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Insiderhandel? Ermittlungen gegen Deutsche Börse-Chef Kengeter – aber warum erst jetzt?

Wenn Sie Chef eines Unternehmens sind, dass mit einem anderen Unternehmen fusionieren will, und ganz kurz vor Beginn der Fusionsverhandlungen kaufen Sie einen großen Block der Aktien ihres Unternehmens, ist das dann...

FMW-Redaktion

Wenn Sie Chef eines Unternehmens sind, dass mit einem anderen Unternehmen fusionieren will, und ganz kurz vor Beginn der Fusionsverhandlungen kaufen Sie einen großen Block der Aktien ihres Unternehmens, ist das dann Insiderhandel? Haben Sie diese Aktien gekauft im Wissen, dass sie bald Fusionsverhandlungen aufnehmen wollen, was gut für die Aktie sein könnte? Tja, wenn außer Ihnen selbst zu diesem Zeitpunkt niemand davon wusste, was bevorsteht, dann ist das wohl Insiderhandel, oder sehen wir das falsch?


Deutsche Börse-Chef Carsten Kengeter. Foto: Deutsche Börse AG

Aber gut, wir wollen nicht mutmaßen. Wir sind ja nicht die Staatsanwaltschaft in Frankfurt. Die jedenfalls ermittelt jetzt offiziell gegen Carsten Kengeter, den Chef der Deutschen Börse. Es war sicher ein reiner Zufall, dass er kurz vor der Aufnahme der Fusionsverhandlungen zwischen Deutscher Börse und London Stock Exchange eine großen Block von Aktien der Deutschen Börse gekauft hat. Solche Zufälle sollen ja vorkommen… die Deutsche Börse äußert sich hierzu offiziell wie folgt:

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat heute bei der Deutsche Börse AG wegen des Aktienerwerbs ihres Vorstandsvorsitzenden am 14. Dezember 2015 zur Umsetzung des vom Aufsichtsrat der Gesellschaft beschlossenen, neuen Vorstandsvergütungsprogramms ermittelt. Das Programm sieht ein Eigeninvestment des Vorstands in das Unternehmen vor. Das Unternehmen und der Vorstandsvorsitzende kooperieren in vollem Umfang mit der Staatsanwaltschaft.

Also handelt es sich bei diesem Kauf nicht um eine eigenmächtige Aktion des Chefs, sondern um ein eh schon geplantes Vergütungsprogramm für den Vorstand? Dann muss es ein Zufall gewesen sein, dass das Programm direkt vor der Aufnahme der Fusionsverhandlungen durchgeführt wurde. Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat Räumlichkeiten der Deutschen Börse bereits durchsucht. Darf man gratulieren zur Schnelligkeit der Behörden? Immerhin hat man sich locker ein volles Jahr Zeit gelassen. Der Plan zur Fusion sickerte im Februar 2016 durch (jetzt haben wir Februar 2017). Gekauft hatte Kengeter die Aktien am 14. Dezember 2015 (60.000 Stück im Wert von 4,5 Millionen Euro).

Das sind öffentlich zugängliche Informationen der Deutschen Börse – erstaunlich, warum man sich ein Jahr Zeit nimmt, wenn man denn wirklich irgendeinen Verdacht in dieser Angelegenheit hat. Um so verwunderlicher ist die jetzige Ermittlung auch, weil Kengeter schon im Januar 2016 in einem Zeitungsinterview über genau diesen Aktienkauf offen sprach. Hätte man nicht direkt nach Start der Fusionsverhandlungen ermitteln können, und nicht erst ein Jahr später? Wenn hier wirklich ein Regelverstoß, ein kriminelles Handeln oder etwas Ähnliches vorliegen sollte (Betonung auf „Wenn“), dann hätte ein Täter inzwischen ein volles Jahr Zeit gehabt Beweise zu beseitigen. Aber es gilt natürlich die Unschuldsvermutung!

Wie man hört, sollen die ersten Gespräche zur Fusion der beiden Börsenchefs erst im Januar 2016 stattgefunden haben, also gut einen Monat nach Kengeter´s Aktienkauf. Hat er also einen Monat vorher noch nicht mal ein Gedankenspiel im Kopf gehabt zu dieser möglichen Fusion? Also alles nur ein komischer Zufall? Tja, so wird es wohl sein… ? Die Fusion selbst ist immer noch in der Schwebe. Das Bundesland Hessen aus offizieller Aufseher der Deutschen Börse muss sich endlich mal entscheiden, ob man seinen Segen gibt oder nicht.



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2 Kommentare

  1. Natürlich ist das Insiderhandel was soll es denn sonst sein ? Herr Kengeter hat offenbar früher als andere Aktionäre bereits von dem Vorhaben gewusst, und sich somit einen Vorsprung verschafft, indem die Deutsche Börse gezielt Informationen zurückgehalten hat.

    Das die Behörden allerdings jetzt erst das ermitteln beginnen, ist ein Armutszeugnis!

    1. Die Dauer ist nicht unbedingt ein Armutszeugnis.
      Je nachdem, wie es aussieht, erfolgte eine Anzeige oder wurde die Staatsanwaltschaft von sich aus aktiv, müssen bei so einem Vorgang mehrere Dinge abgearbeitet werden und verschiedene Rädchen ineinander greifen, das dauert dann (leider) eben manchmal etwas länger.

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