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Puerto Rico: USA wählen Troika-Variante – Aufsichtsgremium entmachtet Inselregierung

FMW-Redaktion

Der US-Kongress hat nun Fakten geschaffen im Fall Puerto Rico. Die 3,5 Millionen Einwohner-Insel, die zollrechtlich zu den USA gehört, aber kein US-Bundesstaat ist, ist mit über 70 Milliarden Dollar verschuldet und kann seine Schulden nicht mehr zahlen. Die Kongressführer in Washington haben sich nun auf ein Gesetz geeeinigt, dass die Inselregierung von Puerto Rico de facto entmachtet. Man wählt eine ähnliche Variante wie die EU in der Griechenland-Krise, auch wenn man das nicht 1:1 mit dem Fall Puerto Rico vergleichen kann.

Puerto Rico Padilla
Puerto Rico-Gouverneur Padilla ist nicht glücklich, aber wohl kurzfristig erleichtert. Foto: US-Department of Labor / Wikipedia (CC BY 2.0)

Die Kongressführer haben sich auf ein spezielles Puerto Rico-Gesetz mit dem Namen PROMESA geeinigt, von dem sie glauben, dass die Mehrzahl der Abgeordneten es durchwinken wird. Damit wird durch die USA ein sogenanntes „Oversight Board“ geschaffen, also ein Aufsichtsgremium – dieses soll die Finanzen von Puerto Rico kontrollieren und nach eigenem Gutdünken über Schuldenschnitte, Zahlungsaussetzungen, Ausgabenkürzungen usw entscheiden können. Die Inselregierung soll seine Finanzen, Budgets, eigentlich alles was vorhanden ist, dem Gremium vorlegen – dann wird de facto in diesem Gremium über die Finanzen der Insel entschieden – letztlich ist das nichts anderes als eine Ersatzregierung für die Insel.

Mann kann es natürlich nicht 1:1 vergleichen, aber die EU hatte ja im Fall Griechenland eine Troika eingesetzt, die als Aufsichtsgremium nach Athen entsandt wurde, da man den griechischen Offiziellen eine ernsthafte Sanierung bzw. Reformierung ohne Aufsicht nicht zutraute. Jetzt aktuell entscheidet die Troika in einzelnen Abschnitten, ob Athen auch genug spart und reformiert, nur dann gibt es weiter Geld. Bei Puerto Rico geht es nicht darum neues Geld auf die Insel zu transferieren – das Oversight Board soll nach der nun getroffenen Regelung den vorhandenen Schuldenberg managen, Ausgaben kürzen, im Einzelfall Zinszahlungen aussetzen usw. Es geht also eher ums Kaputtschrumpfen als um frische Gelder für die Insel.

Letztlich bekommen die Republikaner ihre Wunschlösung, nämlich ein Gremium gesteuert aus Washington, dass Entscheidungen für die Insel treffen kann. Als letzte Lösung soll das Gremium auch einen Schuldenschnitt anordnen können, aber eben nur als letzten Schritt. Man darf davon ausgehen, dass vorher alles noch gekürzt und verwertet wird, was drin ist. Der Inselgouverneur Alejandro Garcia Padilla sagte zu der Lösung sie sei zwar ermutigend, aber dennoch sei die Einrichtung so eines Aufsichtsgremiums nicht vereinbar mit den demokratischen Regeln der USA. Dies sei wieder eine Form von Kolonialismus. Padilla hatte in den letzten Monaten Zahlungen an Gläubiger verweigert und öffentlich verkündet es sei ihm wichtiger Lehrer und Polizisten ihre Gehälter zu bezahlen als an „Wall Street-Geier“ Schuldenraten zu überweisen.

Wie auch immer, der PROMESA-Gesetzentwurf sieht vor, dass erst einmal bis Februar 2017 alle Schuldenrückzahlungen ausgesetzt werden. Wichtig für Puerto Rico wäre, dass das Gesetz schnell in Kraft tritt, da man sonst im Juli weitere 2 Milliarden Dollar zahlen müsste, die man einfach nicht hat. Bis Februar 2017 soll das neu zu schaffende Aufsichtsgremium Zeit bekommen die Finanzen des Landes bis auf den letzten Cent zu prüfen. Das Gremium wird wohl, so ist es zu verstehen, fast alle Freiheiten haben – so wird es auch entscheiden können, ob man nicht doch in der Lage ist in den nächsten Monaten z.B. Zinszahlungen an Gläubiger zu leisten.

Es ist offensichtlich, dass dieses Gremium als Kompromiss zwischen Demokraten und durch Lobbygruppen stark beeinflusste Republikaner definitiv den Hedgefonds nützt, die in großem Umfang Anleihen von Puerto Rico besitzen. Ein Gesetz für einen Schuldenschnitt hätte ihnen sofort und unwiederbringlich große Verluste beschert. Das nun zu schaffende „Gremium“ wird versuchen jeden Cent, der noch verwertbar ist, aus der Insel herauszuholen zur Bedienung der Gläubiger.



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2 Kommentare

  1. »Padilla hatte in den letzten Monaten Zahlungen an Gläubiger verweigert und öffentlich verkündet es sei ihm wichtiger Lehrer und Polizisten ihre Gehälter zu bezahlen als an „Wall Street-Geier“ Schuldenraten zu überweisen.«

    Das hat einer Gruppe wohl nicht so ganz gepasst: wehe die Gelder fließen nicht. Man sollte niemals das gefährlichste aller Tiere auf sich aufmerksam machen: den Finanzhai.

  2. Es ist für ihn also ermutigend sich nicht an demokratische Regeln zuhalten .
    DIESER SKLAVE

    mit solchen schwachsinnsaussagen bezahlt man als Politiker dafür, das man ein Problem hinauszögert anstatt es zu lösen.

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