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Mario Draghi verfestigt seine persönliche Definition von Inflation

Als die Inflation nun in gerade mal drei Monaten einen gigantischen Sprung von 1,1% im Dezember auf 2,0% im Februar hingelegt hatte, musste offensichtlich ein guter Grund her, warum man die Zinswende...

Von Claudio Kummerfeld

Mario Draghi hat gesprochen, und seine Aussagen sind eindeutig. Es bestätigt sich heute im offiziellen Redemanuskript das, was in den letzten Wochen mehrmals angedeutet wurde. Letztes Jahr hieß es noch die Inflation müsse Richtung 2% steigen, dann könne man seine Zinspolitik ändern. Als die Inflation nun in gerade mal drei Monaten einen gigantischen Sprung von 1,1% im Dezember auf 2,0% im Februar hingelegt hatte, musste offensichtlich ein guter Grund her, warum man die Zinswende noch lange nicht einleiten kann.


EZB-Chef Mario Draghi und der EZB-Rat. Foto: EZB

Wir hatten das Thema bereits angesprochen. Von „Inflation“ wechselt Mario Draghi heute höchst offiziell zur „Kerninflation“, die auf bis zu 2% steigen müsse. Und was letztlich die „Kerninflation“ ist, liegt im Auge des Betrachters. Gemäß den Statistikern von Eurostat und wohl auch nur all zu gerne in den Augen der EZB ist momentan zumindest das Benzin an der Tankstelle sowie Fleisch, Obst und Gemüse im Supermarkt nicht Teil der Kerninflation. Dabei sind gerade diese Kosten doch täglich anfallende Kosten, die so ziemlich jeden Menschen in Deutschland wie auch im Ausland ständig betreffen. Was soll zur Kerninflation gehören, wenn nicht solche Ausgaben, möchte man sich fragen?

Die EZB hat darauf eine Antwort, auch heute. Ein Preis gehört eben nur dann zur Kerninflation, wenn er nicht all zu stark schwankt. Also sind nur relativ stabile Preise Teil der hauptsächlichen Preisentwicklung, zumindest laut der EZB. Das mag verstehen wer will, aber so ist es eben. Was wäre eigentlich, wenn plötzlich alle Preise stark schwanken würden? Dann gäbe es ja gar keine Kerninflation mehr – so müsste man es dann auch sehen, so meine ich es zumindest! Auf jeden Fall hat Mario Draghi überhaupt irgendeine Erklärung gefunden, warum die Geldpolitik auch in den nächsten Monaten nicht angerührt wird.

Energie und Nahrungsmittel ziehen in der Eurozone beide kräftig im Preis an mit Steigerungen deutlich über +2%. Die sonstige offizielle „Kerninflation“ liegt bei 0,9%. Die müsse man weiter genau beobachten und eben warten, bis sie auch Richtung 2% steigt, so lautet sinngemäß die Aussage von Mario Draghi heute. Die Aussagen klingen so, als würde man sich noch reichlich Zeit lassen für eine Zinswende. Hier die entscheidenden Passagen von Mario Draghi´s heutigen Aussagen im Wortlaut:


Our monetary policy measures have continued to preserve the very favourable financing conditions that are necessary to secure a sustained convergence of inflation rates towards levels below, but close to, 2% over the medium term. Their ongoing pass-through to the borrowing conditions for firms and households benefits credit creation and supports the steadily firming recovery of the euro area economy. Sentiment indicators suggest that the cyclical recovery may be gaining momentum. Headline inflation has again increased, largely on account of rising energy and food price inflation. However, underlying inflation pressures continue to remain subdued. The Governing Council will continue to look through changes in HICP inflation if judged to be transient and to have no implication for the medium-term outlook for price stability.

A very substantial degree of monetary accommodation is still needed for underlying inflation pressures to build up and support headline inflation in the medium term. If the outlook becomes less favourable, or if financial conditions become inconsistent with further progress towards a sustained adjustment in the path of inflation, we stand ready to increase our asset purchase programme in terms of size and/or duration.

According to Eurostat’s flash estimate, euro area annual HICP inflation increased further to 2.0% in February, up from 1.8% in January 2017 and 1.1% in December 2016. This reflected mainly a strong increase in annual energy and unprocessed food price inflation, with no signs yet of a convincing upward trend in underlying inflation. Headline inflation is likely to remain at levels close to 2% in the coming months, largely reflecting movements in the annual rate of change of energy prices. Measures of underlying inflation, however, have remained low and are expected to rise only gradually over the medium term, supported by our monetary policy measures, the expected continuing economic recovery and the corresponding gradual absorption of slack.

This pattern is also reflected in the March 2017 ECB staff macroeconomic projections for the euro area, which foresee annual HICP inflation at 1.7% in 2017, 1.6% in 2018 and 1.7% in 2019. By comparison with the December 2016 Eurosystem staff macroeconomic projections, the outlook for headline HICP inflation has been revised upwards significantly for 2017 and slightly for 2018, while remaining unchanged for 2019. The staff projections are conditional on the full implementation of all our monetary policy measures.




Quelle: EZB



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6 Kommentare

  1. Dem italienischen Staats- und Bankenfinanzierer sollte man sein Konto mit -90 % Strafzinsen belegen. Durch den Wahnsinnigen werden die EU kritischen Parteien weiter zugewinnen.

    1. Was erwartest du von einem Italiener ?

  2. Helmut Josef Weber

    Naja- solange die Frösche selber bestimmen können wann der Teich trocken gelegt wird, wird sich nichts ändern.
    Man muss die kleinen Sparer enteignen, damit dann auf der anderen Seite die Schulden getilgt werden können und die Eliten ihre Geldanlagen behalten können..
    Es ging nie anders und es wird auch nie anders gehen.

    Viele Grüße
    H. J. Weber

  3. Es geht der EZB nicht um die Inflation oder Deflation, oder auch um die Geldmengenstabilität. Vielmehr versucht die EZB das europäische Kartenhaus zusammen zuhalten. Die südeuropäischen Länder verkraften keine hohe Anleihezinsen mehr. Deshalb müssen die Zinsen auf Kosten der Sparer massiv gesenkt werden.
    Die EZB ist schon lange von ihrem Mandat abgekommen. Es ist traurig, dass das Projekt Europa zugrunde geht durch solche Personen.

  4. …und nicht nur an den EZB-Personen, auch die Politiker tragen gut dazu bei….Ich bin froh, schon fast 70 zu sein….so bekomme ich nicht mehr allzuviel ab

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