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Griechenland: Umschuldung geht wie erwartet weiter – keine Hilfe für Konjunktur oder Bevölkerung

In Sachen Griechenland ist nach der Sitzung der Eurogruppe im Großen und Ganzen exakt das herausgekommen, was seit Wochen erwartet wurde. Das Land erhält aus dem 86 Milliarden Euro-Rettungstopf...

FMW-Redaktion

In Sachen Griechenland ist nach der Sitzung der Eurogruppe im Großen und Ganzen exakt das herausgekommen, was seit Wochen erwartet wurde. Das Land erhält aus dem 86 Milliarden Euro-Rettungstopf weitere 8,5 Milliarden Euro. 7 Milliarden Euro davon wird Griechenland im Juli verwenden um eine dann auslaufende Anleihe zurückzuzahlen. Also ist dieser aktuelle Beschluss nichts weiter als eine klassische Umschuldung. Alte Schulden mit neuen Schulden bezahlen – die Schuldenlast an sich bleibt.

Die Differenz von 1,5 Milliarden Euro erhält Athen um damit Schulden im Inland zurückzahlen zu können. Die Regierung hat gegenüber privaten Gläubigern so einiges offen. Für viele Betriebe dürfte das eine schöne einmalige Erleichterung sein, mehr auch nicht. Sie sehen es schon. Nach diesen beiden Summen bleibt vom neuen Geldsegen nichts übrig. Nach all dem Verhandeln ist also kein neues Geld da um beispielsweise in Griechenland neue Aus- und Fortbildungsprogramme aufzulegen, damit das Qualifikationsniveau von Arbeitslosen steigt.

Auch ist folglich kein Geld übrig um beispielsweise Kredite an kleine und mittelständische Betriebe zu vergeben, damit diese für Wachstum sorgen können. Abseits von den Rettungsmilliarden erwähnt die Eurogruppe in ihrem Statement aber, dass man es begrüße, dass aus EU-Fonds seit Juli 2015 eine Summe von bislang 11 Milliarden Euro mobilisiert wurde um neue Arbeitsplätze und Wachstum zu unterstützen. Davon ist aber bislang nicht viel zu sehen. Die Eurogruppe bittet die griechische Regierung „eng mit der EU-Kommission zusammenzuarbeiten“, damit aus EU-Fonds weitere 970 Millionen Euro für Wachstumsmaßnahmen freigegeben werden können. Also geht es hierbei um Gelder, die mit dem 86 Milliarden Euro-Rettungspaket nichts zu tun haben, sondern um andere EU-Programme, die Griechenland als EU-Mitglied anzapfen kann.

Die Eurogruppe schreibt, dass die aktuell beschlossenen 8,5 Milliarden Euro wenn möglich auch dazu dienen sollten, dass die griechische Regierung sich eine Kapitalpuffer zulegen solle. Aber naja, bei +8,5 und -8,5 Milliarden Euro bleiben 0 Euro übrig! Die Einigung mit der Eurogruppe sieht vor, dass Griechenland bis 2022 einen Primärüberschuss (Haushaltsüberschuss ohne Kreditkosten) von 3,5% erwirtschaften soll. Ab 2022 reichen dann 2%. Auch ist eine Verlängerung der durchschnittlichen Laufzeit von Krediten von bis zu 15 Jahren angedacht. Hinzu kommt eine Wachstumsklausel, bei der Griechenland je nach Wachstum der Wirtschaft weniger oder mehr Schulden zurückzahlen soll.

Diese Details gelten als kleiner Sieg für den griechischen Finanzminister Tsakalotos und seine inoffiziellen Verbündeten in der Eurogruppe. Und diese Details gelten auch als Signal, dass Wolfgang Schäuble ein klein wenig die Augen zugedrückt hat. Letztlich geht es ja darum, dass die Griechenland-Story bis in alle Ewigkeit immer wieder aufs neue verlängert wird. Hauptsache keine Staatspleite, stimmts?

Der IWF ist noch nicht mit an Bord, aber irgendwie doch. So haben alle was davon. Jeder mogelt sich eben so gut es geht durch. Gerade Wolfgang Schäuble braucht (endlich mal) die Zusage des IWF für die Teilnahme am 86 Milliarden Euro-Rettungsprogramm für Griechenland, um seine Bundestagsabgeordneten beruhigen zu können. Aber was hat der IWF denn nun genau gesagt? Die Eurogruppe hat hierfür einen ganzen Absatz abgedruckt. Der IWF ist dabei, aber erst zum Ende der Laufzeit des Rettungsprogramms, und auch nur dann, wenn die Schuldentragfähigkeit gewährleistet sei usw. Zitat:

Acknowledging the staff level agreement reached with Greece on policies, IMF management will shortly recommend to the IMF’s Executive Board the approval in principle of Greece’s request for a 14-month Standby Arrangement. The IMF welcomes the further specification of the debt measures given today by Member States, and agrees that it represents a major step towards Greek debt sustainability. The IMF arrangement will become effective with resources made available in accordance with its terms, provided that the programme stays on track, when IMF staff can assure to the IMF’s Executive Board that there is an agreement on debt relief measures, that, appropriately calibrated at the end of the programme, would secure debt sustainability.

Voraussichtlich bleiben griechische Staatschulden wohl auch erst einmal ausgeschlossen vom Anleihekaufprogramm der EZB. Das ist ein Punkt, der Tsakalotos vielleicht wirklich ärgern dürfte! Fazit: Alles wie immer. Es fließt weiter frisches Geld nach Athen um alte Schulden bezahlen zu können. Der große Wurf um im Land für einen Wachstumsschub zu sorgen, bleibt aus.



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2 Kommentare

  1. Wenn der griechische Finanzminister vom „Sinn der Übung“ spricht, zeigt das eigentlich die nicht vorhandene Ernsthaftigkeit der ganzen Angelegenheit. Afrikanische Verhältnisse in Europa!

  2. Ich bin dreimal im Jahr in Griechenland und habe guten Kontakt zu vielen Griechen, daher kann ich Ihre Aussage nur bestätigen. Das einzige was floriert (Erdogan sei Dank!!), ist der Tourismus. Für einen kleinen Unternehmer ist es unmöglich, einen Kredit zu bekommen, Investitionen in Arbeitsplätze werden nicht gefördert, der Staatsapparat ist weiterhin aufgebläht und ineffizient, Bestechung und Steuerbetrug ist weit verbreitet und die Regierung ist vollkommen ideologisch verblendet. Alternative Energien werden kaum genutzt oder gefördert, obwohl Sonne und Wind im Übermaß vorhanden sind. Armes Griechenland!

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