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EU-Parlament beschließt weltweite Steuertransparenz für Konzerne – schönes Schlupfloch inklusive

Das EU-Parlament hat eine an sich tolle Sache beschlossen. Nach EU-Angaben gehen den EU-Staaten jedes Jahr alleine 50-70 Milliarden Euro Körperschaftssteuer verloren, weil Konzerne...

FMW-Redaktion

Das EU-Parlament hat eine an sich tolle Sache beschlossen. Nach EU-Angaben gehen den EU-Staaten jedes Jahr alleine 50-70 Milliarden Euro Körperschaftssteuer verloren, weil Konzerne Gewinne beispielsweise verlagern. Jetzt hat man in einer ersten Abstimmung dafür plädiert, dass es eine richtige globale Steuertransparenz geben muss für Konzerne, die in der EU tätig sind. Die Abstimmung fiel eindeutig aus mit 534 JA-Stimmen, bei 98 NEIN-Stimmen und 62 Enthaltungen.

Worum geht es genau? So genau ist nicht zu durchschauen, wo auf dem Planeten Konzerne Umsätze tätigen, wo sie überhaupt tätig sind, oder wohin Gewinne verschoben werden. Das gibt den international tätigen Konzernen die Möglichkeit Gewinne zu verschieben und Steuerlasten zu drücken. Die EU-Abgeordneten unterstützten daher einen Vorschlag, nach dem multinationale Unternehmen ihre erzielten Gewinne und die darauf entrichteten Steuern nach Ländern aufgeschlüsselt melden müssen.

Hier im Wortlaut vom EU-Parlament:

Nach dem Vorschlag müssten multinationale Unternehmen mit einem weltweiten Umsatz ab 750 Millionen Euro ihre Steuerinformationen in jedem Steuergebiet, in dem sie tätig sind, in einem Standardformular veröffentlichen. Diese Daten wären dann über die Firmenwebseite frei erhältlich.
Das Unternehmen muss seinen Bericht auch in ein öffentliches von der Kommission verwaltetes Register einstellen.

Der Bericht muss folgendes beinhalten:

– den Namen des Unternehmens und gegebenenfalls eine Liste aller seiner Tochterunternehmen, eine kurze Beschreibung der Art ihrer Tätigkeiten und ihre jeweiligen geographischen Standorte;
– die Zahl der Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten;
– den Betrag der Nettoumsatzerlöse;
– ausgewiesenes Kapital;
– den Gewinn oder Verlust vor Ertragsteuern;
– den Betrag der im betreffenden Geschäftsjahr von Unternehmen und Zweigniederlassungen mit Steuersitz im jeweiligen Steuergebiet entrichteten Ertragsteuern;
– den Betrag der einbehaltenen Gewinne;
– ob Unternehmen, Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen von einer bevorzugten steuerlichen Behandlung profitieren.

Das finden wir gut, wirklich! Damit können inländische Steuerbehörden und auch Presseorgane beispielsweise leichter nachvollziehen, ob ein Unternehmen massiv Gewinne über fingierte Lizenzgebühren in Steueroasen transferiert. Gegenmaßnahmen sind so leichter möglich. Aber wie fast immer gibt es auch diesmal ein Problem. In den Entwurf hat man eine wunderschöne Ausnahme von dieser Regelung eingebaut.

Die Unternehmen dürfen von dieser Transparenzpflicht abweichen, falls sie beweisen können, dass die Veröffentlichung von Details ihrem Geschäft schaden würde. Es gehe hierbei um den „Schutz wirtschaftlich sensibler Daten“, indem man den Mitgliedsstaaten erlaube Ausnahmen von der Veröffentlichung einzelner Auskünfte zu gewähren. Diese Ausnahmen müssen Jahr für Jahr erneuert werden, und gelten nur im Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats. Wenn die Mitgliedstaaten eine solche befristete Ausnahme gewähren, müssen sie dies der Kommission mitteilen und ihr auf vertrauliche Art die nicht aufgenommene Information zusammen mit einer detaillierten Begründung für die gewährte Ausnahme übermitteln.

Im Klartext: Alle wichtigen Infos wird ein Konzern wohl nicht veröffentlichen mit dem Hinweis, dass diese Infos derart wichtig und sensibel sind, dass die Konkurrenten sie nicht erfahren dürfen – sonst wäre das geschäftsschädigend. Darauf wird es wohl hinauslaufen. Schade, denn im Großen und Ganzen ist die Idee dieser Transparenzpflicht eine tolle Idee! Dieser erste Berichtsentwurf des Parlaments wird nach erfolgreicher Abstimmung nun in die Ausschüsse verwiesen. Danach beginnen Verhandlungen mit dem EU-Rat, mit dem Ziel eine Einigung in auf Grundlage des Mandats des Plenums zu erreichen.

Wohl nach dem Motto „besser als gar nichts“ zeigt sich der grüne EU-Abgeordnete und renommierte Experte Sven Giegold erfreut über das Ergebnis.


© European Union, 2016 / Photo: Etienne Ansotte



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2 Kommentare

  1. Es ist wie immer, beschlossen gegen die großen Konzerne wird nichts, das hat die EU hiermit wieder einmal gezeigt.
    Macht man nun das Tor halb zu, hat man die Mittelständler die EU weit tätig sind dingfest gemacht, wie gewollt?

  2. Gesetze werden hierzulande anders verfasst: diese haben ein Ziel (KMU abwürgen und knechten) und einen eingebauten Weg zur Vermeidung des Inhalts (nur dem Ersteller bekannt). Dann muss man nur noch wissen wer die meiste Lobby hat, um solche Gesetze zu beeinflussen oder gar direkt zu schreiben. Damit behalten die Monopolisten die Marktkontrolle und -steuerung, denn würden andere zur Größe aufblühen, müssten die alteingesessenen Fettwanste das bestehende Energieniveau des Markte mit selbigen teilen (ökonomische Energie abgeben) – und dies passt denen schon mal gar nicht.

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