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Kanada kurz vor Lehman-Moment? Moody´s stuft kanadische Banken ab

Wenn man sich die Entwicklungen in Kanada ansieht, hat man das Gefühl: kennt man doch irgendwoher! Ein Déjà-vu-Erlebnis, das an den Anfang des Platzens der Immobilienblase ab 2007 in den USA erinnert!

FMW-Redaktion

Wenn man sich die Entwicklungen in Kanada ansieht, hat man das Gefühl: kennt man doch irgendwoher! Also ein Déjà-vu-Erlebnis, und klar, das erinnert an den Anfang des Platzens der Immobilienblase in den USA. Kürzlich der Beinahe-Kollaps des größten kanadischen (Nicht-Banken-)Immobilienfinanzierers Home Capital, weil viele Kunden falsche Angaben gemacht hatten, um die Kredite zu „erschleichen“. Daraufhin musste das Unternehmen einen immens hoch verzinsten Notkredit aufnehmen (siehe hierzu „Kanada: Kapitaleinleger verlassen Hypothekenfinanzierer massenhaft, Aktie verliert schlagartig 65%“).

Und nun scheint das zu passieren, was damals in den USA passierte: es hagelt Abstufungen. So gestern Abend durch die amerikanische Ratingagentur Moody´s, die gleich sechs kanadische Banken abstufte: Toronto-Dominion Bank, Bank of Montreal, Bank of Nova Scotia, Canadian Imperial Bank of Canada, National Bank of Canada, und Royal Bank of Canada.

Die Begründung von Moody´s lässt aufhorchen:

„Today’s downgrade of the Canadian banks reflects our ongoing concerns that Canadian banks‘ exposure to the increasingly indebted Canadian consumer and elevated housing prices leaves them more vulnerable to unpredictable downside risks facing the Canadian economy than in the past.“

Also hoch verschuldete Konsumenten, die vor allem deswegen so hoch verschuldet sind, weil die Immobilienpreise so massiv gestiegen sind (also mussten die Kanadier höhere Kreditsummen aufnehmen). Das alles erhöhe die Abwärtsrisiken für die kanadische Wirtschaft, so Moody´s – und gemeint ist damit: wenn die Immobilien-Preise fallen, ergibt sich eine Kettenreaktion, die ähnliche Auswirkungen haben könnte wie einst in den USA.

Fallen eines Tages die Immobilienpreise in Kanada, würde das die immens gehebelte Verschuldung der Konsumenten kaum mehr tragfähig machen – und damit das Risiko für die abgestuften Banken durch Ausfälle von Krediten deutlich erhöhen. Und dass die Preise absehbar fallen werden, ist mehr als wahrscheinlich: der Chef der kanadischen Notenbank, Stephen Poloz, nannte kürzlich die Preissteigerungen in zahlreichen Städten wie Toronto „not sustainable“ (nicht nachhaltig).

Faktisch leben die Kanadier weit über ihre Verhältnisse, Tendenz immer maßloser: das wird vor allem im Verhältnis zwischen verfügbarem Einkommen und der Verschuldung der kanadischen Haushalte deutlich: sie lag 2007 bei 137%, 2012 bei 165% und im letzten Quartal 2016 bei 167,3%. Extreme Verschuldung auch bei den kanadischen Unternehmen: sie betrug 2015 179,3% des BIP Kanadas, Ende 2016 185% des BIP.

Anders als in den USA ist die Blase am kanadischen Immobilienmarkt auch nach 2007 nicht geplatzt – vorwiegend weil wohlhabende Chinesen als Käufer auftraten, um ihr Kapital außerhalb Chinas in Sicherheit zu bringen. Und so stiegen die Preise munter weiter, während sie in den USA kollabierten. Die neueste Entwicklung in Kanada ist „Speed dating zum Immobilienkauf“ – man kauft also mit einem Fremden eine Immobilie, die man sich alleine nicht leisten könnte (und übernimmt damit auch die Haftungsrisiken des Mit-Käufers!).

Die gestrige Abstufung ist also vielleicht die Ankündigung des Lehman-Moments Kanadas – denn alle Blasen platzen früher oder später. Die kanadische Immobilienblase eben später – aber das Platzen hat vermutlich bereits begonnen!


Toronto, ein Zentrum der Immobilien-Blase in Kanada
Foto: Taxiarchos228, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/



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3 Kommentare

  1. Die Nadel für diese Blase könnten die Kapitalverkehrskontrollen in China sein, die den Abfluss von Devisen aus dem Reich der Mitte eindämmen sollen. Das könnte auch den Kapitalzufluss in den kanadischen Immobilienmarkt negativ beeinflussen. Die Chinesen haben nicht nur Immobilien gekauft, sondern auch in gigantischem Ausmaß Land und Forst. Vor allem für die Produktion von Nahrungsmitteln (organic food) wurden riesige Ackelflächen akquiriert. So kannte man das Kapital aus China nach Kanada exportieren und für die wohlhabenden Chinesen gesunde Nahrungsmittel nach China importieren. Bin gespannt, wie es in Kanada weitergeht.

  2. „Faktisch leben die Kanadier weit über ihre Verhältnisse, Tendenz immer maßloser: das wird vor allem im Verhältnis zwischen verfügbarem Einkommen und der Verschuldung der kanadischen Haushalte deutlich: sie lag 2007 bei 137%, 2012 bei 165% und im letzten Quartal 2016 bei 167,3%.“
    Was das angeht, scheint man sich am südlichen Nachbarn zu orientieren. Wer im Glashaus sitzt…

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