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Regierungsnahe türkische Zeitung ist sich sicher: „Deutsche Bank-Terror“ schuld am Lira-Verfall

Endlich ist es klar, jetzt verstehen wir alle es besser. Am tage- und wochenlang anhaltenden Verfall der türkischen Lira gegen Euro und US-Dollar ist nicht der Terror schuld, nicht die wirtschaftliche Entwicklung in...

FMW-Redaktion

Endlich ist es klar, jetzt verstehen wir alle es besser. Am tage- und wochenlang anhaltenden Verfall der türkischen Lira gegen Euro und US-Dollar ist nicht der Terror schuld, nicht die wirtschaftliche Entwicklung in der Türkei, nicht das konstante Handelsbilanzdefizit, und auch nicht die Politik von Präsident Erdogan. Nein, schuld ist der „Terror“ der Deutschen Bank. Sie sei mit anderen Banken in Deutschland schuld daran, dass die Lira so schnell an Wert verliere. „Deutsche Bank Terror“, titelt aktuell die in der Türkei als regierungsnah geltende Zeitung „Yeni Safak“.

Aber warum? Nun, türkische Importeure deutscher Waren nehmen oft Kredite bei deutschen Banken auf, und zwar in Euro. Genau so nehmen sie für sonstige Importe aus anderen Ländern oft Kredite bei amerikanischen Banken in US-Dollar auf. Daher sind sie folglich vom Lira-Verfall betroffen, da sich ihre Schuldenlast automatisch erhöht. Da zum Beispiel der Euro immer teurer wird, müssen sie immer mehr Lira aufbringen um die gleich bleibende Euro-Schuldensumme zu tilgen. Jetzt behauptet die Zeitung zu wissen, dass die Deutsche Bank und andere Banken türkische Importeure zwingen würden, dass sie ihre Kredite schneller als ursprünglich vereinbart zurückzahlen müssten.

Einen Beweis dafür liefert die Zeitung nicht. Aber in der Theorie würde ein verfrühter Rückzahlungszwang in der Tat bewirken, dass die Importeure in kürzerer Zeit mit ihren Lira mehr Euro kaufen müssen um die Euro-Kredite zurückzuzahlen. Das würde in der Tat die Lira fallen und den Euro steigen lassen. Uns fällt jetzt aber kein Grund ein, warum die Deutsche Bank flächendeckend so einen vorzeitigen Rückzahlungsdruck ausüben sollte. Da bleibt eigentlich nur eine „Verschwörung gegen Präsident Erdogan durch Merkel und die EU“. Und von dem Punkt an würden wir uns dann in ein reines Ratespiel begeben, wer was warum wieso? Macht keinen Sinn.

Es gibt keine Hinweise, keine Beweise oder sonstige Fakten, die diese Behauptung der Zeitung erhärten würden. Wie wir schon mehrmals in den letzten Wochen und Monaten schrieben, gibt es da vor allem das türkische Handelsbilanzdefizit, welches konstant für zusätzliche Verschuldung im Ausland sorgt um die Importüberschüsse zahlen zu können. Dazu kommen ausbleibende Zinserhöhungen in der Türkei um die Währung nicht zu stärken. Die Wirtschaft soll durch nicht erhöhte Zinsen unterstützt werden. Die türkische Industriekammer macht für den Lira-Verfall alleinig Spekulanten verantwortlich. Über den Vorwurf kann man zumindest reden, so meinen wir.

Als vor mehreren Wochen eine wichtige charttechnische Barriere im US-Dollar gegen die Lira nach oben durchbrochen wurde, war das vor allem für charttechnisch orientierte Zocker offenbar ein großes Startsignal: „Die Lira ist jetzt verwundbar, lasst uns auf den Zug aufspringen“, so sagen wir es mal sinngemäß wird die Denkweise gewesen sein. Aber in erster Linie sind es fundamentale wirtschaftliche Gründe, die die Lira schwächen. Die Spekulanten nutzen nur die Schwäche, springen auf den Zug auf und verschärfen die Entwicklung!



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2 Kommentare

  1. Zinserhoehung kommt, Risiko wird groesser.

  2. Moin, moin,

    tja, wie immer, die Deutschen sind schuld. Chapeau! Wer hätte das auch gedacht? Wo bleibt die Strafforderung an die Deutschen bzw. deren Banken? Wie blöd ist man in Berlin überhaupt? Wann wird in Berlin Klartext geredet, wann wird wieder allgemein verständlich gesprochen? Wie schön wäre die Welt, wenn nur nicht diese Deutschen wären. Endlich wieder Schulden machen nach Gutsherrenart für unsere geliebten Mittelmeerbewohner. Endlich wieder nicht sparen müssen. Nur, wer zahlt dann noch? Die Engländer sind raus, Franzosen werden wohl folgen. Ach so, wer ist dann der neue Schuldige? Aber mit Berlin kann man es ja machen, das hat man im Ausland wohl verstanden. Denken wir uns, Berlin würde so über eine US Bank reden. Was wäre da wohl los? Schönes Wochenende zusammen.

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