FMW-Redaktion
Es hat sich mit der Amtsübernahme Mario Draghis etwas grundsätzlich verschoben in der Eurozone: die EZB ist unter Draghi zur Superpower aufgestiegen. Und das liegt vor allem daran, dass Draghi anders als sein Vorgänger Trichet, der sich meist kryptisch ausdrückte und wie ein Beamter agierte, eine völlig andere Vorstellung davon hat, was die EZB sein soll.
Mario Draghi und die Seinen
Foto: Europäische Zentralbank
Unter Trichet war die EZB noch eher wie die Bundesbank. Die Statuten der EZB waren so formuliert, dass die EZB als Fortsetzung der Bundesbank auf europäischer Ebene agieren sollte – mit der Fokussierung auf das Thema Inflation, nicht auf den Bereich Wachstum. Das Konzept Draghis dagegen ähnelt viel mehr der amerikanischen Fed als der Bundesbank: die Fed hat bekanntlich auch die zentrale Aufgabe, die Voraussetzungen für Wachstum zu schaffen.
Letztlich ist das eine Abkehr der Dominanz Deutschlands im finanzpolitischen Bereich: die Bundesbank galt als „Atombombe Deutschlands“. Aus der Bombe ist nun ein Rohrkrepierer geworden. Da Deutschland in Europa ohnehin schon politisch dominant ist, hat Merkel diesen Machtverlust offenkundig bewußt zugelassen. Und ohne die leise Unterstützung von Merkel hätte Draghi diese „Revolution“ nicht gelingen können.
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Natürlich positioniert sich die „Europäische Zentralbank“ als Institution unabhängig, und zwängt zudem ihre Widersacher per Vertragsrecht unter sich. Da dies mit politischem Taktieren und sonstigen Zweifelhaftigkeiten einhergeht, kann man das auch als Usurpation ansehen, quasi Selbstermächtigung. Letztendlich liegt dies – wie auch restliche EU-Institutionen – nur im Glauben seiner Unterstützer, weshalb dies immer wieder betont und untermalt werden muss, sonst fällt die anhängliche Spiritualität. Wer hat es also in der Hand?