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Ratingagentur S&P zahlt 1,37 Milliarden Dollar für „Vergleich“

Von Claudio Kummerfeld

Die weltweit größte Ratingagentur Standard & Poors (S&P) hat heute einem Vergleich zugestimmt (also kein Schuldeingeständnis), der mit der US-Regierung sowie einzelnen Bundesstaaten geschlossen wurde. Mit der Zahlung von 1,37 Milliarden US-Dollar legt man außergerichtlich den Streit um die Ratings von S&P im Zuge der US-Immobilienkrise bei. Ratingagenturen berufen sich stets darauf, dass es sich bei ihren Ratings um „freie Meinungsäußerung“ handelt und man damit nicht haftbar für Investorenentscheidungen oder Verluste gemacht werden kann. Die Tatsache, dass es überhaupt zu einem Vergleich kam, zeigt einen Wandel in der Sichtweise, was ein Rating überhaupt ist.

Lesen Sie hier das Original-Statement des US-Justizministeriums

Die Existenz von Ratingagenturen hält Banken und Fonds davon ab, Unternehmen und Staaten selbst zu analysieren bzw. zu prüfen. Die Banken sind in der Lage mehr und mehr Personal in den eigenen Analyseabteilungen einzusparen und einfach ein Rating in Auftrag zu geben. Wer ein „Produkt“ auflegt, sei es eine strukturierte Anleihe, einen Fonds oder ein Zertifikat, kann sich, wenn das Produkt den Bach runter geht, zurücklehnen und mit dem Finger auf die Ratingagentur zeigen – die in den Produkten enthaltenen Instrumente hätten ja ein Top-Rating gehabt – tja, da kann man nichts machen. Denn die sind ja schuld – man hat sich auf das Rating verlassen. Und die Ratingagentur verweist darauf, dass eine Ratingagentur ja NUR die eigene Meinung äußert. Ein perfekter Weg der Weiterreichung von Verantwortung. Am Ende steht ein schwarzes Loch, in dem die Verantwortung verschwindet.

Wer braucht Rating-Agenturen? Wer interessiert sich noch für das Buchstaben- und Zahlen-Mikado xyz+3 rauf zu abc-2 ? Vor Kurzem hatte S&P Russland abgestuft auf „BB+“. Wladimir Putin fühlte sich zu einer Reaktion hingerissen – seit langer Zeit hat ein Rating mal wieder den Markt spürbar bewegt – der Rubel und der russische Aktienmarkt reagierten negativ. Aber braucht wirklich noch irgendjemand solche Ratings? Ernsthaft? Dass Russland in einer wirtschaftlichen prekären Lage ist, eingezwängt zwischen Ukraine-Krise, Rubel-Verfall und Ölcrash – für diese Erkenntnis braucht niemand Ratingagenturen, zumal sie oft erst Abstufungen vornehmen, wenn es zu spät ist. Interessant wäre eine Russland-Abstufung gewesen, als der Rubel noch 30 % mehr wert war und „der Markt“ noch dachte alles wäre in Ordnung. Das wäre ein realer Informations-Mehrwert gewesen.

Quelle: US-Justizministerium



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