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Middelhoff & Hoeneß: Die Entzauberung der „Masters of the Universe“ ist wichtig!

Von Claudio Kummerfeld

Die Fälle Uli Hoeneß & Thomas Middelhoff zeigen: Die Entzauberung der „Masters of the Universe“ ist wichtig und notwendig, denn Heuchelei und falsche Glorifizierung sind nicht nur schlimm, sondern für eine Gesellschaft wie auch Volkswirtschaft auf Dauer extrem schädlich.

Thomas Middelhoff
Thomas Middelhoff sitzt derzeit in U-Haft bzw. verweilt im Krankenhaus und hadert mit seinem Schicksal.
Foto: World Economic Forum / Wikipedia (CC BY-SA 2.0)

Thomas Middelhoff

Thomas Middelhoff wurde im November 2014 wg. Untreue und Steuerhinterziehung in insg. 30 Fällen zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt. Er war ein gefeierter TOP-Manager, einst vom Bertelsmann-Thron abgestiegen um einen Kaufhauskonzern zu retten. Von der deutschen Management-Elite sowie der Wirtschaftspresse wurde er gefeiert als Macher, als Sunnyboy – wer lässt sich da nicht gerne blenden. Thomas Middelhoff sieht sich selbst anscheinend als falsch oder besser gesagt „nicht verstandener TOP-Manager“ der deutschen Wirtschaft. Er wirkte vor Gericht immer so, als würde man seine Verdienste nicht anerkennen und ihm seinen Erfolg neiden, und wolle ihn deswegen fertig machen. Jetzt, wo er tief gefallen ist, macht er das, was in diesem „Stadium“ viele andere auch machen: er baut sich sein Opfer-Image auf. Dazu gehört z.B., dass er vor Kurzem verkündete er hätte seit Tagen nicht schlafen können, weil die Wärter ihn in der Zelle nachts durch ständiges Lichteinschalten und „Zellenaufschließen“ wach halten würden. Davon sei er ernsthaft erkrankt, was ihn jetzt zumindest schon mal auf die Krankenstation gebracht hat. Peinlich für ihn, dass kurz darauf herauskam, wie es in Wahrheit ablief – denn Middelhoff hatte laut „Spiegel Online“ von sich aus mitgeteilt, er habe Selbstmordgedanken. Deshalb hat das Gefängnis auch nachts regelmäßig nach Middelhoff geguckt, was ja wohl das einzig vernünftige Vorgehen ist.

Auch hat Thomas Middelhoff vor Kurzem Privatinsolvenz angemeldet. Man muss also offiziell davon ausgehen, dass er völlig mittellos ist. Daß man als Thomas Middelhoff rechtzeitig Vermögenswerte auf die Seite schafft, z.B. durch Verschenken von Immobilien an Verwandet etc, ist natürlich „reine Spekulation“. Aber das ist ein weiterer Baustein für die Opferrolle. Schwer krank, verarmt, Opfer. Wahrscheinlich kann Thomas Middelhoff es bis heute nicht verstehen, warum die Öffentlichkeit es verwerflich findet, wenn man die paar Kilometer Heimweg vom Büro zu seinem Haus im Helikopter auf Firmenkosten zurücklegt.

Uli Hoeneß

Uli Hoeneß äußerte sich nie öffentlich zu seinem Prozess. Hier kann man sich „nur“ über die abgeurteilte Steuerhinterziehung in Millionenhöhe, die Reaktion der Öffentlichkeit und über seine Vorgeschichte ein Urteil bilden. Betrachtet man nämlich seine großzügigen Spenden für wohltätige Zwecke, ist man wie viele Fußball-Fans und auch Journalisten geneigt zu denken „der Uli ist doch eigentlich ein guter Mensch, sonst hätte er ja nicht so viel für wohltätige Zwecke gespendet“. Und irgendwie möchte man ja denken, der Uli ist doch irgendwie ein Guter. Irgendwie möchte man am liebsten seine Steuerhinterziehung finanziell und moralisch mit seinen guten Taten und Spenden verrechnen.

Uli Hoeneß
Freigänger: Uli Hoeneß
Foto: Harald Bischoff / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Aber das, was man öffentlichkeitswirksam spendet, der gleichen Öffentlichkeit über Steuerhinterziehung zu „entziehen“, ist ein Höchstmaß an Heuchelei. Denn man bringt damit zum Ausdruck, dass man es selbst besser weiß, wofür das eigene für die Steuer gedachte Geld sinnvoll ausgegeben werden sollte. Auch da mag man geneigt sein zu sagen „ja, bei diesem verschwenderischen Staat ist diese Einstellung doch gut“. Aber wie soll das in der Praxis aussehen? Soll jeder Bürger selbst entscheiden, ob er einen Teil seines Einkommens an Flüchtlinge überweist, einen Teil für die Gehälter von Lehrern und Polizisten, und ein anderer Bürger entscheidet aus Geiz gar nichts zu zahlen? Und der nächste wiederum entscheidet einen Teil seines Einkommens z.B. nur für die Aufhübschung eines Parks auszugeben, weil er Pflanzen und Bäume so toll findet? Wo würde das enden? Im Chaos, in Anarchie, im endgültigen Stillstand eine Landes mit 80 Millionen Einwohnern. Genau dafür gibt es den Staat – er sammelt von allen Menschen, die etwas erwirtschaften, Gelder ein, um damit all das zu finanzieren, was notwendig ist – wofür der einzelne Bürger aber wohl direkt kein Geld geben würde. Oder würden Sie auf die Idee kommen mit ihrem Geld den Kauf eines Panzers mit zu bezahlen, oder Geld für die Entwicklungshilfe für „China“ zu überweisen? Wohl kaum.

Es ist wichtig die grundlegende Heuchelei, die der Steuerhinterziehung von Uli Hoeneß zugrunde liegt, offenzulegen und immer wieder anzusprechen. Uli Hoeneß hat nie mit Ratschlägen und Maßregelungen für andere Menschen gegeizt – und das immer von oben herab. Er stellte sich als moralischer Oberapostel dar – und genau diese Heuchelei offenzulegen und zu besprechen, ist wichtig für eine Gesellschaft. Würde man dies nämlich nicht tun, würde sich diese „Krankheit“ ausbreiten und es würde in vielen anderen Fällen nach dem Motto gehen „ich machs genau wie der Hoeneß, ich spiel in der Öffentlichkeit den Wohltäter“….. „ich seh bloß zu, dass ICH mich nicht erwischen lasse“. Für Uli Hoeneß scheint die freiwillige „Spende“ eine Art Ablasszahlung zu sein. Denn während er in Haft saß, ging es munter weiter. Statt sich einfach nur für seine Straftat zu entschuldigen, musste er seiner Unterstützer für ihre moralische Hilfe mit 10.000 Euro beglücken, Zitat von „Focus Online“ vom 12.12.2014:

„Moderator Tillmann Schöberl von „Bayern 1“ las eine entsprechende Mitteilung von Susi Hoeneß am Sternstunden-Tag live in der Sendung vor: „Mein Mann Uli Hoeneß spendet 10.000 Euro an Sternstunden und will sich damit auch bei allen bedanken, die ihm Briefe geschrieben und Mut gemacht haben.“

So löblich es auch ist, dass er hier Geld an einen Kinderhilfsverein aus München spendet, so wäre es doch genau so nett gewesen 10.000 Euro an das Rote Kreuz oder die Welthungerhilfe zu spenden – ganz ohne Hinweis auf die Menschen, die ihm aufmunternde Briefe ins Gefängnis schreiben. Er will anscheinend unbedingt weiter als der „gute Uli“ wahrgenommen werden.

Entzauberung zwingend notwendig

Warum ist die Entzauberung dieser beiden Personen so wichtig? Weil sie ein Symbol sind. Gefeiert, Vorbilder, Machtmenschen, Gönner, Lenker, Entscheider. Wenn man ihnen die Möglichkeit gibt sich unkommentiert in eine Opferrolle zu begeben, oder wenn man wie im Fall Hoeneß zulässt, dass Teile der Öffentlichkeit und Presse beide Augen zudrücken wollen, produziert man damit Begründungen, Ausreden und Rechtfertigungen, wo gar keine sein dürften. Man schafft Rechtfertigungsgrundlagen für die zukünftigen Hoeneßé und Middelhoff´s nach dem Motto „aber ich habe doch auch viel gespendet, ich bin doch gar kein schlechter Mensch“ oder „ich bin ein erfolgreicher TOP-Manager, die blöden Gewerkschaften und Arbeitnehmer sind schuld“. Man muss ihre Taten als das zeigen, was sie sind: Verschwendung, Straftat, Raffgier, Unfähigkeit, Geltungsdrang. Stellt man diese Eigenschaften und Taten bloß, erhöht man den Druck für zukünftige Selbstdarsteller und sorgt für ein hoffentlich „aufrichtigeres“ Verhalten in Führungsetagen. Natürlich gibt es dafür keine Garantie, aber ohne Bloßstellung der Tatsachen wird es nicht besser, sondern schlimmer – für Gesellschaft und Wirtschaft. Und zu guter Letzt: durch die öffentliche „Entzauberung“ nimmt man Menschen wie Middelhoff oder Hoeneß etwas weg, was ihnen noch viel wichtiger ist als Geld: die öffentliche Anerkennung. Und davor haben auch viele andere Menschen Angst.




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1 Kommentar

  1. Silvia Schöfer-Herzing

    Das ist ein Schauprozess für das Volk.
    Große Konzerne genießenin vielen Bereichen Steuerbefreiung.
    Ja so sieht es aus.
    Der Knast mutiert zur Folterkammer, die Öffentlichkeit ist zufrieden.

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