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Flüchtlinge in Arbeit bringen: Studie zeigt Probleme und Lösungsansätze

Wie kommen Flüchtlinge in Arbeit, welche Probleme haben sie dabei, und gibt es vielleicht grundsätzlich völlig falsche Vorstellungen zur deutschen Arbeitswelt? Und was sind Lösungsansätze für eine...

FMW-Redaktion

Wie kommen Flüchtlinge in Arbeit, welche Probleme haben sie dabei, und gibt es vielleicht grundsätzlich völlig falsche Vorstellungen zur deutschen Arbeitswelt? Und was sind Lösungsansätze für eine schnelle und gute Integration in den deutschen Arbeitsmarkt? Hiermit hat sich eine Studie des „Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung“ beschäftigt, die heute veröffentlicht wurde. Ein ganz praktisches Problem: Wie finden Arbeitgeber eigentlich Flüchtlinge, die sie gerne einstellen wollen? Und wie finden Flüchtlinge überhaupt Arbeitgeber, wenn sie jetzt noch fast gar kein Deutsch sprechen? Dazu die Studie:

„Eine gängige Methode vieler Initiativen ist es, die Jobangebote für ihre Teilnehmer aus Zeitungsinseraten und Jobbörsen zusammenzusuchen oder einzelne Betriebe in ihrem Umfeld konkret anzusprechen. Doch diese Art der Stellenfindung ist mühsam und bringt einen zeitlichen Aufwand mit sich, den sich insbesondere kleinere und ehrenamtlich arbeitende Initiativen kaum leisten können. Internetplattformen, wie sie Workeer und Work for Refugees betreiben, bieten interessierten Unternehmen zwar eine einfache Möglichkeit, ihre Stellenangebote selbst zu platzieren. Doch auch sie sind darauf angewiesen, dass die Unternehmen diese Seiten finden und das Angebot nutzen. Die Erfahrungen  zeigen, dass dies ohne zusätzlichen Aufwand seitens der Initiativen nicht in dem Maße geschieht, wie es nötig wäre. Eine Alternative zur reinen Kaltakquise ist die Zusammenarbeit mit Kammern, handwerklichen Dachverbänden und anderen Wirtschaftsvereinigungen. Sie können als Multiplikatoren dienen. Das Ausbildungscoaching für junge Flüchtlinge und Neuzuwanderer oder JOBLINGE Kompass haben aufgrund der langjährigen Erfahrung ihrer Träger mit der Ausbildungsvermittlung von jungen Menschen gute Kontakte zu entsprechenden Einrichtungen in ihrem Umfeld und pflegen diese Netzwerke bewusst.“

Grundsätzliche Lösungsansätze der Studie, von uns mal in Kurzform dargestellt: Mehr Vermittlung anbieten, Praktika und Helferjobs als Sprungbretter nutzen, auf Ehrenamtliche als Helfer setzen, Betreuung nach Jobvermittlung fortsetzen, und Flüchtlingsinitiativen sollen vermehrt als Fürsprecher bei Arbeitgebern auftreten.

Unser Kommentar: Aus der Gesamtstudie (Link ganz unten im Artikel) ergibt sich vor allem ein Problem: Viele Flüchtlinge haben sich für die Reise nach Europa arg verschuldet, oder ihre Familie hat sich dafür arg verschuldet. Nun muss der Flüchtling so schnell wie möglich so viel Geld wie möglich verdienen. Als „Läufer“ in einem Versandzentrum (Zalando, Amazon) kann er mal ganz platt gesagt sofort doppelt so viel verdienen, als wenn er ab sofort eine dreijährige Berufsausbildung beginnt. Wie die Studie sagt: Es gilt den langfristigen Lohnvorteil einer abgeschlossenen hochwertigen Berufsausbildung in den Vordergrund zu stellen. Denn langfristig ermöglicht er deutlich höhere Gehälter, als man sie bei ganz einfachen Tätigkeiten erzielen kann (nichts gegen die Logistikarbeiter in Versandzentren, Job ist Job!). So sagt die Studie nämlich Zitat:

„Wir werden das Problem bekommen, den Flüchtlingen klar zu machen, dass sie nicht nur zwei oder drei Jahre in die Ausbildung investieren, sondern im Prinzip erst einmal fünf Jahre für relativ schmales Geld etwas machen müssen, damit sie nachher ein ordentliches Gehalt verdienen können. Wie ich das Problem lösen soll, weiß ich auch noch nicht“, gibt Klaus Stöcker, Koordinator des Programms Flüchtlinge und
Asylbewerber im Bauhandwerk, offen zu bedenken.“

Flüchtlinge

Hier die Studie in Kurzzusammenfassung im Original:

„Die Voraussetzungen für eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt sind jedoch nicht einfach“, konstatiert Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts. „Kaum ein Geflüchteter beherrscht bei seiner Ankunft die deutsche Sprache und nur wenige besitzen einen Hochschulabschluss oder eine Berufsausbildung.“ Klingholz erinnert an die schleppende Integration von Asylsuchenden in der Vergangenheit, betont aber gleichzeitig, dass die Infrastruktur zur Integration inzwischen besser sei. Gerade die Vermittlung der Arbeitsagenturen und Jobcenter sei ausgebaut worden. Dennoch gebe es weiteren Bedarf an Angeboten, da viele Flüchtlinge bei der Jobsuche aktiv an die Hand genommen werden müssten, was Behörden oft nicht leisten können.

Der Autor des Discussion Papers, Stephan Sievert, unterstreicht in diesem Zusammenhang die Bedeutung lokaler Initiativen. „Sie ergänzen die Arbeit der Behörden und ersetzen für die Geflüchteten fehlende persönliche Netzwerke, die bei der Jobsuche unabdingbar sind.“ Das Wissen über die Arbeit solcher Initiativen sei aber noch sehr lückenhaft. Mit seiner neuen Studie könne das Berlin-Institut zeigen, dass die reine Vermittlung nur einen kleinen Teil der Tätigkeiten stellt. Ebenso wichtig sei die Vorbereitungsphase mit Beratungen, Sprachkursen und Weiterqualifizierungen. „Der Weg in den Job ist häufig lang“, so Sievert. „Um Frustration und Langeweile zu vermeiden, ist es deswegen notwendig, möglichst parallele Angebote zu machen und diese miteinander zu verzahnen.“ Als Beispiele nennt er Teilzeitpraktika, in denen gerade gelernte Vokabeln schnell eingesetzt werden könnten.

„Doch auch für Unternehmen und Behörden bedeuten lokale Initiativen oft einen Mehrwert“, erläutert Franziska Woellert, ebenfalls Autorin des Papiers. Sie könnten Unklarheiten über rechtliche Vorgaben ausräumen und gegenüber Firmen als Bürgen für die von ihnen betreuten Flüchtlinge auftreten. „Das Problem ist, dass die allermeisten Geflüchteten keine Zeugnisse nach Deutschland mitbringen. Das heißt, selbst wenn sie fachlich geeignet für einen Job sind, können sie dies gegenüber Unternehmen nicht nachweisen“, so Woellert. Firmen seien daher froh darüber, von den Initiativen verlässliche Informationen zu erhalten.

Das Berlin-Institut warnt jedoch davor, alle Flüchtlinge über einen Kamm zu scheren. „Gerade weil jeder Fall anders ist, kommt der engen persönlichen Betreuung eine besondere Bedeutung zu“, verdeutlicht Reiner Klingholz. Wichtig sei hierbei, die Betreuung nicht mit Unterzeichnung des ersten Arbeitsvertrags enden zu lassen, da sich viele Herausforderungen erst am Arbeitsplatz ergäben. „Um dann Probleme zu überwinden, können Flüchtlinge wie Arbeitgeber häufig von einem externen Ansprechpartner profitieren, der die jeweilige Person bereits kennt“, so Klingholz.

Hier geht´s zur kompletten Studie.



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