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Mindestlohn in Deutschland Top, in den USA Flop?

Der Mindestlohn von 8,50 Euro ist in Deutschland Stand heute ein Erfolg. Das müssen wohl auch Kritiker einsehen. Woran liegt das? In der Nachbetrachtung der Einführung des Mindestlohns kann man einerseits...

FMW-Redaktion

Der Mindestlohn von 8,50 Euro ist in Deutschland Stand heute ein Erfolg. Das müssen wohl auch Kritiker einsehen. Woran liegt das? In der Nachbetrachtung der Einführung des Mindestlohns kann man einerseits sagen „wer mehr verdient, konsumiert auch mehr“. Man kann gerade für Deutschland aber auch sagen die Einführung des Mindestlohns hätte kaum zu einem besseren Zeitpunkt kommen können. Die Arbeitslosigkeit ist auf einem sehr niedrigen Niveau (wenn auch in der Realität 30% höher). Und durch den Demographiewandel, der wohl zweifelslos vorhanden ist, gibt es einen gewissen Druck auf die Arbeitgeber.

Und man kann auch argumentieren, dass ein Stundenlohn von 8,50 Euro noch so niedrig angesetzt ist, dass er den meisten Arbeitgebern nicht das Genick bricht. Denn viele Kleinstbetriebe müssen jeden Cent drei Mal umdrehen. Es ist ja nicht so, dass die Kunden von kleinen Gewerbetreibenden höhere Preise aufgrund des Mindestlohns jubelnd zur Kenntnis nehmen. Aber für Deutschland, so kann man es sagen, scheint im derzeitigen konjunkturellen Umfeld der Mindestlohn von 8,50 Euro zu passen. Nächstes Jahr steigt er auf 8,84 Euro. Was den kleinen Arbeitnehmer freut, drückt natürlich tendenziell mehr auf den kleinen Gewerbetreibenden, der händeringend versucht das irgendwie gegenzufinanzieren.

In den USA läuft derzeit die große Überbietung der Präsidentschaftskandidaten. Hillary Clinton, die aller Voraussicht nach neue US-Präsidentin wird, wirbt derzeit auch mächtig getrieben durch ihren extrem linken Parteikollegen Bernie Sanders, auf einen landesweiten Mindestlohn von 15 US-Dollar. Das sind umgerechnet 13,27 Euro. Ohhhh ja, was wäre, wenn wir in Deutschland den Mindestlohn bei 13,27 Euro ansetzen würden? Da dürften so manche Kleinstbetriebe sagen „ok, dann müssen wir einen Mitarbeiter entlassen, und der Rest fängt diese fehlende Stelle durch Mehrarbeit auf.“

Oder man geht andere Wege. So scheint es zum Beispiel in den USA Starbucks zu machen. Der Chef von Starbucks zeigte sich letztes Jahr für die Öffentlichkeit begeistert über höhere Löhne für die einfachen Mitarbeiter. Man zahle in allen Kommunen sowieso mehr als den dort vorgeschriebenen regionalen Mindestlohn. Für viele kleine Betriebe sei ein angedachter Stundenlohn von 15 Dollar aber kaum zu bezahlen, sagte er schon damals. Und was stellte sich jetzt raus in 2016? Es gibt sogar Online-Petitionen, wo sich großflächig darüber beschwert wird, in welchem Ausmaß Starbucks die Anzahl der gearbeiteten Stunden pro Cafe-Mitarbeiter in den USA herunterfährt.

Man zahlt also höhere Stundenlöhne, dafür aber reduziert man die Zahl der Arbeitsstunden. Effektiv könnte Starbucks also sogar noch Geld sparen. Resultat: Die Mitarbeiter verdienen womöglich weniger als vorher, und die Kunden müssen mangels Personal im Cafe länger in der Schlange stehen. Womöglich gleicht Starbucks das dann aus wie Mc Donald´s durch eine dramatische Zunahme der Automatisierung in der Kundenbedienung. Aber schauen wir mal auf die ganzen USA. Der landesweite Mindestlohn, der regional höher liegen kann, liegt bei 7,25 Dollar pro Stunde.

Durch 15 Dollar würden gerade die Kleinstbetriebe und gerade die Einzelhändler, die viele Geringverdiener beschäftigen, somit eine Verdopplung der Personalkosten erleben. Laut offiziellen US-Statistiken verdienen aber Einzelhandelsmitarbeiter in den USA im Schnitt derzeit 10,47 Dollar die Stunde. Das wäre immer noch ein satter Anstieg der Arbeitskosten von im Schnitt 43%. Die USA haben als Volkswirtschaft in Relation zur gesamten Wirtschaftsleistung gesehen weniger und auch rückläufige Industrieproduktion als beispielsweise Deutschland. Deswegen ist die Einkommensstruktur auch schwächer. Daher gibt es deutlich weniger gut verdienende Konsumenten, die zum Beispiel beim Friseurbesuch um die Ecke einen deutlich teureren Haarschnitt mal eben so bezahlen können.

Das Portal Zerohedge verweist aktuell auf eine Studie der Universität von Washington in Seattle. Die Stadt Seattle ist in den USA eine Art Vorreiter bei hohen Stundenlöhnen, und hatte bereits in 2015 einen Stundenlohn von 11 Dollar eingeführt. Seit Anfang dieses Jahres liegt er bei 13 Dollar, und von Anfang 2017 an liegt er bei 15 Dollar. Zerohedge erwähnt ironisch die Anmerkungen der Uni-Studie als „schockierend“, dass aufgrund dieser drastischen Erhöhungen die Anzahl der Arbeitsplätze für Geringverdiener in Seattle rückläufig sei.

Das dürfte in den USA bei 15 Dollar Mindestlohn landesweit ein Trend werden. Ähnlich wie bei Starbucks dürfte das bedeuten: Runter mit der Anzahl der geleisteten Stunden, oder am besten gleich Mitarbeiter entlassen. Mehr auf Automatisierung und Rationalisierung setzen. Für den Kunden gerade im Einzelhandel bedeutet das weniger Service und mehr Schlange stehen. Eine Volkswirtschaft muss sich drastisch steigende Löhne eben auch leisten können – der Konsument, der in der breiten Masse schon 15 Dollar oder mehr verdient, muss auch die Kaufkraft besitzen, damit der kleine Einzelhändler seine steigenden Gehaltskosten auch refinanzieren kann! Also müssten eigentlich neben dem Mindestlohn auch alle höher liegenden Löhne kräftig steigen, damit der kleine Friseur um die Ecke allen Kunden deutlich steigende Preise schmackhaft machen kann.



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6 Kommentare

  1. »Der Mindestlohn von 8,50 Euro ist in Deutschland Stand heute ein Erfolg. Das müssen wohl auch Kritiker einsehen.«

    Derartige Formulierungen gehen allerdings nicht mehr als Ironie oder Sarkasmus durch.

  2. Woran wird der angebliche Erfolg des Mindestlohnes gemessen? Es ist eine staatliche Preiskontrolle, die noch in keinem Bereich funktioniert hat. Entscheidend ist auch nicht der nominale Lohn, sondern die Reallohnentwicklung. 8,50 Euro helfen nicht weiter, wenn die Mieten oder Immobilienpreise stärker steigen. Und eine Maschine, die den Job ersetzt, auch nicht.

    1. Antwort: am Schaden, welcher dieser verursacht hat.

      Fast alle Leute die ich vom Baugewebe her kenne, wurden als Angestellte von einem schon höher-erarbeiteten Lohn auf das gesetzliche Mindestmaß – Achtung jetzt kommt der Hammer (geflogen) – herabgestuft, denn mehr „müsse man ja nicht zahlen“. Die haben sich alle herzlichst bedankt.

  3. Ja, der gesetzliche Mindestlohn ist ein Erfolg. Die Kritiker mit ihren ganzen Negativ-Horror-Meldungen sind verstummt und warten noch immer auf die negativen Auswirkungen.

      1. Hm, deine vermeintlichen negativen Infos passen überhaupt nicht dazu, dass es im Baugewerbe seit 1997 einen Mindestlohn gibt:
        http://www.zdb.de/zdb-cms.nsf/id/mindestlohn-am-bau-de

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