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Saudi-Arabien: 2 Billionen Dollar schwerer sinnfreier Staatsfonds?

FMW-Redaktion

„Saudi-Arabien wird im Jahr 2020 ohne Abhängigkeit vom Öl leben können“ (The kingdom can live in 2020 without any dependence on oil), so sagt es aktuell der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman. In einem Interview mit Al Arabiya erläuterte er die saudischen Pläne namens „Vision 2030“. Darin soll es um einen großen wirtschaftlichen Aufbruch gehen. Darf man diese Maßnahmen in Höhe von 2 Billionen US-Dollar als sinnfrei bezeichnen, oder auch als „Linke Tasche rechte Tasche?“

Saudi-Arabien Mohammad bin Salman
Mohammad bin Salman al Saud, Kronprinz von Saudi-Arabien. Foto: Bander Al-Asaker – Private office of the deputy crown prince / Wikipedia (CC BY 3.0)

Aber worum geht es dabei? Es habe grundsätzlich nichts mit aktuellen Ölpreisen zu tun – es gehe darum die saudische Wirtschaft ganz neu aufzustellen, so fassen wir mal den Grundgedanken dieses Programms zusammen. Kernstück der neuen saudischen Wirtschaft soll laut Kronprinz ein 2 Billionen Dollar umfassender Staatsfonds sein. Woher kommt das Geld für diesen Fonds? Laut dem Kronprinzen sollen 600 Milliarden Dollar aus dem aktuellen Staatsvermögen stammen (also des Königshauses). Weitere ca. 100 Milliarden Dollar sollen kommen aus dem anstehenden Anteilsverkauf der staatlichen Ölfirma Saudi-Aramco.

Sie ist die größte Ölfirma der Welt mit mehr als 10 Millionen Barrels täglicher Ölproduktion. Sie verkörpert 1:1 die komplette Produktionsmenge der Saudis. Da der Kronprinz selbst Saudi-Aramco mit einem Wert von 2 Billionen Dollar beziffert, und sagt man werde bis zu 5% der Firma an die Börse bringen, wären das also bis zu 100 Milliarden US-Dollar für den Staatsfonds. Hinzu kommen sollen noch im Staatsbesitz befindliche Immobilien und Industrieanlagen, die ca. 1 Billion Dollar wert sein sollen. Dann wären wir bei irgendwo um die 1,7 Billionen Dollar – fehlen also noch 300 Milliarden, aber gut, wir achten bei dieser Rechnung mal nicht auf den Cent.

Laut Kronprinz soll durch den Börsengang von Saudi-Aramco, auch wenn es nur 5% werden, eine Art Transparenzlawine in Gang kommen, durch die der globale Kapitalmarkt Vertrauen in die saudische Wirtschaft schöpft, da laut Prinz bislang wenig bis gar keine Zahlen von Saudi-Aramco nach außen drangen. Wie er sagt, werden zukünftig durch die Transparenzpflichten weltweit alle Analysten und Finanzexperten detaillierte Einblicke in die Firma bekommen. Das soll sich auch positiv auf den Rest des Landes auswirken. Saudi-Arabien soll laut Kronprinz in eine durch Investitionen getriebene Volkswirtschaft verwandelt werden – das Königreich soll ein „Global Player“ werden, so seine Worte.

Was meinen wir mit dem Wort „Sinnfrei“? Nun, wie vorher ja erwähnt, soll der Staatsfonds in Höhe von 2 Billionen US-Dollar der Startschschuss für die neue Wirtschaft Saudi-Arabiens sein. Dabei geht es hier, wie der Kronprinz selbst ausführt, bei diesem Staatsfonds lediglich darum Vermögenswerte, die beim Königshaus bereits vorhanden sind, umzubuchen in ein Investmentvehikel namens „Staatsfonds“ (Sovereign Wealth Fund). Staatseigene Immobilien, Anteile an Saudi-Aramco und bisherige Vermögensanlagen der Königsfamilie im Ausland (Anleihen/Aktien) werden somit buchhalterisch und optisch anders dargestellt, nämlich transparent in einem Staatsfonds, der vielleicht als AG oder sonstige Art von Kapitalgesellschaft firmieren könnte.

In der Außenwirkung macht sich das natürlich besser, aber wo ist dabei der Mehrwert bzw. der Nutzen für die saudische Bevölkerung oder Volkswirtschaft? Wenn man z.B. Zinsen und Kapitalerträge aus solchen Kapitalanlagen rein theoretisch ans Volk ausschütten möchte in Form von Berufsbildungsprogrammen und Infrastrukturprojekten, könnte man das jetzt schon genau so machen. Ändern tut sich nichts, nur von der Optik her. Und die Aussage des Kronprinzen 2020 werde man unabhängig vom Öl sein – glaubt er selbst wirklich daran? Wo ist denn der wirtschaftliche Trend, der dies möglich machen soll?

Was gab´s noch alles?

Ach ja, die „Vision 2030“ umfasst noch andere Punkte, die nach unserer Meinung aber keinerlei strukturelle Investitionsschübe auslösen werden oder zur besseren Bildung der Unterschicht beitragen können. So sollen z.B. Subventionen für Energie uvm weiter gekürzt werden. Gleichzeitig sollen aber sozial schwache Familien, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, finanziell entschädigt werden für die steigenden Preise – Linke Tasche Rechte Tasche? Ebenfalls erwähnte der Kronprinz man wolle die Arbeitslosigkeit in Saudi-Arabien von 11,6 auf 7% senken – wie das bewerkstelligt werden soll, wurde nicht verkündet, aber das kennen wir ja auch aus Europa.

Aber es gibt noch mehr. Ebenfalls Teil der Vision 2030 ist eine Art Green Card-Programm. Es soll Zitat „Muslimen und Arabern erlauben lange Zeit in Saudi-Araiben zu leben und ihren Teil zum Staatshaushalt des Landes beizutragen.“ Auch soll das Land für ALLE Touristen geöffnet werden, solange sie sich an die Regeln halten. Was fällt uns dazu spontan ein? Die Sache mit der Green Card, gilt die auch für Syrer, Iraker und Afghanen, die gerade als Flüchtlinge nach Europa kommen? Wohl kaum, oder?

Und auch verkündete der Kronprinz, dass man es in Saudi-Arabien leid sei der weltweit drittgrößte Abnehmer von Rüstungsgütern zu sein, aber ohne eigene Rüstungsindustrie dazustehen. Das will man nun ändern mit eigenen Rüstungsunternehmen zu 100% in Staatsbesitz.

Fazit

Unser Fazit: Bei all dem können wir als Außenstehende keinen großen Wurf entdecken, wie die saudische Wirtschaft in sage und schreibe vier Jahren von der Abhängigkeit zum Öl wegkommen soll. Und woher sollen die großen Investitionsimpulse für die saudische Wirtschaft kommen? Der Staat (also das Königshaus) schichtet ja lediglich Vermögenswerte um in einem „Staatsfonds“. „Sinnfrei“ oder „Linke Tasche Rechte Tasche“, darf man es so bezeichnen?



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2 Kommentare

  1. Helmut Josef Weber

    Auf was für skurrile Gedanken Menschen doch kommen, wenn ihnen das Wasser bis am Hals steht.
    Viele Grüße
    H. J. Weber

    1. Denen steht eher der Sand bis zum Hals. Mit jeder Menge Dreck darunter. Welchen man dereinst auch Rohöl nannte…

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