Aktien

Lässt Erdogan vor dem Referendum den türkischen Aktienmarkt hochkaufen?

Gestern geschah an der Istanbuler Börse Wundersames: der türkische Leitindex Borsa Istanbul 30 stieg gegen den Trend aller anderen Indizes in der Welt um satte 3,4% - und das ohne jede Nachrichten, die einen solchen Anstieg hätten begründen können. Verantwortlich dafür ist eine türkische Broker-Firma - handelt sie im Auftrag Erdogans, um die Stimmung im Land kurz vor dem Referendum zu heben?

FMW-Redaktion

Gestern geschah an der Istanbuler Börse Wundersames: der türkische Leitindex Borsa Istanbul 30 stieg gegen den Trend aller anderen Indizes in der Welt um satte +3,4% – und das ohne jede Nachrichten, die einen solchen Anstieg hätten begründen können. Nun zeigt sich, dass der Anstieg vor allem durch einen einzigen Player am Markt ausgelöst war: der türkischen Brokerage-Firma Yatirim Finansman. Dabei kaufte die Firma Aktien aus dem türkischen Leitindex im Volumen von 208 Millionen Lira (ca. 56 Millionen Dollar) und übertraf damit den nächstgrößten Käufer am Markt um das dreifache Volumen.

Das ist schon insofern erstaunlich, als die Nachfrage aus dem Ausland für türkische Aktien mehr als bescheiden ist: der größte ETF, der den türkischen Aktienmarkt abbildet, der iShares MSCI Turkey, verzeichnet seit fünf Tagen konstant Abflüsse, in den letzten Wochen haben ausländische Investoren türkische Aktien im Volumen von 77 Millionen Dollar verkauft – und sind im Gegenzug in türkische Staatsanleihen eingestiegen, in die über 800 Millionen Dollar in den letzten Tagen geflossen sind. Die 10-jährige türkische Staatsanleihe rentiert derzeit mit 10,4%.

Man flüchtet also vor dem Referendum am 16.April seitens der Ausländer eher in gut rentierliche Papiere als in den volatilen Aktienmarkt, da der Ausgang des Referendums und seine Folgwirkungen schwer zu kalkulieren sind.

Nun aber die massiven Käufe von Yatirim Finansman – aber warum? Eine Vermutung ist, dass die Firma sich als williger Vollstrecker Erdogans betätigt: steigende Aktien heben die Stimmung und signalisieren darüber hinaus, dass die Welt in der Türkei vermeintlich doch in Ordnung ist – was durch die Konjunkturdaten der letzten Wochen und Monate aus der Türkei auch ökonomisch widerlegt ist. Oder weiss man bei Yatirim Finansman schon, wie das Referendum ausgehen wird, weil im Notfall bei der Auszählung der Stimmen etwas nachgeholfen wird zugunsten Erdogans?


Lässt Staatspräsident Erdogan den türkischen Aktienmarkt hochkaufen?
Foto: Prime Minister Office / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

All das ist zugebenermaßen Spekulation – aber das massive Engagement von Yatirim Finansman in einem eher marktengen Umfeld ist doch denkwürdig. Inzwischen sind die im Borsa Istanbul 30 enthaltenen Aktien alles andere als günstig: so liegt die Dividendenrendite der 30 Titel des Borsa Instanbul Index durchschnittlich nur um 0,33% über der der 2-jährigen türkischen Staatsanleihe. In den letzten sieben Jahren lag der Abstand durchschnittlich bei 1,8%.



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage