direkt neben einen anderen Hafen zu bauen, obwohl gar keine Extra-Nachfrage dafür vorhanden ist, das ist einfach unfassbar. Und dann noch nebenan außerhalb der EU Konkurrenzhäfen parallel zu fördern, setzt der Idiotie noch die Krone auf! Das sind die Empfehlungen des Rechnungshofs:


• Korrektur der Anzahl der „Kernnetzhäfen“ (derzeit 104) und Erstellung eines EU-weiten Hafenentwicklungsplans;

• Erwägung der Möglichkeit, Hafeninfrastruktur für Containerumladung und -lagerung sowie Suprastrukturen, die nicht in den Aufgabenbereich der öffentlichen Hand fallen, von einer EU-Unterstützung auszunehmen;

• Sicherstellung, dass alle wesentlichen Darlehensinformationen zu vorgeschlagenen EIB-Darlehen zwischen der EIB und der Kommission ausgetauscht werden;

• Priorisierung von Kernnetzhäfen und zentralen Wasserwegen und Bereitstellung von EU-Beihilfen für Investitionen nur bei klar ermitteltem EU-Mehrwert und ausreichenden privaten Investitionen;

• Herausgabe spezifisch auf Häfen bezogener Leitlinien zu staatlichen Beihilfen sowie Überwachung und Weiterverfolgung früherer Beschlüsse zu staatlichen Beihilfen;

• Verringerung des Verwaltungsaufwands und der Verzögerungen durch Förderung einziger Anlaufstellen („One-Stop-Shops“) auf mitgliedstaatlicher Ebene, die für die Erteilung von Genehmigungen und Zulassungen zuständig sind;

• Verbesserung der Wettbewerbsposition des Seeverkehrs gegenüber den anderen Verkehrsträgern durch weitere Vereinfachung der im Seeverkehr einzuhaltenden Formalitäten und der Zollformalitäten.




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1 Kommentar

  1. Vorschlag: Jeder EU Entscheider muss sich mit einem Prozentsatz X seiner Pensionsrückstellungen (X darf nicht zu klein sein!) persönlich an den vorgeschlagenen Projekten beteiligen. Wetten, dass wir dann kein Problem mehr hätten?

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