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Morgen Verkündung des harten Brexit? High Noon für das britische Pfund

Da man aus der EU austritt, kann man das so machen wie man lustig ist. Dann gibt es aber auch, wie Angela Merkel erst jüngst sagte, keinen freien Zugang zum EU-Binnenmarkt mehr...

FMW-Redaktion

Wir gehen mal davon aus, dass der Bericht der „Sunday Times“ der Wahrheit entspricht, was morgen verkündet wird – nämlich dass Premierministerin Theresa May einen sogenannten „harten Brexit“ verkünden wird. Das wäre in aller erster Linie aus Sicht von UK ein Ende der Personenfreizügigkeit. Man will ohne Abstimmung mit der EU alleine bestimmen, wer ins Land kommen soll, und wer nicht. Damit widerspricht man vielleicht der wichtigsten Grundregel der EU, nämlich der Bewegungsfreiheit der Bürger innerhalb der EU.

Da man aus der EU austritt, kann man das so machen wie man lustig ist. Dann gibt es aber auch, wie Angela Merkel erst jüngst sagte, keinen freien Zugang zum EU-Binnenmarkt mehr – das, wovor der Bankenplatz London am meisten Angst hat. Aber May hatte schon mehrmals angedeutet, dass sie bei den Brexit-Verhandlungen keine Extra-Würste für den britischen Banken-Sektor verhandeln wolle. Die hätte sie nämlich nur bekommen, wenn sie im Gegenzug Kernpunkte des Brexit geopfert hätte, wie eben die Personenfreizügigkeit.

Jetzt beginnt der „High Noon“ für das britische Pfund. Eine große Wette: Ist der harte Brexit im abgestürzten Pfund der letzten Monate bereits eingepreist? Oder eben noch nicht, weil man sich in der City of London immer noch nicht vorstellen kann demnächst wirklich isoliert zu sein? Der eine zieht mit seinem Arbeitgeber nach Dublin, der andere nach Frankfurt, dabei würden doch alle so gerne in London bleiben. Der Devisenmarkt (Interbankenhandel) beginnt nach dem Wochenende immer schon Sonntag Abends. Dementsprechend reagierte man sofort. Das britische Pfund lag gestern Abend gegen den US-Dollar schon unter 1,20, genauer bei 1,1978 im Tief. Davon hat man sich aktuell ganz leicht über die 1,20 erholt, aber ein neues Tief seit den 80ern ist mal wieder erreicht, und noch wichtiger: Die psychologisch runde Marke von 1,20 ist geknacht (den Flash Crash aus Oktober lassen wir außen vor).


(GBP/USD)

Zwar hat eine Sprecherin von Theresa May die Berichte in den britischen Medien als „Spekulationen“ bezeichnet, doch spricht Bände, dass das britische Finanzministerium nach der Rede Mays zu einem Treffen mit dem britischen Bankenverband zusammen kommen wird – vermutlich um mitzuteilen, dass es nichts wird mit dem ungehinderten EU-Marktzugang – sonst hätte das Treffen ja wenig Sinn.

In UK geht´s jetzt richtig zur Sache. Nicht nur, dass morgen Theresa May sprechen wird (Zeit noch nicht klar). Morgen um 10:30 Uhr deutscher Zeit hagelt es auch neueste Konjunkturdaten, darunter auch zur Inflation, wozu Notenbank-Chef Carney Stellung nehmen wird. Auch wird in den nächsten Tagen noch die Entscheidung des höchsten britischen Gerichts erwartet, ob das Parlament dem Brexit ebenfalls noch zustimmen muss, oder ob die Regierung den Brexit in Brüssel alleine offiziell verkünden darf.

Der britische Finanzminister Hammond sagte jüngst gegenüber der WamS, dass der Brexit hart werde, und vor allem schmerzhaft für die EU. Die deutschen Autohersteller wollten doch sicher auch zukünftig in UK Autos verkaufen, so seine rhetorische Frage, und das ohne Zölle. Auch Deutschlands größte Bank wolle doch sicher weiter ihre Niederlassung in London behalten. Auch mit anderen Äußerungen tut Hammond fast so, als sei bei einem harten Brexit der deutlich kleinere Markt (UK) der Gewinner. In so einem Fall, da hat aber immer der die besseren Karten, der den größeren Markt repräsentiert.

Denn der Zugang zum größeren Markt ist immer begehrter! Von daher darf man Hammonds Äußerungen wohl eher als traurigen Bluff ansehen. Morgen sind wir alle schlauer, aber es läuft wohl in der Tat auf den harten Brexit hinaus. Wo wird dann das Pfund morgen nach der May-Rede stehen liebe Forex-Trader? Nach unten jedenfalls gibt es keine Unterstützungsmarken, es sei denn man will einen Strich ziehen auf irgendwelche Tiefs aus den 80ern?



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4 Kommentare

  1. ….ist doch wohl klar, daß das GBP nach einem kurzem Lupfer steigen wird……..klarer Long….

  2. „Die deutschen Autohersteller wollten doch sicher auch zukünftig in UK Autos verkaufen, so seine rhetorische Frage, und das ohne Zölle“

    Nichts leichter das.
    Sie bauen neue Fabriken in GB.
    Das würde zwar in Deutschland ein paar Arbeitsplätze kosten, aber dann gehört vielleicht endlich auch mal das verlogene Jammern über den Fachkräftemangel der Vergangenheit an.

  3. City of London hat mit UK nichts zu schaffen, die City of London ist ein eigener Staat in der Stadt London, gehört eben nicht zu Großbritannien. So wie der Vatikan Staat nicht zu Italien und Washington D.C. nicht zu den USA gehören. Der Brexit betrifft nur England, nicht die City of London, für die City of London bleibt alles wie es ist. Personenfreizügigkeit, war für EU-Bürger gedacht, nicht für Wirtschaftsflüchtlinge aus aller Welt. Was mit dem Britischen Pound geschieht ist schwer zu sagen, ändert aber nichts am Finanzplatz City of London, der bleibt.

    1. City of London kann nicht eigen entscheiden, ob sie in der EU bleiben wollen. Sie sind kein richtiger Staat wie der Vatikan. Sie haben nur eigene Steuern, Polizei. Aber kein eigenes Heer. Sie sind innerhalb Englands relativ unabhängig, aber doch ein Teil von diesem. Wie eine Kolonie….
      https://politics.stackexchange.com/questions/10730/could-the-city-of-london-leave-the-eu-while-the-uk-remained/10732
      The reason that Greenland could withdraw from the EEC is that it is an autonomous country within the Danish Kingdom. The City of London is a subsidiary jurisdiction within England, just as any city within the country. As a result it cannot make independent political arrangements with outside powers.
      Der Grund, warum sich Grönland von der EU-„Diktatur“ (Ergänzung des Übersetzers) lösen konnte, ist, weil es ein eigenständiges Land innerhalb des dänischen Königreiches ist. Die City ist nur ein untergeordneter Gesellschaftsteil* innerhalb Englands,, wie jede Stadt im Land. Deswegen kann sie keine pol.unabh. Abmachungen mit anderen Mächten abschließen. (*Übersetzung etwas schwierig.)
      https://de.wikipedia.org/wiki/City_of_London_Corporation
      Vielleicht ist Steueroase der beste Ausdruck für dieses steuer- und gesetzunabhängige Gebilde.

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