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Finanztest-Analyse: Geschlossene Fonds enttäuschen auf breiter Front

FMW-Redaktion

Finanztest hat aus seiner Oktober-Ausgabe vorab eine umfassende Analyse für 1.139 sogenannte „Geschlossene Fonds“ veröffentlicht, die ja gar keine Fonds sind, sondern direkte Beteiligungen an Unternehmen bei voller persönlicher Nachschusshaftung der Anleger. Die Ergebnisse sind desaströs…

Containerschiff fast immer finanziert durch Geschlossene Fonds
Containerschiffe waren jahrelang die beliebteste Form von Geschlossenen Fonds, bis viele in einem Totaldesaster endeten. Foto: Sparklemotion / Wikipedia (CC BY-SA 2.0 de)

In der Analyse wurden von 1972 bis heute 1.139 Geschlossene Fonds untersucht, 473 davon laufen noch, 666 sind schon aufgelöst. Die bewerteten Fonds haben ein Eigenkapitalvolumen von 37 Milliarden Euro. Das Ergebnis: 4,3 Milliarden Euro Verlust statt 15,4 Milliarden prognostiziertem Gewinn. Nur 6% der Fonds konnten die selbst gesteckten Renditeziele erfüllen. 69% der Fonds sind im Verlust, am Stärksten vertreten bei mit 81% die Schiffsfonds und mit 91% die Medienfonds. Zum Scheitern vieler Fonds hier ein Auszug der Vorab-Veröffentlichung:

„Insgesamt verbrannten die bereits aufgelösten Fonds Anlegergeld in Höhe von 4,3 Milliarden Euro, statt einen Gewinn von 15,4 Milliarden Euro zu liefern, wie ihn die Prospekte in Aussicht gestellt hatten. Warum hunderte Fonds ihre Ziele verfehlten, hat vielfältige Gründe. Neben schlecht laufenden Märkten und viel zu hohen Kosten der Anbieter waren es öfter auch kriminelle Taten, die die Fonds zu Fall brachten. So müssen sich die Chefs der Frankfurter S & K Unternehmensgruppe noch im September vor Gericht verantworten. Sie sollen viel Anlegergeld für ihren aufwändigen Lebensstil verwendet haben.“

Auch wenn es natürlich genauso positive Beispiele gibt, so kann doch sagen: Der Geschlossene Fonds als tolles vorteilhaftes Investment ist ein Mythos der Finanzindustrie. Das Hauptproblem der Anleger ist einerseits die mangelnde Transparenz und andererseits, dass man nicht mal eben so aussteigen kann, deswegen ja der Name „Geschlossener Fonds“. Hohe Provisionen für die Verkäufe von oft 10, 15 oder noch mehr % gehen direkt vom eingesetzten Kapital ab, und so müssen z.B. bei einer Anlage von ursprünglich 10.000 Euro jetzt tatsächlich 8.500 Euro die Rendite erzielen, die laut Verkaufsprospekt des „Fonds“ mit den 10.000 Euro erzielt werden sollten. Da ist oft schon das erste große Problem vorprogrammiert. Zudem fressen enorme laufende Verwaltungskosten weiter am Geld des Kunden.

Läuft der Geschlossene Fonds im Tagesbetrieb nicht wie gewünscht (Immobilienblase, Schiffsraten brechen ein etc), wird oft noch ein anderes Problem sichtbar, das sich idR tief im Kleingedruckten des Verkaufsprospekts versteckt schlummert: Um wie versprochen die tollen Renditevorgaben erreichen zu können, nehmen viele Geschlossene Fonds das Anlegergeld, gehen zu Banken und verschulden sich dort, um z.B. aus 50 Mio Euro Anlegergeld + 50 Mio Bankkredit 100 Mio Anlagesumme zu machen, von dem dann ein Schiff oder eine Immobilie gekauft wird. Bei ausbleibenden Renditen wird es eng, wenn man die Kreditraten an die Bank nicht bedienen kann. So kam es in den letzten Jahren zu unzähligen Zwangsversteigerungen bei Schiffen, weil die Banken ihre Kredite an die Fonds mit den Schiffen selbst besichert hatten.

Die Anleger guckten doppelt in die Röhre. Oft war das eingesetzte Geld komplett weg, und später mussten viele dann sogar noch jahrelang zusätzlich zum Totalverlust Geld nachschießen. Denn was kaum ein Anleger weiß, wenn er unterschreibt: Er wird nicht nur direkt Gesellschafter einer Firma, sondern auch persönlich haftender Gesellschafter, und steht somit für alle künftig auflaufenden Schulden des „Fonds“ gerade, der ja kein Fonds, sondern i.d.R. eine Kommanditgesellschaft ist. Was lernt man daraus? Beim Wort „Fonds“ sollte der Anleger extremst hellhörig und vorsichtig sein. Das Kleingedruckte sollte man komplet durchlesen, oder bei einem schlechten Gefühl im Bauch im Zweifel die Finger davon lassen.

Es gibt viele Anleger, die jahrzehntelang durch Geschlossene Fonds viel Geld gemacht haben, aber viele andere wussten gar nicht, was man ihnen da zur Unterschrift vorlegte. Das böse Erwachen war dann Jahre später groß. Leider hält der Staat immer noch seine schützende Hand über die Vertriebsbranche für geschlossene Fonds, daher bleibt dem Anleger nichts anders übrig als im Zweifel NEIN zu sagen oder nach der Bauernweisheit zu verfahren: Was ich nicht verstehe, kaufe ich nicht.



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