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Oil Freeze-Gespräche nehmen Fahrt auf: Jeder will was anderes – Ölpreis fällt

Das Internationale Energie-Forum in Algier läuft seit gestern. Morgen werden die Vertreter der Förderstaaten wohl endgültig alle zusammenkommen, um über den Oil Freeze...

FMW-Redaktion

Das Internationale Energie-Forum in Algier läuft seit gestern. Morgen werden die Vertreter der Förderstaaten wohl endgültig alle zusammenkommen, um über den Oil Freeze (Einfrierung der Fördermenge) zu sprechen, der aber schon jetzt ein Desaster ist! Es läuft noch deutlich chaotischer als im April – einmal mehr wird klar, dass die OPEC eigentlich nur noch auf dem Papier existiert. Wir geben aktuell einen Überblick über die Meldungen und Gerüchte.

Irans mächtiger Energieminister Zanganeh sagte heute (er nimmt immerhin am Treffen teil), dass es gar nicht auf der iranischen Agenda stehe heute oder morgen eine Übereinkunft für eine Einfrierung der Fördermenge zu treffen. Im Gegenteil, der Iran wolle seine Produktion auf 4 Millionen Barrels pro Tag ausweiten! Rummms, das hat gesessen! Bei den aktuellen Niveaus sei man nicht bereit einer Einfrierung zuzustimmen, so Zanganeh. Auch sagte er wohl in Richtung des politischen Gegners Saudi-Arabien Öl sei keine Waffe, die man auf seine Gegner richte.

Laut unbestätigten Medienberichten hat Saudi-Arabien einen mehr als kuriosen Deal angeboten. Wenn der Iran verspreche an einer Einfrierung der Fördermenge auf dem aktuellen Förderniveau teilzunehmen, werde Saudi-Arabien zusagen seine eigene Förderung sogar zu reduzieren, um satte 500.000 Barrels pro Tag. Was für ein Geschacher, wenn das wirklich stimmt! Das würde auch bedeuten, dass es den Saudis deutlich schlechter geht als gedacht. Es wäre nämlich auch ein Zeichen, dass man die Fracking-Konkurrenz aus den USA fatalerweise ignoriert, und den steigenden Ölpreis als Ziel formuliert.

Dann hätte man durch mögliche höhere Ölpreise zwar schnell mehr Geld in der Kasse, würde aber das Wiederbeleben der Fracker in den USA in Kauf nehmen, die den Saudis langfristig wieder Marktanteile streitig machen. Und ja, jetzt kommen auf einmal die Nigerianer um die Ecke. Der dortige Öl-Minister ließ durchblicken, dass eine Einfrierung auf dem aktuellen (extrem hohen) Förderniveau keinen Sinn mache. Wenn es zur Einfrierung käme, erwarte er, dass die anwesenden Staaten Nigeria eine Ausnahme von der Einfrierung gestatten. Was für eine Lachnummer. Nigeria will also von möglichen steigenden Ölpreisen profitieren, die durch eine mögliche Einfrierung verursacht werden. Nigeria selbst will aber fleißig mehr fördern, um dann deutlich mehr Geld zu verdienen. Höhere Preise + größere Fördermenge.

Wie lustig. Wollen dann alle anderen Förderländern auch so eine Ausnahme? Dann gäbe es natürlich gar keinen Deal mehr. Schon eine Ausnahme lässt das ganze Haus zusammenbrechen. Aber die ist ja eh schon da, weil der Iran nicht mitmacht. Aber das hat er auch nie versprochen. Der Iran erweist sich wie im April als mit Abstand zuverlässigster Player in diesem Spiel – dort steht man immer klar zu seinen Aussagen. Auch die heutige Aussage man wolle mehr fördern, widerspricht nicht früheren Statements.

Der erst seit wenigen Wochen amtierende OPEC-Vorsitzende Barkindo ließ heute verlauten Russland werde am morgigen großen Treffen wohl nicht teilnehmen. Mit der Absage des Irans an eine Einfrierung, und dann auch noch dem Fernbleiben der Russen, wird die ganze Veranstaltung nach allem menschlichen Ermessen morgen eine weitaus größere Lachnummer als beim ersten Oil Freeze-Treffen im April, wo sich die Teilnehmer noch nicht mal auf ein gemeinsames Abschluss-Statement einigen konnten. Das bedeutet: Der Ölpreis fällt in Erwartung einer ausbleibenden Einfrierung. Seit Freitag geht es von 46,50 Dollar jetzt zum zweiten Mal kräftig runter um fast zwei Dollar. Es wird möglicherweise heute und morgen ein unberechenbarer Ölpreis sein!

Und dann das noch: Goldman Sachs, wo man sich in den letzten Monaten mit diversen Prognosen nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, senkt ganz aktuell seine Ölpreis-Prognose für das 4. Quartal von 50 auf 43 Dollar. Als Grund gibt man an, dass die eigentlich erwartete Ausbalancierung von Öl-Angebot und Öl-Nachfrage nun doch noch länger dauern würde. Im 4. Quartal werde es ein Überangebot von 400.000 Barrels pro Tag geben, so Goldman. In Goldman we trust???

oil-freeze
Der WTI-Ölpreis seit letzte Woche Donnerstag.



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1 Kommentar

  1. Wie gewöhnlich äußerst informativ, ausführlich und angenehm zu lesen. Danke schön.

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