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Griechenland bekommt frisches Geld – verloren hat den Poker der IWF!

FMW-Redaktion

Es ist offiziell. Griechenland bekommt die nächste Tranche in Höhe von 10,3 Milliarden Euro aus dem 86 Milliarden Euro-Rettungspaket der Gläubiger ausgezahlt, damit kann man auch weiterhin gerade eben so seine Rechnungen bezahlen. Bisher wurden von den 86 schon 21,4 Milliarden Euro ausgezahlt. Es geht wie beim Baufortschritt eines Hauses – Athen muss seine Fortschritte bei Reformen nachweisen, erst dann geben die Gläubiger (die Bank) einen weiteren Teilabschnitt der Hilfen frei.

Jeroen Dijsselbloem Griechenland
Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem verkündete jetzt das Verhandlungsergebnis für Griechenland. Foto: Rijksoverheid / Wikipedia / Gemeinfrei

Gewinnen tut in diesem Poker vor allem Wolfgang Schäuble, der noch gestern sagte ohne den IWF werde es keine Lösung geben! Verlieren tut eindeutig der IWF, der noch kurz vor den gestrigen Verhandlungen mit der Eurogruppe klipp und klar sagte Griechenland werde seinen gigantischen Schuldenberg nicht abtragen können, vor allem aufgrund des schleppenden Reformtempos – ein Schuldenschnitt müsse her, bevor der IWF sich an neuen Rettungsgeldern beteilige – so war der Status bis gestern Abend!

Seit heute früh sieht es so aus: Der IWF ist mit an Bord! Der bei dem Treffen für den IWF anwesende Direktor Poul Thomson sprach über Kompromisse. Letztlich sagte er im Namen des IWF zu. Bis Ende 2016 wolle man „weitere Mittel für die Unterstützung des griechischen Reformprozesses“ beisteuern. Genauer gesagt wolle man seinem eigenen Leitungsgremium dies vorschlagen, so sagte es Thomson. Man werde sich zudem in den nächsten Monaten sehr genau die Reformmaßnahmen in Griechenland anschauen bla bla bla – was immer das genau heißen mag. Letztlich wird der IWF also frisches Geld geben, ohne das vorher wie bisher gefordert seitens der Euro-Gläubiger ein Schuldenschnitt durchgeführt wird.

Um sein Gesicht zu wahren, konnte der IWF-Vertreter auch einen optischen Erfolg verbuchen. Denn man habe sich mit den Euro-Partner geeinigt, dass man im Jahr 2018 „weitreichende Schuldenmaßnahmen für Griechenland“ beschließen werde, was aber eher eine Mogelpackung sein dürfte – denn konkrete Schritte wolle man erst 2018 besprechen. Auch hätten die Europartner anerkannt, dass Griechenlands Schulden nicht mehr tragfähig seien, so Thomson.

Schon aufgrund der EU-Regularien kann es keinen richtigen Schuldenschnitt für Griechenland geben – und den wird es auch nicht geben, auch wenn Thomson und Christine Lagarde sich den noch so sehr wünschen. Laut jetzigem Beschluss solle 2018 geprüft werden, ob man bisher blockierte Gewinne der EZB und der nationalen Notenbanken resultierend aus Geschäften mit griechischen Staatsanleihen auszahlen könne. Naja…  EU-Ratspräsident Donald Tusk schrieb in seinem Twitter-Account, worum es unserer Meinung nach wohl wirklich zu gehen scheint, nämlich um die „Europäische Staatsraison“. Ein Scheitern steht gar nicht zur Diskussion, das große Ganze muss irgendwie zusammengehalten werden.

Und Griechenland selbst? Ja, da läuft alles weiter wie bisher. Die Hilfsgelder fließen weiter, und sie werden auch in Zukunft wohl weiter fließen. Denn das große europäische Haus darf keine Risse bekommen!


Hier das Statement der Eurogruppe in Kurzform:

The Eurogroup welcomed a staff-level agreement between Greece and the institutions, paving the way for the finalisation of the first review of Greece’s macroeconomic adjustment programme. This will enable the European Stability Mechanism to unlock the next tranche of financial assistance to Greece (€10.3bn) available under the programme. This amount will be released in several instalments once Greece has implemented all agreed prior actions, and the euro area member states have endorsed the agreement according to their relevant national procedures.

The staff-level agreement between Greece and the institutions contains a package of reforms to be implemented by Greece, and an additional contingency mechanism. The latter will set additional reform measures in motion if the programme’s agreed primary surplus target of 3.5% of GDP is at risk of being missed. The Eurogroup commends progress achieved by Greece in already implementing the majority of agreed prior actions. The Eurogroup also agreed on a set of short-, medium- and long-term measures to ensure the sustainability of Greece’s public debt. Some of these measures will be implemented between the conclusion of the first review and the end of the programme, others upon successful conclusion of the programme. The scope of the latter will be determined based on an updated debt sustainability analysis.

If a more adverse scenario than is currently expected materialises after the closing of the programme, the Eurogroup agreed on the possibility to activate a contingency mechanism for further debt-related measures. The Eurogroup welcomed the intention of the IMF management to recommend to the IMF Executive Board to approve a financial arrangement before the end of the year that will support the implementation of the agreed reforms.


Das ausführliche Statement der Eurogruppe finden Sie hier.



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10 Kommentare

  1. Glauben die „Handelnden“in dieser Farce tatsächlich noch daran,dass Ihnen die Bevölkerungen noch irgendwas glaubhaft abnehmen?Kein Schuldenschnitt,Verlierer IWF usw…Die einzigen Verlierer sind die europäischen Steuerzahler,allen voran die Deutschen,aufgrund des Verteilungsschlüssels bei den jährlichen Hilfspaketen& unserer dusseligen Regierung!Alternativlos weiter auf demWeg zum Endsieg des Oiro!

  2. meine Gedanken: der IWF wird sich wohl erst nach der BREXIT-Abstimmung (Ziel: Verbleib in EU) aus der Affäre ziehen (lassen). Alles andere entspräche nicht deren Schema.

  3. Hallo,

    nein, der Gewinner ist Europa, die Griechen habens verstanden, hoffentlich manch andere auch ? Nochmal zum mitschreiben : Das sind ganz ganz schlimme Kommunisten dort unten in Griechenland, die wollen sich Russland anschliessen usw, oder hab ich noch was vergessen ? :D
    Zum Thema Brexit sag ich lieber nix… :D

    Viele Grüße

  4. “ Es geht wie beim Baufortschritt eines Hauses – Athen muss seine Fortschritte bei Reformen nachweisen, erst dann geben die Gläubiger (die Bank) einen weiteren Teilabschnitt der Hilfen frei.“
    Griechenland hat seit Jahren keine Fortschritte gemacht, es wurden immer nur Maßnahmen beschlossen aber nie wirklich umgesetzt. Deshalb sollte auch kein Geld für „den Baufortschritt“ fließen, der obige Satz ist also absolut falsch, es geht nur um die Durchsetzung der Interessen der Pro EU-Politiker in Brüssel.

  5. Das mit den AAA-Status für GB ist besonders interssant, die Briten würden sofort über die Klippe fallen, sollte es zum Brexit kommen.

    AAA ist an sich sowieso ein Witz, aber die Briten haben ja ihr „Pfund“..

  6. Griechenland ist ein Loch ohne Boden. Die ganzen „Rettungs“maßnahmen sind nur dafür da, damit die Halter griechischer Anleihen (vor allem deutsche und französische Großbanken sowie zahlreiche Rentenfonds) eben diese nicht abschreiben müssen.

  7. Damit steht der ESM auch unter Vertragsbruch §13.1 .
    Hier sieht man das jeder Vertrag von den Politikern einfach gebrochen wird so wie man es eben brauch. Da fragt man sich WO FÜR SIND DENN DANN VERTÄGE DA?
    Politisch Bedeutungslos!!!

  8. Griechenland wurde vor die Wahl gestellt : entweder – oder ?
    „Die“ hätten Griechenland über die Klippe springen lassen, jetzt ist das eben so…
    Und die Griechen haben sich für den richtigen Weg entschieden, das mit den französischen Banken ist übrigens kalter Kaffee..
    Die Griechenland-Krise ist vorbei.

    Natürlich kann man schon aus Sicht der „Nordländer“ sagen, das lief nicht so gut, aber : das sind eben „Südländer“. Und „wir“ bezahlen weiter… Das ist eben Europa…

  9. Der ganze Griechenbeschiss interessiert mich nur am Rand,weil mir als Demokrat da die Hände gebunden sind.Danke EU-Parlament&Mutti.Der europäische Länderfinanzausgleich muss ja schliesslich funktionieren.Der Södermarkus hat das ja gesagt.

  10. Hallo,

    wer Europa sagt, sagt auch EWG, sprich EU, bzw. EUR, wenn andere meinen, etwas besseres zu sein : Viel Spaß beim Austritt… :D

    Wir, als Deutsche, hatten den geringsten „Druck“ dem EUR beizutreten, wir haben´s trotzdem getan… Natürlich ist Deutschland der größte Profiteur des EUR, hinterher gesehen…
    natürlich hat Griechenland in Sachen EUR-Beitritt die EU ausgenutzt, sie haben über ihre Verhältnisse gelebt usw.., das haben „die anderen“ im Süden ebenso getan…
    die Rechnung kam später…

    Wenn Deutschland aus dem EUR austritt, (da gab es übrigens wirklich irgendwelche „Analysten“, die so einen Quatsch vorgeschlagen haben), wissen wir alle, was passieren wird : Bärenmarktwelt.de

    Viele Grüße

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