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Euro-Notenbanken: Verdeckte Staatsfinanzierung? Kontroverse entbrennt…

FMW-Redaktion

EZB-Direktor Yves Mersch ist der Meinung es wäre besser nicht alle Daten zum ANFA-Abkommen zu veröffentlichen. Den Erklär-Artikel der EZB, was ANFA überhaupt ist, hatten wir gestern veröffentlicht. Aber die harten Fakten, Inhalte, Zahlen, welche Anleihen gehalten werden, von welcher Notenbank was genau, das ist nach wie vor geheim. Damit existiert de facto eine Art Parallel-QE außerhalb der EZB selbst – aber EZB-Dirktor Mersch verkündete vor Kurzem genau wie es der offizielle Text der EZB aussagt, dass man alles unter Kontrolle habe.

ANFA Yves Mersch
EZB-Direktor Yves Mersch. Foto: Rudolf Simon / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Über jedes durch eine nationale Notenbank angekaufte Wertpapier werde die EZB monatlich informiert, so Mersch, auch wöchentlich gebe es Informationen. Auch müssten die nationalen Notenbanken im Vorhinein an die EZB melden, wenn Käufe ein bestimmtes Nivau überschreiten. Damit möchte Mersch wohl den Eindruck erwecken, dass die EZB alles unter Kontrolle hat, was bei den Notenbanken so getrieben wird. Das gestrige EZB-Papier spricht aber eindeutig von Handlungen der Notenbanken in nationaler Souveränität. Dort spricht die EZB von „nationalen Aufgaben“ der jeweiligen Notenbanken, die diese in eigener Verantwortung durchführen würden.

Mersch sagte auf einer Veranstaltung in Frankfurt auch, dass es eine Reihe von Ländern gäbe, die gegen eine Veröffentlichung der harten ANFA-Fakten seien, also z.B. welche Notenbank wie viele Schulden ihrer Länder in den Büchern hat. Die 19 Notenbanken würden jedes Jahr untereinander aushandeln, wie viel jede letztlich selbst kaufen darf. Da werde gefragt, was der andere nächstes Jahr brauche. Klingt in unseren Augen eher nach Jahrmarkt als nach einer striken zentralen Kontrolle durch den EZB-Tower in Frankfurt.

Gestern berichteten wir über den Wunsch der Bundesbank, dass alles bzgl. ANFA offengelegt werden soll. Das ist nachvollziehbar, wenn man sieht, dass der Anteil der ANFA-„Anlagen“ an der Bundesbank-Bilanz nur bei 2% liegt. In Frankreich liegt er bei 30%, in Belgien 25%. Mersch führt zwei Argumente ins Feld, warum nicht alle Fakten zu ANFA veröffentlicht werden sollten. 1) Würde eine Notenbank weniger Anleihen des eigenen Landes kaufen als möglich, könnte das Kritik in diesem Land hervorrufen (ist das wirklich ein Argument?). 2). Wenn private Marktteilnehmer die genauen Ankaufsummen der einzelnen Notenbanken kennen würden, könnten sie dieses Wissen zu ihren eigenen Gunsten nutzen. Auch das ist ein eher schwaches Argument. Die Kritik von Medien und Ökonomen macht sich ja daran fest, dass hier quasi geheim Staatsfinanzierung betrieben wird, und das seit Jahren, parallel zur transparten EZB-Tätigkeit. Mersch sagte noch ANFA sei ein Gentlemen´s Agreement, welches nur einstimmig abgeändert werden könne.

Viel entspannter äußert sich da EZB-Chefvolkswirt Peter Praet, der sich für mehr Transparenz ausspricht. Die Frage sei berechtigt, warum die Details nicht öffentlich gemacht werden, sagte er dem „Handelsblatt“. Er selbst sehe keine Probleme in einer Offenlegung. Die ANFA-Käufe der nationalen Notenbanken waren 2006 noch bei gut 200 Milliarden Euro, und sind derzeit auf 575 Milliarden Euro angewachsen. Praet bleibt aber wie auch Mersch bei der offiziellen EZB-Linie: Diese Käufe der nationalen Notenbanken hätten keinen Einfluss auf die Geldpolitik der EZB – eine Geldschöpfung durch die nationalen Notenbanken gäbe es nicht!



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3 Kommentare

  1. »EZB-Direktor Yves Mersch ist der Meinung es wäre besser nicht alle Daten zum ANFA-Abkommen zu veröffentlichen.«

    Und ich führe fort: »…sonst fallen die Leute von ihren Stühlen.« Es gibt keine Grenzen*, wie immer. Das wird noch „lustig“ (und mir wird gerade speiübel).

    * ein Googol? eine Zentilliarde? drei Phantastilliarden?

  2. Wenn alles gesagt werden würde, würde vermutlich der letzte merken, dass Europa finanziell schon lange am Ende ist.

    Die Amis machen das irgendwie besser. Die sind schon lange mehr als bankrott, aber irgendwie schaffen die es immer wieder, dass das niemand interessiert.

    1. noch, und es bröselt schon gewaltig

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