FMW-Redaktion
Bisher hat sich der mächtige Chef der Bank of Japan, Kuroda, stets an die Devise gehalten: wenn du die Realität leugnest, wird die Realität irgendwann das tun, was du von ihr erwartest. So antwortete Kuroda stets auf die Frage, ob Negativzinsen schlecht für Japans Banken sei – oder für die Renditen japanischer Penionskassen – mit einem „nein“.
Japans Notenbankchef Haruhiko Kuroda
Foto: World Economic Forum
CC BY-SA 2.0
Nun hat heute Nacht Kuroda erstmals eingestanden, dass die Politik der Bank of Japan doch auch negative Folgewirkungen habe – vor allem für den japanischen Bankensektor. Ja, so Kuroda, es stimme schon, dass Negativzinsen das Vertrauen in das Bankensystem Japans erschüttern könnten. Aber das müsse man eben in Kauf nehmen, wenn es um das große Bild gehe, um die großen Probleme der japanischen Wirtschaft:
„There may be a situation where drastic measures are warranted even though they could entail costs.“
Es gebe nun einmal keinen „free lunch“:
„There is no free lunch for any policy. That said, we should not hesitate to go ahead with (additional easing) as long as it is necessary for Japan’s economy as a whole.“
Aber es gebe auch noch jede Menge neue Ideen, so Kuroda, die man ins Auge fassen könne:
„Even within the current framework, there is ample room for further monetary easing (..) and other new ideas should not be off the table.“
Man werde zunächst einmal die schon eingeführten Maßnahmen überprüfen – aber das werde nicht dazu führen, dass man die Geldpolitik wieder rigider gestalte.
Blicken wir einmal auf die bereits getroffenen Maßnahmen der Notenbank – und deren ausbleibenden Effekt:
– Inflation rückläufig, mit -0,5% negativ zum Vorjahresmonat
– die Bank of Japan wird in 2017 bei mehr als einem Fünftel aller im Nikkei notierten Unternehmen größter Aktionär sein (und dazu kommt dann noch der staatliche Pensionsfond GPIF, der sich ebenfalls zu einer Krake am Aktienmarkt entwickelt)
– Wachstum gleich Null, das BIP schrumpft zum Vorjahreszeitraum
– die Industrieproduktion rückläufig
– Exporte und Importe rückläufig
Eine echte Erfolgsstory!
Und für welchen Preis? Derzeit beträgt die Bilanzsumme der Bank of Japan schlappe 88% des japanischen BIP – bei der EZB dagegen „nur“ 32%, bei der Fed 24%:
#ECB balance sheet has crossed the 32% of GDP mark. Draghi makes Fed look like amateurs. pic.twitter.com/TcpfoKeAGH
— Holger Zschaepitz (@Schuldensuehner) August 30, 2016
Dazu kommt: seit Einführung der Negativzinsen hat der Yen (überraschenderweise) aufgewertet, was vor allem dem Finanzsektor große Schwierigkeiten bereitet (so verlor etwa der staatliche Pensionsfond GPIF daher gut fünf Milliarden Dollar im zweiten Quartal).
Nun werden auch die Anleihemärkte nervös: die Renditen japanischer Staatsanleihen stiegen zuletzt und liegen nun auf dem höchsten Niveau seit sechs Monaten. Und im Gefolge der heutigen Aussagen Kurodas wertete der Yen wieder deutlich auf.
Was also tun? Der Master of Desaster, Japans Ministerpräsident Abe, der diese Geldpolitik letztlich maßgeblich initiiert hat, hat heute auf dem G20-Treffen dazu Stellung genommen: man werde falls notwendig kraftvolle Gegenmaßnahmen gegen eine weitere Aufwertung des Yen unternehmen. Aber nicht, indem man etwa ausländische Staatsanleihen kaufe – denn das sei nicht erlaubt als direkte Devisenmarkt-Intervention.
Schon erstaunlich, dass sich die Japaner überhaupt noch Gedanken machen, was erlaubt ist und was nicht..
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