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Frankreich: Die Arbeitsmarktreform, Streiks und „die faulen Arbeiter“…

FMW-Redaktion

War da nicht mal was? Unter Industriellen gab und gibt es vielleicht immer noch den schriftlich nie festgehaltenen Ausspruch die Arbeiter in Frankreich würden statt zu arbeiten entweder gerade Pause machen, im Urlaub verweilen oder streiken. Schriftlich festgehalten wurde dieser generelle Vorwurf der Faulheit vor 3 Jahren zumindest teilweise in einem Brief des US-Konzernchefs Maurice Taylor, der den Angestellten in Goodyear-Fabriken in Frankreich vorwarf sie seien zu faul. Er schrieb damals sogar in einem Brief an den französischen Industrieminister die Arbeiter würden trotz hoher Gehälter nur 3 Stunden pro Tag arbeiten, dazu noch 1 Stunde Pause und 3 Stunden plaudern – so beschrieb er den 7 Stunden-Tag seiner Arbeiter. So sei das eben in Frankreich, hätten ihm Gewerkschafter dazu gesagt – so schrieb es Taylor damals jedenfalls. Dieser Wutbrief ist noch heute legendär. Er spiegelte das wieder, was viele von der Arbeitgeberseite dachten und wohl immer noch denken.

Uns liegt es fern über irgendwen zu urteilen, ob er faul ist oder nicht. Die Arbeiter in Frankreich streiken und kämpfen aktuell für den Erhalt ihre Status, was auch ihr gutes Recht ist. Problematisch wird das nur, wenn alle anderen um Frankreich herum sich bewegen und sich „flexibilisieren“, nur Frankreich nicht. Deutschland wird momentan von ausländischen Investoren überrannt. Und in Frankreich? Man muss sich in die Lage von Investoren hineinversetzen, z.B. von Chinesen. Geiselnahmen von Managern durch Mitarbeiter gab es in Frankreich schon oft. Streiks in Ölraffinerien sorgten in den letzten Tagen für Benzinknappheit an den Tankstellen. Dazu eine noch immer existierende 35 Stunden-Woche (was würden Foxconn-Arbeiter dazu sagen?), mit der wohl endgültig internationale Investoren dazu veranlasst würden einen großen Bogen um Frankreich zu machen.

Wie gesagt, man kann und sollte die Streiks verstehen. Wer gibt schon gerne seinen Status bzw. seine Privilegien auf, für die er einst hart kämpfen musste? Nur muss man als Streikender vielleicht auch mal das Gesamtbild sehen. Die Welt bewegt sich weiter, die Länder um Frankreich herum wurden durch die Krise gezwungenermaßen „flexibilisiert“, was z.B. den Kündigungsschutz angeht. Warum eine Fabrik in Frankreich aufmachen, wenn ich direkt nebenan in Spanien in Sachen Kündigungsschutz viel flexibler sein kann, wird sich der geneigte Investor fragen.

In Frankreich gaben jüngst 70% der Unternehmen an ihre Werke schließen zu müssen, wenn die Streiks vor allem rund um die Ölraffinerien so weitergehen. Kein so gutes Bild für das internationale Renommee des Wirtschaftsstandorts Frankreich. Laut jüngster Veröffentlichung der EU-Kommission hat Frankreich seit der Euro-Einführung 1/4 des Exportanteils eingebüßt. In Deutschland gibt es in Sachen Export ständig nur Rekorde. Wo Deutschland das Wachstum bei der Staatsverschuldung zum Erliegen bringen konnte, geht es in Frankreich weiter bergauf – in Kürze ist man bei 100% des BIP – genau so steigt die Steuerlast in Frankreich auf ein Rekordniveau in der EU mit fast 50%. Wachsende Verschuldung + hohe Steuern sind der Preis, den man für eine nach wie vor sehr hohe soziale Absicherung in Frankreich bezahlt, wenn in Sachen Arbeitslosigkeit, Industrieproduktion und Investitionen Flaute herrscht.

Am Deutlichsten wird der Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland bei der Arbeitslosigkeit – sie ist nämlich gut doppelt so hoch wie in Deutschland. Und man bedenke, dass beide Länder die selbe Währung benutzen, und de facto das selbe Bildungsniveau haben. Irgendwas läuft da schief in Frankreich. Ähnlich wie der Sozialdemokrat Gerhard Schröder will jetzt der Sozialist Hollande den Anschub für Reformen geben, damit man nicht als Einziger in Europa stehen bleibt. Premier Manuel Valls bestätigte jetzt erneut die Reformen würden trotz Protesten durchgezogen.



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9 Kommentare

  1. Ob man das Verhalten der Franzosen als „Schieflauf“abtut,ist der Zugehörigkeit zu einer Kaste geschuldet.Ausgepresste Arbeitnehmer haben naturgemäss eine andere Sicht auf eine Volkswirtschaft,als vorn&hinten gehätschelte Unternehmer&Finanzoligarchen!Sie haben vielleicht auch den deutschen Länderfinanzausgleich besser verstanden,als so mancher denkt!Ist es wirklich so schlecht ein europäisches Berlin,Bremen oder Saarland zu sein?Lasst doch den deutschen Hamster noch etwas schneller&länger rennen!Wenn er dann erschöpft dahinsinkt,kann man ihn immer noch grillen!

    1. An einem ausgepowertem Hamster ist letztendlich auch nicht mehr viel dran: der wird nur noch entsorgt.

  2. Überraschenderweise ist die Arbeitsproduktivität (BIP je geleistete Arbeitsstunde) in Frankreich sogar höher als in Deutschland – so „faul“ können sie also nicht sein. Dass Frankreich trotzdem in der Wettbewerbsfähigkeit hinter Deutschland liegt und auch eine höhere Arbeitslosigkeit aufweist, liegt eben nicht nur an den Franzosen selbst. Frankreich hat als einziges Land der Eurozone eine Lohnentwicklung betrieben, die exakt auf dem Zielpfad der EZB für die Inflationsentwicklung ist (Produktivitätssteigerung + Inflationsziel = Lohnsteigerung). Damit müssen sie zwangsläufig gegen ein Deutschland absteigen, dass in schlechten Zeiten mit „Wir müssen den Gürtel enger schnallen“ und in guten mit „Wir dürfen das Erreichte nicht verspielen“ permanent Lohnzurückhaltung übt und damit im Zusammenspiel mit dem Produktivitätswachstum real billiger wird. Nur haben die Franzosen im Euro nicht mehr die Möglichkeit, über Währungsabwertung auszugleichen.
    Das Dümmste was Hollande jetzt tun kann, ist mit einer eigenen Agenda 20irgendwas Deutschland zu kopieren, weil es die Probleme für ganz Euroland noch weiter verschärfen wird.

  3. Warum Umweltschutz in Land A beachten wenn man beim Nachbar flexibler ist ?
    Warum moralische Grenzen in der EU beachten wenn man sich der USA anpassen kann .ttip und co
    Warum 35h Woche in Frankreich wenn in D die Ausbeutung via minijobs staatlich gefördert wird ?!

    Merkste was ?

    In Zeiten der Automatisierung sollten sich alle der 35h annähern , nicht dem „tollen Arbeitsmarkt “ in D.

    Ganz schlechter Artikel auch wenn man hier versuchte neutral zu bleiben .

    PS ..könnte FMW sich nicht mal bisschen flexibilisieren und auch am WE umfassende Berichte veröffentlichen !? Wo anders ist das bestimmt schon standard !

  4. wer schreibt denn so eine Schwachsinn?

    Das proletariat rund um F muss sich endlich bewegen und den Franzosen beistehen in dem es die Arbeit niederlegt bis das Kapital endlich klein beigibt. Wer hier was verkaufen will, muss auch hier produzieren, sonst kann er sich seinen markt wonaders suche oder sich seinen dreck hinten rein stecken bis er vorne raus kommt.

  5. Klischees sind immer zu einem bestimmten Nutzen kreiert, aber bestimmt nicht zum Zwecke der Realität. Im Nachgang kann man dem Klischee dann spezifische Eigenschaften anhängen, um die Bedeutung in die gewünschte Richtung zu bewegen. Dann muss man nur noch mit einem Wort um sich werfen und die Eigenschaften kleben automatisch mit daran fest.

    Die Franzosen kämpfen noch für ihre Rechte – meine Hochachtung. Hier versackt eher alles in falscher Demut.

  6. Das Rennen in Richtung bodenlos geht in die nächste Runde. 48h/ Woche in Frankreich und BRD zieht mit 60 h/ Woche nach. Mit 73 in Rente gehen, wird wohl dann nur noch für Wenige interessant sein. Bei der Rente haben die Franzosen auch noch Spielraum.
    …und irgendwann, merkt auch der letzte Unternehmer…nehme ich den Armen zu viel ab, dann ist das Spiel schnell zu Ende.
    Ein Land das nur auf Export setzt, zerstört sich selbst und reisst noch andere Länder mit.
    Das viele Franzosen wütend sind ist mehr als verständlich. Das hier in BRD solch Ruhe herrscht ist einfach nur traurig und beschämend für unsere tapferen Vorfahren. Hier lässt man sich nach und nach jede Errungenschaft abschwatzen.
    Deswegen sehe ich in der Glaskugel auch die 60h/Woche.

  7. und warum sind die ganzen Reformen notwendig?
    Weil man so langsam Probleme bekommt beim Bezahlen der Zinsen für utopische Schulden?
    Vielleicht auch weil man sich verzockt hat beim Kriegspielen und Ressourcen rauben?
    Bargeldverbot für negative Zinsen
    BGE für RFID-gechippte
    Kollaps verhindert und alles unter Kontrolle könnte auch das Motto sein, passt aber irgendwie nicht zu verlängerten Arbeitszeiten. Wobei verlängerte Arbeitszeit ja eh auf immer weniger zutrifft, dank Automatisierung werden viele auf die mies bezahlten Arbeitsplätze verzichten müssen.
    Man wird noch ganz wirr im Kopf….

  8. Kurz und Knapp, der schlechteste Artikel den ich hier bis jetzt gelesen habe. @ Redaktion: Habt ihr das wirklich nötig? Ich bin viel besseres von Ihnen gewohnt….

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