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Jahrelange Cum Ex-Milliardenabzocke: SPD und Union sind sich einig, dass die Finanzverwaltung nichts falsch gemacht hat

Sie kennen inzwischen die Thematik rund um die Begriffe "Cum Ex" oder "Cum Cum"? Bis 2012 wurden bei Dividendenzahlungen auf Aktien einmal gezahlte Steuern gleich mehrfach an Anleger erstattet. Dazu tagte ein...

FMW-Redaktion

Sie kennen inzwischen die Thematik rund um die Begriffe „Cum Ex“ oder „Cum Cum“? Bis 2012 wurden bei Dividendenzahlungen auf Aktien einmal gezahlte Steuern gleich mehrfach an Anleger erstattet. Dazu tagte ein Bundestags-Untersuchungsausschuss. Auf einen gemeinsamen Abschlussbericht zu dem Thema konnten sich die im Ausschuss vertretenen Parteien anscheinend nicht einigen. Nur dass es sich um illegale Geschäfte gehandelt habe, da ist man sich wohl aber einig.

Aber ein Versagen oder Fehlverhalten der Finanzverwaltung können (rein zufällig?) SPD und Union letztlich nicht erkennen. Da mag es ein reiner Zufall sein, dass Finanzminister beider Parteien während der Abzocke zuständig waren. Wie kam es zum Nicht-Handeln der Minister um die Abzocke zu verhindern? Durch Passivität? Inkompetenz? Unkenntnis? Wegschauen? Desinteresse? Oder gibt es sonst noch Gründe, auf die wir auch nicht kommen? Schon die Webseite des Bundestags-Untersuchuchungsausschusses zu diesem Thema wirkt wie eine Comedy-Webseite.

Dort werden einzelne Headlines zu einzelnen Vernehmungen ehemaliger Zuständiger präsentiert. Ex-Finanzminister Steinbrück (SPD) wird hier zitiert mit „erst ab 2009 habe er von den Geschäften erfahren“. Na ja, er war ja auch nur Finanzminister. Wie hätte er schon davon erfahren sollen? Wolfgang Schäuble wird mit einer intelligenteren Antwort-Headline dargestellt, die da lautet „das Thema war komplex und nicht einfach zu lösen“. Tja, so ist das eben. Ein Finanzministerium ist jahrelang nicht in der Lage komplexe Steuer-Abzocke zu verstehen oder zu verhindern. So ist es eben… ?

Wie gesagt. SPD und Union sehen nach Ende der Ausschuss-Arbeit keinerlei Fehlverhalten der Finanzverwaltung. Man könnte auch sagen. Wer gar nichts tut, kann auch nichts falsch machen? Unkenntnis kann es nicht gewesen sein, denn Hinweise gab es! Egal, der Gesamtschaden lag bei geschätzt bis zu 32 Milliarden Euro, und entstand von 2009-2011. Die Opposition wirft Wolfgang Schäuble vor den Betrug jahrelang schlicht nicht verhindert zu haben.

Im Berichtsentwurf des Ausschusses heißt es zumindest, dass es im deutschen Steuerrecht im betreffenden Zeitraum gar keine Möglichkeit gegeben habe eine einmalig einbehaltene Kapitalertragsteuer in rechtmäßiger Weise mehrfach erstatten zu lassen. Eine Gesetzeslücke habe insoweit gar nicht bestanden. Wenn das stimmt, wovon man wohl ausgehen darf, ist die mehrfache Erstattung auch nach damaliger Lage also schlicht und einfach „Betrug“, und Schäuble hätte ganz einfach Staatsanwaltschaft und Polizei einschalten müssen. Oder?

Grüne und Linke kritisieren SPD und Union scharf. Man koche alles klein um den Schaden für sich selbst so gering wie möglich zu halten. Die parlamentarische Zusammenarbeit sei verweigert worden. Tja, das Thema ist nun wohl bald erledigt, und man kann zur Tagesordnung übergehen. Wie eine TV-Reportage vor Kurzem zeigte, düsen die Profiteure der Abzocke mit schnellen Autos durch Mallorca oder bauen sich Häuser in der Schweiz. Bei der Staatsanwaltschaft in Köln sollen angeblich Ermittlungen zu dem Thema laufen. Man darf gespannt sein, was am Ende rauskommt. Vielleicht gar nichts? Alles zu unklar, zu lange her, die Aussagen der Finanzverwaltung zu zweideutig? Es bleibt ein Rätsel, warum Schäuble, Steinbrück und Co nichts gemacht haben? Ach ja, Herr Steinbrück hat davon ja erst spät erfahren…



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6 Kommentare

  1. Bernhard Zimmermann

    Solange man den Mittelstand bei der Lohnsteuer mit dem Spitzensteuersatz das Geld aus der Tasche ziehen kann, kann man ja auf die Rückzahlung der mehrfach erstatteten Kapitalertragsteuer gut verzichten. Solange der Deutschmichl Achselzuckend dies alles so hin nimmt ist doch alles in bester Ordnung. Ich prophezeie jetzt schon was er noch so alles in den nächsten 5-15 Jahren hinnehmen wird:
    – Bargeldverbot
    – Goldverbot
    – Zwangshypotheken auf Immobilien
    und dies alles um unser schönes und anscheinend alternativloses Finanzsystem am Leben zu erhalten.
    Wenn man bei den englischen Buchmachern darauf setzen könnte, würde ich einen stolzen Betrag darauf wetten.

  2. WENN es
    „schlicht und einfach „Betrug“ (war), und Schäuble …ganz einfach Staatsanwaltschaft und Polizei (hätte) einschalten müssen“ – ja, dann frage ich mich, wieso man die Staatsanwaltschaft nicht auch heute noch einschalten kann bzw. muss. Wo man sich doch jetzt angeblich einig ist, dass es illegal war.

  3. Gut geschrieben.
    Nach meiner Erinnerung haben die Spatzen es bereits zu Steinbrücks-Zeiten von den Dächern gepfiffen, das die Sache gewaltig stinkt.
    Aber so verstehe ich die Höhe der Vortragshonorare viel besser…
    Und da es keine Opposition mehr im Bundestag gibt und auch die vierte Gewalt nicht mehr funktioniert (FMW und ein paar andere Blogs ausgenommen) kann der politische Skandal ganz bequem unter den Teppich gekehrt werden.

  4. Ich liebe diese Clowns in der Regierung. So Ahnungslos bei allem aber Hauptsache die Steuern erhöhen wollen (produzieren wir gerade nicht einen Überschuss?). Und sich selbst die Diäten erhöhen. Was soll man da noch wählen? Ist ja bald wieder soweit.

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