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KTG Agrar-Pleite: Sagt Ihnen nichts? Dann lesen Sie mal…

Die KTG Agrar ist pleite. Sagt Ihnen nichts? Mit 45.000 Hektar Land war sie bisher immerhin gemessen an der Fläche Deutschlands größter "Agrarkonzern". Die Firma residierte bisher fast direkt an der Hamburger Binnenalster, und trat nach außen auf als...

FMW-Redaktion

Die KTG Agrar ist pleite. Sagt Ihnen nichts? Mit 45.000 Hektar Land war sie bisher immerhin gemessen an der Fläche Deutschlands größter „Agrarkonzern“. Die Firma residierte bisher fast direkt an der Hamburger Binnenalster, und trat nach außen auf als „integrierter Anbieter“ von Agrarprodukten. Also Betrieb landwirtschaftlicher Flächen (z.B. Kartoffeln), Lebensmittelproduktion, aber auch Energieerzeugung. War das alles wirklich so? Die Firma ist nun pleite – am 1. September wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Am Freitag zeigte sich der Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus gegenüber Pressevertretern erschüttert.

Die Strukturen im Unternehmen hätten überhaupt nicht zum Volumen des Unternehmens, zur Bilanzsumme, den Umsätzen und zur Unternehmensgröße gepasst. Die KTG sei definitiv nicht wie ein börsennotierter Konzern geführt worden (klingt im Video ganz unten alles ganz anders). Vorgefunden hat er ein Geflecht von wohl mehr als 100 Firmen und womögich diversen Briefkastenfirmen, das er nach eigenen Aussagen auch kaum durchblicken kann. So residierten beispielsweise in einem kleinen Bürogebäude in der Hamburger City hinter einer einzigen Bürotür angeblich all diese Firmen:

KTG Getreidehandels AG
KTG Getreidelager und Handels AG Elevator and Trading
ROM Agrar Union AG
Agrar AG
SAMPI Verwaltungs AG
Farmco Citus 12. AG
TKS Union AG
Biomethan Produktion Quesitz GmbH
N.E.W Organic Energy AG

Der eingesetzte „Sanierungsvorstand“ sagte dazu man finde hier Unternehmensbeteiligungen der KTG vor, bei denen es schwierig sei den Sinn dieser Beteiligungen zu erkennen. Die Zeit habe bisher nicht ausgereicht um zu verstehen, was in all diesen Gesellschaften überhaupt getan wurde. Stefan Denkhaus sagte (wohl in weiser Voraussicht?) es sei momentan unmöglich und auch unseriös zu sagen zu welcher Quote Anleihe-Inhaber überhaupt Geld zurückerhalten werden. Die Anleger müssten sich schon mal auf ein Szenario einstellen, das bis zu einem Totalverlust reiche. Jenseits den wörtlichen Aussagen lautet die offizielle Aussage so:

„Die KTG Agrar SE ist zahlungsunfähig und in Höhe von rd. € 394 Mio. überschuldet. Das Gutachten des vorläufigen Sachwalters liegt nunmehr dem Vorstand vor. Als Ergebnis der Ermittlungen des vorläufigen Sachwalters steht fest, dass Abschreibungsbedarf bei Beteiligungen und Forderungen (einschließlich assoziierter Unternehmen) der KTG Agrar SE voraussichtlich in Höhe von bis zu € 222 Mio. und bei sonstigen Vermögensgegenständen (hier: Forderungen gegen Dritte) voraussichtlich in Höhe von € 169 Mio. besteht. Aufgrund dieser Tatsache ist absehbar, dass die Insolvenzquote für die Gläubiger der KTG Agrar SE äußerst gering ausfallen wird; eine ungefähre Höhe ist derzeit nicht prognostizierbar.“

Auch sieht der Insolvenzverwalter eine Möglichkeit für Haftungsansprüche gegen die ehemaligen Vorstände, die sich Gehälter auf „phantastischen Niveaus“ genehmigten. Auch hätte man 1,5 Millionen Euro für Helikopterflüge ausgegeben. Immerhin weiß der Anleger hier genau, wo sein Geld geblieben ist! Interne Kontrollsysteme hätten gleich ganz gefehlt. Am 6. Oktober folgt die Gläubigerversammlung. 10.000 Anleger bangen um gut 400 Millionen Euro, die sie wahrscheinlich nicht wiedersehen werden.

Und der Anleger? Laut KTG-Aussagen waren die Anleihen mit hochwertigen Ratings (Investment Grade) von Ratingagenturen ausgestattet. Es gab hohe Anleihezinsen von 7% und mehr. Das verführt den ausgehungerten Anleger natürlich zum Kauf. Wer ganz Böses unterstellten wollte (wir natürlich nicht), könnte als unbedarfter Anleger beim Betrachten dieses Videos über die KTG Agrar aus dem Jahr 2014 (veröffentlicht von der Börse Frankfurt) denken, dass die Börse selbst die Anleihe für gut befunden hat. Beim genaueren Zuhören fällt natürlich auf, dass die Sprecherin im Video stets auf die Aussagen des KTG-Managers verweist. Die Gesamt-Aura des Videos sorgt aber für ein durchaus seriöses Image.

Was lernt man daraus? Immer hellhörig werden, wenn es heißt: Liebe Anleger, auf dem Sparbuch gibt es 0%, von der deutschen Staatsanleihe gibt es 0%, von Unternehmensanleihen großer Konzerne vielleicht 2 oder 3%. Hey, bei uns gibt es 7% Zinsen pro Jahr! Da bitte in Deckung gehen und selbst drei, vier oder fünf Mal hinschauen. Kann gut gehen, kann aber auch schief gehen. Je höher der Zins, desto höher das Risiko! Denn was ist der Zins? Nichts anderes als eine Risikoprämie für den Investor. Je höher der Zins, desto höher das Ausfallrisiko der Anleihe! Was lernen wir noch? Bitte keinen Ratings trauen, und bitte auch keinen schönen Image-Filmen und Hochglanzprospekten trauen! Einfach auf die Höhe der Risikoprämie schauen!



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5 Kommentare

  1. Vielleicht auch mal Wikipedia konsultieren -> „Siegfried Hofreiter“

  2. Zurück marsch, marsch! Der Hinweis auf Konkursverschleppung etc. taucht erst Jan. 2016 auf. Die Versionen bis dahin sehen mir so aus, als hätte er sie selbst verfasst. Nur meine Meinung.

  3. interessanter Bericht, aber wieso wird hier nicht auf Siegfried Hofreiter eingegangen? Er ist Hauptaktionär und Vorstand von KTG Agrar. Siegfried Hofreiter wurde 2002 wegen Insolvenzverschleppung in Millionenhöhe verurteilt und durfte 5 Jahre lang für keine Kapitalgesellschaft tätig sein, hatte also Berufsverbot.

    Ich fand KTG Agrar auch immer interessant, hab aber wegen Hofreiter nie investiert. Er ist einfach ein sehr unseriöser und betrügerischer Geschäftsmann.

  4. Ich hätte aber jetzt auch noch als ganz großen Knüller erwartet, dass die EZB die Anleihen ebenfalls schon gekauft hat.
    Von dem EZB-Geld hätten die Firmenbosse dann ihre im Text erwähnten Helikopterflüge bezahlen können. Somit wäre das dann Helikoptergeld der EZB par exeDingsdabums.
    Aber so wars ja denn wohl doch nicht.

  5. Hab auch mal bei einem solchen Betrüger gearbeitet.
    a) Sie beruhigen ihr eigenes Gewissen mit der „Gutheit“ ihres Tuns für die Umwelt. Er meinte sogar, daß wir zum Nutzen der Natur mehr arbeiten sollen. Er fuhr selbst einen dicken Benz, aß nur in feinsten Restaurants, hatte die neueste Kaffeemaschine, reiste nur Business-Class und telefonierte stundenlang, wo er immer viele schönklingende Theorien weiterpredigte.
    b) Er zahlte Rechnungen nur auf Drohung. Manchmal sogar selbst dann nicht. Er sagte uns immer, wir sollen den Lieferanten irgendetwas erzählen. Wir mußten lügen und sagen, das Geld komme dann und dann. Es war aber gar kein Geld da zum Bezahlen! Sch…-Grüne.
    c) Aber das Maul voll gegen Umweltsünder wie Cola, Dosen-Hersteller (wegen der giftigen Beschichtung innen) usw. Das sind dann immer die falschen Messiasse, die Wölfe im Schafspelz. Mein Chef war auch sehr groß, und hat schon durch die Erscheinung, die tiefe Stimme und natürlich durch sein salbungsvolles Geschwätz Vertrauen eingesammelt. Als er uns Mitarbeiter wegen Zahlungsunfähigkeit entlassen mußte, meinte er in Blick auf seinen Schuldenberg, er werde schon einen Dummen finden, der in die „Zukunft“ (seine!!!) investiert.
    https://www.youtube.com/watch?v=z-X9RHJ2xzw

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