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Gericht stellt fest: Öffentlicher Rundfunk möchte als Behörde angesehen werden, was er aber nicht ist!

Ein brisanter wie auch interessanter Fall, der dem stetig wachsenden "Heer" der Gegner der Rundfunkgebühren Auftrieb geben dürfte. Von einer Abschaffung der Rundfunkgebühren ist man...

FMW-Redaktion

Ein brisanter wie auch interessanter Fall, der dem stetig wachsenden „Heer“ der Gegner der Rundfunkgebühren Auftrieb geben dürfte. Von einer Abschaffung der Rundfunkgebühren ist man noch Lichtjahre entfernt, aber das vom Landgericht Tübingen verkündete Urteil, das einem Vollstreckungsbescheid des Südwest-Rundfunks widersprach, wird den Rundfunkanstalten wohl zukünftig ihr Leben deutlich schwerer machen. Die schlechte Nachricht für alle Beitragszahler zuerst: Das Gericht betont, dass sich an der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags nichts ändert. Dass der Beklagte vor Gericht recht bekam, lag lediglich an der Art und Weise, wie der Südwestfunk versuchte seine Forderung einzutreiben.

rundfunk

Und da kann es zukünftig für die Rundfunkbeitrags-Eintreiber deutlich nerviger, zeitraubender und teurer werden. Anscheinend geht es hier darum, dass der Südwestfunk seine letztliche Forderung gegenüber einem Beitragszahler von insgesamt 572,96 Euro per einfachem „Festsetzungsbescheid“ ganz normal per Post zustellte. Das Grundverständnis der Rundfunkanstalt, wie wir ihn mal aus dem endlos langen Urteilstext zusammenfassen möchten: Der Beitragszahler kenne die Rundfunkanstalten und sei sich der Höhe der Gebühren und seiner Zahlungspflicht bewusst. Daher geht die Rundfunkanstalt anscheinend davon aus, dass sie ihre Forderung ohne amtlichen Mahnbescheid und ohne Gerichtsbeschluss eintreiben kann – so verstehen wir es zumindest!

Eigentlich unglaublich so ein Vorgang. Nun wird es knifflig. Immer wieder betonen die Öffentlich Rechtlichen sie seien kein Staatsrundfunk, sie seien vom Staat unabhängig bla bla bla. Aber genau in diesem Fall stellt das Landgericht Tübingen fest, dass der Südwestfunk anscheinend glaube er könne gegenüber dem Schuldner einfach als „Behörde“ auftreten, was er definitiv nicht sei. Der Schuldner nämlich behauptete vor Gericht er habe so eine Zahlungsaufforderung nie per Post erhalten. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass rechtlich verwertbar eine nachgewiesene Zustellung erfolgte. Denn bei einem amtlichen Mahnbescheid und folgenden Zustellungen erfolgt eine Postzustellung, die vom Postboten gegenüber dem Absender bestätigt wird. Das wäre so ein definitiver Nachweis. Laut Gericht erfülle die einfache Übergabe des „Schriftstücks“ an die Post nicht die Voraussetzung einer Zugangsvermutung (also dass der Empfänger den Brief auch wirklich erhalten hat).

Die anscheinend ohne amtliches Mahnverfahren direkt angesetzte Zwangsvollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher mit der Aufforderung zur Vermögensauskunft ist somit unzulässig. Die Rundfunkanstalten müssen also zukünftig wie private Gläubiger auch das ganze langwierige Mahn- und Gerichtsverfahren durchlaufen, bis sie zum Zug kommen. So ist es zumindest nach unserer Einschätzung zu deuten. So wie es aussieht, wollten sich die Öffentlich Rechtlichen Rundfunkanstalten bisher die Mühen und Kosten solcher Verfahren sparen, und treten in Sachen Geldeintreibung gegenüber dem Beitragszahlern als Behörde auf. Nochmal: Laut Gericht sind sie das aber nicht. Denn das Gericht stellt fest:

Der Südwestfunk habe Bescheide vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass er selbst gerne als Behörde angesehen werden möchte. Um einfach so drauf lospfänden zu können (so direkt formulieren wir es mal), fehle es dem Gläubiger aber an der Behördeneigenschaft. Er trete nach außen nicht als Behörde, sondern als Unternehmen auf. Schon auf der Homepage beschreibe sich der SWR als „Unternehmen“. Das wesentliche Handeln des SWR sei unternehmerisch. Auch die Zahlungsaufforderungen als solche seien nicht als Verwaltungsakt (der behördentypischen Handlungsform) erlassen worden, sondern als geschäfts- und unternehmenstypischer einfacher Brief mit Zahlungsaufforderung zugestellt worden. Auch die Satzung des SWR spreche in ihrer Ausgestaltung eindeutig gegen die Eigenschaft als Behörde, so das Gericht. Insgesamt seien laut Gericht die nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für Baden-Württemberg erforderlichen Merkmale einer Behörde beim SWR nicht erfüllt. Auch unter dem Aspekt, dass Rundfunkanstalten rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sind, seien sie dennoch keine Anstalten, die der Ausübung staatlicher Verwaltung dienen, so das Gericht.

Fazit

Das Gericht hat also festgestellt: Dem Schuldner gegenüber gab es kein gerichtliches Mahnverfahren und somit keine rechtsstaatliche Möglichkeit der Forderung zu widersprechen. Der SWR konnte sich auch nicht damit rausreden ja direkt als Behörde zu agieren. Eine Umgehung der Anforderung an Privatgläubiger ist somit nicht möglich. Daher sei die Beschwerde des Beklagten letztlich begründet. Das bedeutet: Der SWR muss ein amtliches Mahnverfahren nachholen. Widerspricht der Schuldner daraufhin, muss der SWR vor Gericht ordentlich klagen. Er wird dann wohl ganz normal gewinnen, und kann erst dann mit einem gerichtlichen Titel per Gerichtsvollzieher beim Schuldner auflaufen!



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7 Kommentare

  1. Es gibt 3 Dinge über die man niemals reden (schreiben) sollte, wenn man in diesem (Geld)System Gewinn machen möchte:

    Politik, Religion und Krankheit.

    Euro (Finanz!)Seite verstößt immer und immer wieder diametral gegen dieses ungeschriebene Gesetz. – Und deshalb liebe ich sie so sehr!

    Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg mit eurer unkonventionellen Art.

    Beste Grüße
    Günter Mertens

  2. Wenn SWR, NDR, WDR, usw. keine Behörde ist, so muss es zwangsläufig eine Firma sein. Wenn es eine Firma ist untersteht sie dem Handelsrecht. Dieses sagt aber aus dass es einen Vertrag geben muss um seine Waren über Gebühren verkaufen zu können. Nun möchte ich gerne wissen wer einen Vertrag mit der Rundfunkanstalt eingegangen ist.
    Wird dem „Michel“ hier falsches Recht vorgegaukelt oder ist diese Gebühr wirklich rechtens?
    Wenn diese Gebühr vom Staat bestimmt wurde und damit rechtens ist, wäre es eine Steuer was aber bestritten wird. Was zahlen wir dann????

  3. Das ist ein prima Urteil. Interessant vor allem auch für die Altfälle, in den der Gerichtsvollzieher schon unrechtmäßig tätig geworden ist. Das dürfte alles nichtig sein. Die Opfer sollten Schadensersatz fordern.
    Ich hoffe, die „Lichtjahre“ sind diesmal sehr kurz.

  4. BGH
    11. Juni 2015
    Aktenzeichen
    I ZB 64/14
    Typ:

    Beschluss

    Fundstelle:

    openJur 2015, 12546
    Verfahrensgang:

    Ich erlaube mir auf die u.a. Entscheidung hinzuweisen.

    5 T 81/14 vorher
    a) Das Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt kann auch dann den gesetzlichen Anforderungen für die Vollstreckung von Rundfunkgebührenbescheiden genügen, wenn die im Ersuchen mit ihrem Namen aufgeführte Landesrundfunkanstalt (hier: Südwestrundfunk) nicht ausdrücklich als Gläubigerin der Forderung angeführt ist und zudem die Angabe ihrer Anschrift, ihrer Rechtsform und ihrer Vertretungsverhältnisse fehlen.

    b) Ob das Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt gemäß § 15a Abs. 4 Satz 2 LVwVG BW keines Dienstsiegels und keiner Unterschrift des Behördenleiters oder seines Beauftragten bedarf, weil es mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellt worden ist, ist nach den objektiven Umständen zu bestimmen. Auf die Sicht des Empfängers kommt es lediglich für die Frage an, ob nachträgliche manuelle Änderungen oder Hinzufügungen an einem zunächst mit Hilfe automatischer Einrichtungen erstellten Vollstreckungsersuchen es möglich erscheinen lassen, dass es sich lediglich um einen Entwurf handelt.

    c) In dem Vollstreckungsersuchen einer Landesrundfunkanstalt ist nicht zusätzlich zu den im Einzelnen zu vollstreckenden Gebühren- und Beitragsbescheiden ein die grundsätzliche Beitragspflicht des Schuldners regelnder Bescheid anzugeben, weil die Rundfunkgebühren- und Beitragspflicht kraft Gesetzes entsteht.
    Tenor

  5. Da hilft eigentlich nur noch AFD wählen…

    Die Partei AFD hat die Abschaffung der GEZ im Parteiprogramm festgeschrieben!

    http://www.afd.de/grundsatzprogramm/

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