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Hapag-Lloyd: Ein Börsengang unter grauen Wolken

FMW-Redaktion

Hapag-Lloyd ist heute an die Börse gegangen, und das in einem denkbar schlechten Umfeld. Um die Frachtraten in China, so munkelt man, soll es deutlich schlechter stehen als öffentlich bekannt. In den USA wird der Leitzins wohl bald angehoben, was Dollar-Kredite teurer werden lässt – auch wenn es hier nur um einen ersten Mini-Schritt geht. Positiv ist zu betrachten: Im Euro-Raum wird die EZB wohl noch dieses Jahr ihre Geldschwemme für den hiesigen Kapitalmarkt ausweiten, was gut für die Konjunktur und damit auch für die Logistikbranche ist. Ein Schlaglicht auf den schlechten Zustand der Branche, ausgelöst durch die Asien-Schwäche, wirft Hapag´s direkter Konkurrent, die weltweite Nummer 1 im Containermarkt „Maersk“ aus Dänemark. Am 26. Oktober und am 4. November gab es aus Kopenhagen Gruselnachrichten über Entlassungen, Kürzungen, Sparmaßnahmen. Warum also gerade jetzt der Börsengang von Hapag-Lloyd?

Das gruselige China-Umfeld ist doch seit Monaten bekannt! Wie man munkelt, wollte der chilenische Investor Andronico Luksic Craig, der durch die Fusion von Hapag-Lloyd mit der chilenischen Reedrei CSAV seit Kurzem der größte Hapag-Einzelaktionär ist, unbedingt diesen Börsengang schnell haben – so munkelt man. Warum? Will er seinen Anteil über einen Nachkauf an der Börse vielleicht noch weiter aufstocken? Ein mögliches Szenario. Luksic und Miteigner Klaus-Michael Kühne haben beim Börsengang auch 1/5 des IPO-Volumens gekauft. Nach 34% erhöht Luksic damit seinen Anteil an Hapag-Lloyd weiter und könnte über den freien Aktienmarkt, wenn er denn wollte, weiter Richtung 50% erhöhen. Auch könnte er noch als Großaktionäre verbliebene Banken überreden ihre Pakete zu verkaufen, womit er ganz real die 50% Grenze in Angriff nehmen könnte, wenn er denn wollte.

Aber zurück zum heutigen Börsengang. Weil aufgrund der Konjunkturbedenken die Nachfrage nach Hapag-Lloyd-Aktien zuletzt mehr als mau war, musste man die Preisspanne für die heutige Aktienemission kurz vorher von 23-29 auf nur noch 20-22 Euro senken. Aktuell notiert die Aktie um die 20,15 Euro herum und kann sich stabil halten. Aber alte Hasen kennen das Spiel – zum Start werden Aktien gerne mal gestützt, sozusagen als freundliche optische Unterstützung, damit man von einem „guten Start ins Börsenleben“ berichten kann. Aber natürlich wollen wir in diesem Fall so etwas nicht unterstellen. Der Ausgabepreis lag exakt am unteren Ende der Angebotsspanne, bei 20 Euro. Den ganzen Tag dümpelte die Aktie knapp drüber herum.

Hapag-Lloyd schreibt erst seit zwei Quartalen wieder Gewinne. Und das Geschäft war in den letzten Jahren äußerst labil. Das Debakel nach der Lehman-Krise mit massiv einbrechenden Frachtraten etc dürften die meisten Börsianer nicht vergessen haben. Und dann betrachten sie die aktuelle Lage in China, die jüngsten Aussagen von Maersk, und sollen bei Hapag-Lloyd einsteigen? Da konnte man nur noch mit einem Kurs-Rabatt nachhelfen. Und man konnte froh sein, dass man nur ein so kleines Volumen platzieren musste. Erlöst wurden brutto 265 Mio Euro, womit man in neue Schiffe und Container investieren möchte. Performance-technisch ist von der Hapag-Lloyd-Aktie bei den globalen Konjunkturvorzeichen, die für das Containergeschäft entscheidend sind, nicht viel zu erwarten.

Großaktionär und HSV-Investor Kühne hat ein Ziel wohl noch nicht aus den Augen verloren – die Fusion von Hapag-Lloyd mit der zweiten großen deutschen Container-Reederei Hamburg-Süd. Die gehört zur Oetker-Gruppe (ja, Dr. Oetker) – und je weniger Gesamtwert Hapag-Lloyd jetzt hat, desto geringer wäre ihr späterer Anteil bei einer Fusion mit der Oetker-Tochter am Gesamtkonzern. Abgesehen davon, dass die Fusion aktuell wohl kein Thema ist, muss Hapag erst mal wieder kräftig Fahrt aufnehmen und Gewinne produzieren, damit der Gesamtwert der Firma steigt. Dann erhöht sich nämlich irgendwann in der Zukunft bei einer möglichen deutschen Mega-Fusion auch Kühne´s Anteil an einer „Deutschland“-Reederei, hervorgegangen aus Hapag-Lloyd und Hamburg-Süd.




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