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Heute ist Weltspartag: Mario Draghi sollte diesen Anlass zum Nachdenken nutzen!

Wir glauben schon, dass Mario Draghi Tag für Tag über (was auch immer) nachdenkt. Aber am heute offiziell stattfindenden Weltspartag könnte er den Anlass mal...

Von Claudio Kummerfeld

Wir glauben schon, dass Mario Draghi Tag für Tag über (was auch immer) nachdenkt. Aber am heute offiziell stattfindenden Weltspartag könnte er den Anlass mal ganz ernsthaft nutzen um nachzudenken, um in sich zu gehen, um mal zu überlegen, wie der Mensch tatsächlich in der Realität handelt, abseits der Finanzmathematik-Orgien im EZB-Tower. Dann könnte ihm vielleicht, aber auch nur vielleicht ein Lichtlein aufgehen. Der Weltspartag soll generell zum Sparen animieren – etwas zurücklegen für schlechte Zeiten, oder um einfach nur Vermögen zu bilden, in welcher Form auch immer. Es geht um einen grundsätzlichen Gedanken!

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EZB-Chef Mario Draghi mit Bundesbank-Chef Jens Weidmann bei den EZB Cultural Days.

Aber warum wäre das Nachdenken über den Begriff „Sparen“ so wichtig für die EZB? Ihre „Geldpolitik“ zielt seit mehreren Jahren (erst recht seit März 2015) darauf ab die Unternehmen und die (dummen?) Konsumenten dazu zu bringen, dass sie endlich mehr investieren und konsumieren – so soll angeblich mehr Preisdruck und damit mehr Inflation entstehen. Dass sich die Zeiten durch Amazon und Co geändert haben, lassen wir mal außen vor! Im Umkehrschluss heißt höherer Konsum für den Konsumenten: Er/sie muss weniger sparen, wenn er mehr kaufen soll. Und wie bringt man ihn/sie dazu weniger zu sparen? Richtig, abgesehen von anderen Gründen schafft man einfach die Verzinsung von Geldanlagen ab, dann hat der (dumme?) Sparer keinen Anlass mehr zu sparen.

Diese These ist vom theoretischen Gedankengang her nachvollziehbar, blendet aber leider aus, wie der Mensch wirklich denkt und handelt. Der Mensch ist nämlich nicht Teil einer makroökonomischen Gleichung, sondern handelt nach einer anderen Logik, die im EZB-Tower immer noch nicht angekommen ist. Gerade in Deutschland weiß nun inzwischen wirklich jeder Arbeitnehmer, dass selbst halbwegs gut verdienende Arbeiter vor der Altersarmut stehen. Deswegen legen die meisten Menschen so gut es eben geht Geld auf die hohe Kante. Das findet statt mit Lebensversicherungen, Sparplänen, Immobilien usw. Der Sparer sieht aber: Der Zins ist bei 0, die Briefe der Versicherungen weisen immer weniger Überschussbeteiligung aus, die Sparkonten bringen keine Zinsgutschriften mehr.

Ohne groß über exakte Zahlen oder Renditeziele nachzudenken, tut der Mensch was? Er sagt sich „der Zins fällt weg. Um fürs Alter trotzdem möglichst viel Geld zu haben, muss ich daher jetzt noch mehr Geld auf die hohe Kante packen als vorher, um die fehlenden Zinserlöse auszugleichen“. Und auch der Zinseszins-Effekt entfällt, was den langfristigen Vermögensaufbau noch mehr zunichte macht. Dem Sparer ist dies bewusst. Er legt daher bei sinkenden Zinsen noch mehr seines verfügbaren Einkommens bei Seite als vorher. Damit erzielt die EZB den gegenteiligen Effekt von dem, was eigentlich gewünscht war. Dies wird auch statistisch untermauert, wie wir vor Kurzem anhand offizieller Eurostat-Daten zeigten. Die Sparquote, also der Anteil des verfügbaren Haushaltseinkommens, der gespart wird, blieb in den letzten Jahren unverändert (von 2011 bis jetzt bei 12,8%), obwohl sie eigentlich hätte stark einbrechen müssen. Die Investitionsquote der Haushalte ging seit 2011 sogar zurück von 9,4% auf 8,6%. Sie hätte bei Krediten ohne Zinslast eigentlich stark ansteigen müssen.

By the way: EZB-Daten von gestern zeigen, dass in der Eurozone die Kreditvergabe von Banken an Haushalte von September 2015 bis September 2016 um 1,8% gestiegen ist. Im selben Zeitraum lag der Zuwachs von Krediten an Unternehmen außerhalb der Finanzbranche bei 1,9%. Beides ordentliche Zahlen? Eigentlich hätten die Zuwächse explodieren müssen, weil die EZB seit März 2015 mehr als 1 Billion Euro frisch gedrucktes Notenbankgeld in den europäischen Kapitalmarkt gepumpt hat, und der Leitzins bei 0 liegt. Unternehmen und Konsumenten tun einfach nicht, was die EZB will. Der gewünschte Effekt ist ausgeblieben – das kann man 1 1/2 Jahre nach Beginn des Anleihekaufprogramms der EZB sagen!



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2 Kommentare

  1. Sehr guter Artikel!

    Und einen Kredit muss man erst einmal bekommen. So streng, wie die Banken inzwischen nicht nur die Sicherheiten, sondern auch die Liquidität prüfen, ist das keine Selbstverständlichkeit.
    Wer also einen Kredit BRAUCHT, hat kaum eine Chance. Wer keinen Kredit braucht, weil er genug Geld besitzt, würde zwar einen erhalten, der eine oder andere fragt sich aber vermutlich: Wofür? Nur um blindwütig zu konsumieren um des Konsums willen?

  2. Das hätte ich nicht schöner auf den Punkt bringen können:
    Mehr sparen, damit es im Alter doch noch reicht !
    Genau so sieht das aus…jedenfalls wenn ich mich hier so im Bekanntenkreis umhöre machen wir das alle so.
    ….und….by the way….hier hat der Mario keine Freunde……

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