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IWF produziert doppeltes Paradoxon

Von Claudio Kummerfeld

Griechenland ist gestern beim IWF erneut eine Rückzahlung schuldig geblieben (456 Mio Euro). Somit ist das Land doppelt im Zahlungsverzug (1,5 Mrd Euro am 30.06.). Der IWF produziert gerade ein doppeltes Paradoxon rund um das Thema Griechenland.

Paradoxon 1: Neues Geld für Griechenland?

Der IWF soll sich gemäß dem jetzt ausgehandelten 3. Griechenland-Paket mit frischen Krediten beteiligen, er darf es aber aufgrund seiner eigenen Regularien gar nicht, da man einem Land, das im Zahlungsverzug ist, keine neuen Kredite gewähren darf.

Dieses 9 Punkte-Papier des IWF schließt weitere Gelder für Griechenland eigentlich aus.

Alexis Tsipras würde am liebsten sofort die IWF-Schulden auf den ESM umschulden, um diese „verbrecherische Organisation“ nicht mehr an der Backe zu haben. Angela Merkel aber besteht jetzt wie auch schon bei den vorigen Rettungspaketen auf die „Expertise“ des IWF und will ihn im Boot belassen. Damit bringt sich Merkel selbst in ein Dilemma, und den IWF gleich mit. Wenn er nämlich nicht mitmacht mit frischem Geld für Griechenland, wackelt ihr „Konzept“ für das 3. Hilfsprogramm. Fällt der IWF um, hat er das „totale“ Glaubwürdigkeitsproblem.

Anscheinend wurde der Währungsfonds gar nicht gefragt, ob er im 3. Hilfsprogramm als Geldgeber mit auftauchen möchte, denn wie gestern verkündet, will der IWF-Rat in „den nächsten Wochen“ über sein weiteres Vorgehen beraten. Von großer Eile nichts zu spüren.

Paradoxon 2: Schuldenschnitt, aber bitte ohne den IWF?

Der IWF weist schon seit Wochen darauf hin, dass die europäischen Gläubiger einem Schuldenschnitt für Griechenland zustimmen sollen. Anders wäre die Krise nicht zu bewältigen. Durch die exorbitante Überschuldung wäre auch das 3. Hilfspaket zum Scheitern verurteilt. Da gibt es nur ein Problem aus der Abteilung „Heuchelei“. Der IWF selbst hat bisher nichts davon erwähnt, dass er sich selbst am Schuldenschnitt beteiligen möchte.

Im Gegenteil! Man besteht auf der vollen Rückzahlung seiner Kredite. Anders ginge es auch gar nicht, sonst stünde der halbe verschuldete Planet morgen in einer Schlange vor der IWF-Zentrale in Washington, um einen Antrag auf Schuldenschnitt für seine Kredite einzureichen. Was lernt man daraus? Der IWF sollte lieber nicht von einem Schuldenschnitt reden, den die Europäer nur mit ihrem Forderungsteil durchführen sollen, es sei denn der IWF wirft seine Regularien über den Haufen und lebt mit den vorher geschilderten Konsequenzen. Dann wäre die Institution IWF als Ganzes de facto aber nicht mehr glaubwürdig.



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4 Kommentare

  1. Ein schöner Artikel, Im Netz kommt lob ja oft zu kurz!

    Der Irrsinn steckt hier im Detail. Denn obwohl Griechenland seine Zahlungen an den IWF vom 30.06. nicht geleistet hat, hat meines Wissens nach der IWF in Person von Frau Lagarde dennoch keinen Zahlungsverzug an den IWF-Rat gemeldet. Damit gibt es diesen Verzug bisher für den IWF auch nicht und man kann weiterhin über weitere Kredite sprechen die sich eigentlich verbieten würden, sollte der Zahlungsverzug offiziell festgestellt werden. Frau Lagarde hat jedoch einen Bemessungsspielraum von 30 Tagen um den IWF-Rat zu informieren. Wenn also Griechenland bis zum 29.07. zahlt so könnte der IWF über weitere Kredite beraten. Ansonsten natürlich nicht.

    Über das zweite Paradoxon könnte man sicherlich lachen wenn es denn nicht um unser Vermögen gegen würde, dass hier verbrannt werden soll zur Rettung unseres Geldes. Ist es nicht bemerkenswert wie sich die beiden Begrifflichkeiten heute auseinander dividieren lassen?
    Vermögen steht auf dem Spiel um eine Währung zu retten mit der man sein Vermögen ausdrückt. Ich erwarte schon voller Spannung den Tag an dem der Staat zwar noch eine Währung hat sein Vermögen auszudrücken, ohne jedoch über ein solches zu verfügen!

    …gestiftet von den Freunden de Giralgeldes und es IWF

    1. @m-eichmann, nur eine kurze Anmerkung: Lagarde hat den Zahlungsverzug gemeldet – besonders interessant in diesem Zusammenhang ist, dass Griechenland gestern eine weitere Rate an den IWF nicht gezahlt hat (auch hier wurde der Zahlungsverzug vom IWF festegstellt), wohl aber einen sog. Samurai-Bond bedient hat. Dieser Samurai-Bond ist eine von Griechenland im Jahr 1995 begebene Yen-Anleihe, die vorwiegend von japanischen Pensionsfonds gekauft worden war. Gestern hat Griechenland die fälligen 85 Millionen Euro anstandslos ausbezahlt – in der deutschen Presse ist das nicht aufgetaucht..

  2. Sie sehen mich verplüfft!

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